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Von Hydrogen Shots und der Frage „Do We Really Need Hydrogen?“ Ein Trip in die amerikanische Wasserstoffwelt

Von Hydrogen Shots und der Frage „Do We Really Need Hydrogen?“
Die Reise führte die deutsche Delegation auch nach Washington D.C., wo u. a. auch das Senatorentreffen stattfand.

Mitte Juni reiste eine acht-köpfige deutsche Delegation in die USA zum Thema „U.S. Hydrogen Sector and the Transformation to Renewable Energy“. Die Studienreise fand im Rahmen des International Visitor Leadership Programm des United States Department of State mit dem Ziel statt, den deutsch- amerikanischen Austausch zwischen Vertretern in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft rund um das Thema Wasserstoff zu fördern.

Hamburg bzw. das EEHH-Cluster waren gut vertreten. Sibyl Scharrer, die in der Geschäftsstelle für die internationale Kooperation im Bereich Wasserstoff zuständig ist, nahm teil, ebenso wie Frau Dr. Michaela Ölschläger von der Handelskammer Hamburg, und Frau Dr. Schattauer von unserem Mitglied Fraunhofer IWES und Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat, sowie Prof. Bonhoff, der einen Lehrauftrag an der TUHH hat und als Vertreter des BMDV teilnahm. Darüber hinaus nahmen Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie mehrerer Verbände teil.

Die Bundesebene

Es war eine Woche voller spannender Einblicke. Im ersten Teil der Reise in Washington, D.C., lag der Fokus auf den politischen Rahmenbedingungen auf US-amerikanischer Bundesebene. Unter anderem fanden Treffen mit Mitarbeitern der Senatoren Lindsay Graham (South Carolina), Chris Coons (Delaware) und John Cornyn (Texas) statt.

 

Komplementiert wurden diese Treffen mit Politikern mit einer Gruppe von Vertretern von US-amerikanischen Verbänden wie der Clean Hydrogen Future Coalition oder Fuel Cell and Hydrogen Energy Association sowie von Vertretern namhafter Unternehmen wie Nikola Motor, Bloom Energy, Honeywell oder Air Products – deren deutsche Tocher Air Products GmbH ebenfalls eines unserer Mitglieder ist. So konnten wir unmittelbar auch die Perspektive der Wirtschaft auf die politischen Rahmenbedingungen und Initiativen erfahren.  Hier wurde als besonderes Problem geäußert, dass der häufige Wechsel der politischen Führung auf Bundesebene und die schwierige politische Kompromissfindung zwischen republikanischer und demokratischer Partei die Langfristplanung für die Unternehmen erheblich erschweren, da sich die Rahmenbedingungen immer wieder ändern würden. Letztendlich ist deshalb für mehrere Unternehmen das zentrale Argument gegenüber den Politikern nicht unbedingt der Klimaschutz, sondern die wirtschaftlichen Möglichkeiten – Schaffung von Arbeitsplätzen und die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen im weltweiten H2-Sektor.  Viele unserer Gesprächspartner betonten auch, dass zwar weitere H2-Forschungsprojekte durchgeführt werden sollen, im Wesentlichen aber die Technologien vorhanden sind und nun die Schaffung eines echten Wasserstoffmarktes im Mittelpunkt stehen solle.

Viel Wasserstoffförderung im Infrastrukturpaket

Große Erwartungen bei vielen Stakeholdern löst das im November 2021 verabschiedete  Infrastrukturpaket aus. Im sog. Federal Government Investment Bipartisan Infrastructure Law ist eine Definition für Sauberen Wasserstoff enthalten, die einen wichtigen Unterschied zwischen USA und Deutschland/Europa verdeutlicht: Es gibt keine „Farbenlehre“, sondern von Clean Hydrogen spricht man in den USA dann, wenn die Kohlenstoffintensität gleich oder weniger als 2 Kilogramm des CO2-Äquivalents am Produktionsort pro produziertem Kilogramm H2 entspricht. (Carbon intensity equal to or less than 2 kg of CO2-equivalent at the site of production per kg of H2 produced" ). Abgesehen davon herrscht Technologieoffenheit.

Das Infrastrukturpaket enthält für Wasserstoff folgende wichtige Förderprogramme:

  • Acht Milliarden Dollar Anschubfinanzierung für vier bis acht Hydrogen Hubs: Die Ausschreibung wird im Herbst 2022 erwartet und schon jetzt bilden sich in den Bundesstaaten übergreifende Konsortien unter Beteiligung von Forschungseinrichtungen und Unternehmen heraus, die auf bereits bestehenden Ein wichtiger Aspekt dieser Förderung ist, dass es keine Vorgaben gibt, wie der Wasserstoff produziert wird – ob mit Atomstrom, Erdgas, Erneuerbaren Energien, Kohle oder anderweitig. Voraussichtlich wird jeder Hub ein Mix. Die Förderfähigkeit und der Zuschlag wird sich ergeben aus dem Score der Kohlenstoffintensität. Die Hubs sollen ausdrücklich auch als Umsetzung von Forschungsprojekten in Demonstrationsprojekte für H2-Produktion und -Nutzung konzipiert werden, aus denen wichtige Erkenntnisse für den Markthochlauf gewonnen werden.

 

Weitere wichtige H2-Elemente des Infrastrukturpaketes:

  • 500 Mio. Dollar für ein sauberes H2-Produktions- und Recyclingprogramm
  • Eine Milliarde Dollar für Forschung und Entwicklung von Elektrolyse
  • Zuschüsse für alternative Kraftstoff-Korridore, die auch Infrastruktur für Wasserstoff-Tankstellen beinhalten.

 

Eine weitere Initiative des U.S. Department of Energy sind die sog. Hydrogen Energy Earthshots, die auf marktfähige Preise von Wasserstoff abzielen, denn bisher kostet ein Kilogramm Erneuerbarer Wasserstoff ca. fünf bis sieben Dollar pro Kilogramm. Unter dem Motto „1 Dollar – 1kg – 1 Decade“ soll ein Rahmen für die Anwendung von Wasserstoff geschaffen werden (z.B. Stahlproduktion, sauberes Ammoniak, Energiespeicherung und Schwerlastverkehr).

Was haben wir in Washington noch gelernt?

  • Eines der wichtigsten Förderelemente in den USA ist seit langer Zeit die steuerliche Förderung. Aktuell liegt dem Kongress ein Gesetzesvorschlag der Demokraten „Hydrogen Production Tax Credit“ vor, dessen Annahme jedoch schwer absehbar ist.
  • Viel stärker als in Deutschland beinhaltet Nachhaltigkeit in US-amerikanischen Initiativen den Dreiklang aus sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Nachhaltigkeit.

 

Kalifornien als Hotspot der amerikanischen Wasserstoffforschung

Der zweite Teil der Reise führte uns nach Los Angeles, wo der Schwerpunkt auf aktuellen Forschungsprojekten lag. In der California State University of Los Angeles besichtigten wir deren H2 Station, für die der Wasserstoff direkt nebenan in einer eigenen, von erneuerbaren Energien angetriebenen Elektrolyse-Anlage produziert wird. Die Anlage setzte bei ihrer Inbetriebnahme 2014 insofern einen Meilenstein für die Kommerzialisierung von Wasserstoff, als sie weltweit die erste war, mit der Wasserstoffkraftstoff pro Kilogramm direkt an Privatkunden verkauft wurde.

Auch konnten wir eine Mini-Elektrolyse selber durchführen, so dass das Prozedere sehr anschaulich war.

Aktuelle Forschungsprojekte besichtigten wir im National Fuel Cell Research Center an der University of California, Irvine (UCI). Das NFCRC wurde bereits 1998 vom U.S. Department of Energy und der California Energy Commission and der UCI eingerichtet und ist seitdem eines der wichtigsten Forschungszentren für die Entwicklung und Anwendung von Brennstoffzellentechnologien. Dies umfasst die Schwerpunkte Neuartige Anwendungen von Brennstoffzellen, stationäre und mobile Systeme, dynamische Modellierungen und hybride Systeme sowie elektrochemische Forschung und Entwicklung. Der Institutsleiter Dr. Jack Brouwer erläuterte uns seine Vision für saubere wasserstoffbasierte Anwendungen in Industrie und Transportsektor und die spannte einen großen Bogen über die damit verbundenen Herausforderungen für die gesamte Infrastruktur. Im Anschluss an die Diskussion bekamen wir von seinen Mitarbeitern eine Führung durch mehrere Forschungslabore.  

Fazit: Die Reise brachte viele neue Einblicke und Informationen sowie neue Kontakte, die spannende Ansätze für die Zusammenarbeit bringen. Herzlichen Dank an das U.S. Department of State, das uns diese großartige Reise ermöglicht hat!

Über Sibyl Scharrer

Profilbild zu: Sibyl Scharrer

Die Wasserstoffwirtschaft in der Metropolregion Hamburg kann nur durch gute internationale Zusammenarbeit ihr volles Potential entfalten, und ich bin begeistert, direkt dabei mitarbeiten zu können. Als Verantwortliche für das internationale Netzwerk im Bereich Wasserstoff unterstütze ich Unternehmen und Einrichtungen beim Auf- und Ausbau der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern durch individuelle Betreuung, Messen und Veranstaltungen sowie Delegationsreisen – dies sowohl nach Hamburg als auch von Hamburg in die Welt. {iflng}}

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