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Weiterbetrieb nach 20 Jahren – worauf Betreiber von Windenergieanlagen achten müssen Nachbericht zum Webseminar „Weiterbetrieb von Ü20-Windenergieanlagen nach EEG 2021– Technische, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte“

Weiterbetrieb nach 20 Jahren – worauf Betreiber von Windenergieanlagen achten müssen
Rechte: Böthling

Die Zusammenfassung

Windenergieanlagen, die bereits 20 Jahre in Betrieb sind, werden keinen Anspruch mehr auf die klassische EEG-Vergütung haben. An dieser Tatsache gibt es laut aktuellem EEG nichts mehr zu rütteln. Wie nun mit Ü20-Windenergieanlagen umgehen?

Es bestehen drei potenzielle Handlungsoptionen für Betreiber von „ausgeförderten Windenergieanlagen“: Rückbau, Repowering oder Weiterbetrieb. Jede dieser Möglichkeiten hat ihre Vor- und Nachteile.

Rückbau, Repowering, oder Weiterbetrieb – was lohnt sich?

Ein Rückbau könnte sich gegebenenfalls aus betriebswirtschaftlicher Sicht lohnen, vor allem dann, wenn die freiwerdenden Flächen anderweitig genutzt würden. Allerdings gibt es zu bedenken, dass rund 70 Prozent der „frühen“ Windenergieanlagen in Deutschland außerhalb von Eignungs- oder Vorranggebieten stehen und deshalb nicht an gleicher Stelle ersetzt werden können. Auch ist nicht sichergestellt, dass die Rückbaukosten durch den Vermarktungserlös gedeckt werden können.

Das Repowering wiederum sammelt Pluspunkte aufgrund umwelttechnischer Verbesserungen, sinkender Schallimmissionen, größerer Erträge und effizienterer Flächennutzung. Die Kehrseite stellen der logistische Mehraufwand, Kosten für Rückbau-, Entsorgung und Bau neuer Anlagen sowie der dauerhafte Entfall der Bestandserträge. Erschwerend kommt hinzu, dass Repoweringprojekte am EEG-Ausschreibungsverfahren teilnehmen müssen.

Was im Falle eines Weiterbetriebs von Ü20-Windenergieanlagen mitbedacht werden muss, sind rechtliche Risiken in Bezug auf Pachtverträge und Serviceverträge. Zudem müssen sich Anlagenbetreiber auch Gedanken über Folgeversicherungen ihrer Ü20-Windenergieanlagen, beispielsweise in Form einer Extended Lifetime Insurance, machen. Noch wichtiger ist die Frage, ob sich der Weiterbetrieb überhaupt noch rechnet, insbesondere wenn doch mal ein Großkomponentenschaden auftreten sollte. Neben Betriebs- und Wartungskosten fallen auch zusätzliche Ausgaben für Gutachten zur Ermittlung von eventuellen Verschleißschäden und sogenannter Materialermüdung (Rotorblatt, Triebstrang, Turm, Fundament, Bolzen) an. Demgegenüber stehen die aktuellen Spotmarktpreise zum Teil deutlich unter vier Cent pro Kilowattstunde. Lukrativ wird es für den Großteil von Anlagen allerdings erst ab vier Cent pro Kilowattstunde. Somit ist das Risiko finanzieller Verluste bei einem Weiterbetrieb, insbesondere für kleine Betreiber, sehr hoch.

Die EEG-Novelle 2021: ein kurzweiliges Trostpflaster

Angesichts all dieser Herausforderungen droht vielen Anlagen das Aus. Darauf versucht der Gesetzgeber im Rahmen der neuen EEG-Novelle 2021 mit verschiedenen Einzelmaßnahmen zu antworten. Um die Situation für ausgeförderte Anlagen zu verbessern, sieht die Novelle eine Anschlussförderung für die Jahre 2021 und 2022 vor. Sicher ist allen Anlagen dabei allerdings nur die Unterstützung im ersten Jahr. Die Betreiber, die eine Förderung bis Ende des Jahres 2022 in Anspruch nehmen wollen, müssen für diese Anschlussförderung erfolgreich an einer Ausschreibung teilnehmen. Nach diesen zwei Jahren sollen alte Windmühlen dann aber doch ganz ohne staatlichen Einfluss auf dem Markt konkurrieren. Weitere Alternativen für den Weiterbetrieb bilden der Abschluss eines Power Purchase Agreements (PPAs), der Eigenverbrauch oder sonstige Instrumente zur Direktvermarktung.

Welche dieser Optionen in Frage kommt und kaufmännisch Sinn macht, hängt schlussendlich von den jeweiligen individuellen Rahmenbedingungen ab. Daher gilt es, eine frühzeitige Bewertung vorzunehmen, sich rechtlich abzusichern, und eventuell neue Geschäftsfelder zu erschließen, wie zum Beispiel im Bereich der grünen Wasserstofferzeugung.

Über Janina Grimm

Profilbild zu: Janina Grimm

Seit März 2020 leite ich das B2B-Marketing von NEW 4.0 im Cluster EEHH. Ob auf dieser Webseite, bei Twitter, via LinkedIn, auf Fachveranstaltungen und Messen - jeden Tag kann ich über das reden und schreiben, was mich am meisten interessiert: Die Entwicklung innovativer Lösungen für eine ganzheitliche und nachhaltige Transformation unseres Energiesystems. Parallel studiere ich meinen Master in Energy Policy. Diese Kombination aus Praxis und Theorie birgt viele tolle Chancen, meine Kenntnisse im Bereich der Erneuerbaren-Energien-Branche und nachhaltiger Energiepolitik zu vertiefen.

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