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Erneuerbare Schlüssel für Energieversorgung Hamburger Delegationsreise nach Südafrika
Jingkai Shi nahm an einer Studienreise unter Leitung von Jens Kerstan, Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, nach Südafrika (Johannesburg und Cape Town) teil. Diese fand in Rahmen des EU-Projektes „International City Partnerships: Acting for Green and Inclusive Recovery“ (ICP-AGIR) statt. Weitere Teilnehmer*innen der Delegation waren Brigitte Köhnlein, Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), Hendrik Schurig, Hamburg Wasser, und Britta Peters, HiiCCE Hamburg Institute for Innovation, Climate Protection and Circular Economy GmbH.
EU-Projekt ICP-AGIR
Das EU-Projekt ICP-AGIR mit einer Laufzeit von Oktober 2021 bis März 2023 verfolgt das Ziel, durch Förderung nachhaltiger Stadtentwicklung und der Identifikation von innovativer Politik einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität in den teilnehmenden Städten zu leisten. Insgesamt 28 Städte aus Asien, Europa, Kanada und Südafrika beteiligten sich. Hamburg und Kapstadt waren Partner in den Bereichen Kreislaufwirtschaft und Energiewende.
Bereits im Juni 2022 besichtigten Vertreter*innen der Stadt Kapstadt und der Organisation GreenCape Hamburger Projekte in den Bereichen Abwasser, Erneuerbare Energien und Abfallwirtschaft. Das EEHH-Cluster koordinierte Besuche bei Stromnetz Hamburg, beim Energiebunker und im Technologiezentrum Energie-Campus der HAW Hamburg.
Die Studienreise nach Südafrika begann mit einem eintägigen Seminar in Johannesburg. Senator Kerstan präsentierte die Stadt Hamburg und ihre Vision, internationaler Standort für Innovation, Nachhaltigkeit und Wirtschaft zu sein.
Die anschließende Diskussion hatte folgende Ergebnisse:
- Südafrika möchten aus deutschen Erfahrungen der Energiewende lernen.
- Die Energiewende in Südafrika wird große Auswirkung auf die Existenz zahlreicher Arbeitsplätze der Kohle-/Bergbauindustrie haben. Daher sind Umschulungsprogramme notwendig.
- Angesichts der Energiekrise in Südafrika muss ein Gleichgewicht zwischen Klimaresilienz und Energiesicherheit erzielt werden.
- Deregulierung, Privatisierung oder Rekommunalisierung der Energieinfrastruktur wird in jeder südafrikanischen Stadt anders umgesetzt werden.
GreenCape und Energy Day
GreenCape begleitete die Hamburger Delegation bei den folgenden Thementagen Waste, Energy und Water mit einem umfangreichen Besuchsprogramm. Die Clusterorganisation Green Cape wurde 2010 gegründet. GreenCape bündelt ein Netzwerk von ca. 2.000 Unternehmen, Investoren, Wissenseinrichtungen und öffentlichen Akteuren möchte neue Investition und Arbeitsplätze schaffen, um so die Transformation in die widerstandsfähige Green Economy realisieren. Fokusthemen sind: Kreislaufwirtschaft, Erneuerbare Energien und Wasser.
Am Energy Day gab die Stadt Kapstadt einen Einblick in die Regulatorik/Rahmenbedingungen, Pilotprojekte und zukünftige Pläne für die Sicherung der Stromversorgung bzw. den Ausbau der Erneuerbare Energien.
- Laut „Climate Action Plan” möchte Kapstadt bis 2050 klimaneutral werden.
- Um eine bezahlbarere und zuverlässigere Stromversorgung zu ermöglichen, veröffentliche Kapstadt im Februar 2022 eine Ausschreibung, um die Partizipation von privaten Investoren an Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung zu ermöglichen.
- Innerhalb der Stadt befinden sich mehrere Photovoltaik-Projekte, Batteriespeichersysteme, Hydro-Power- und Waste-to-Energy-Anlagen in Planung, Test oder Umsetzung, u.a. ein Floating-Solar-Projekt in der Kraaifontein-Kläranlage.
- Repowering und Umnutzung des ehemaligen Kohlkraftwerkes Athlone zu einem „Green Energy and Industrial Park“. Auf dem Areal sollen Anlagen zur Erzeugung von Erneuerbaren Energien und Wasserstoff errichtet, Industrie- und Gewerbeflächen zur Unternehmensansiedlung erschlossen sowie ein Multi-Media-Zentrum sowie eine Ausbildungseinrichtung aufgebaut werden.
SARETEC: Vorzeigerprojekt des South African-German Energy Programme (SAGEN)
Mit Unterstützung der GIZ – Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit wurde 2015 das South African Renewable Energy Technology Centre (SARETEC) gegründet, das erste nationale Technologie- und Trainingszentrum für Erneuerbare Energien. SARETEC bietet eine Vielzahl an Kurs- und Workshopsprogrammen für die gesamte Erneuerbare-Energien-Branche.
Status Quo Stromversorgung in Südafrika: Herausforderung und Potenzial
Die Stromerzeugung in Südafrika ist derzeit noch stark von der Kohle dominiert, knapp 75% des gesamten Strommixes (ca. 57 GW). Im Gegenzug spielen Erneuerbare Energien mit 6,3 GW noch eine untergeordnete Rolle. Bis heute wurde es 64 Projekte im Bereich Erneuerbare Energien umgesetzt, einschließlich 22 Windparks, die 3,7 GW Strom ins Netz einspeisen.
Der staatliche Energiekonzern Eskom ist der Betreiber fast aller Kohlekraftwerke und der Stromnetze und liefert etwa 92% Strom für ganz Südafrika. Allerdings kann die Stromversorgung seit Jahren aufgrund fehlender Investition in die Energieinfrastruktur und Mängel in der nationalen Energiepolitik (Korruption und Boykott der Erneuerbaren Energien) nicht gewährleistet werden. Um einen landesweiten Blackout zu vermeiden, müssen veraltete Kohlekraftwerke (im Schnitt 37 Jahre, 30% fast am Ende der Nutzungsdauer) und Stromnetze ständig gewartet werden. Infolgedessen kommt es häufig zu einem geplanten Stromausfall von bis zu sieben Stunden am Tag, einem „Load Shedding“.
Die andauernde gravierende Energiekrise zwingt die nationale Regierung zum Umdenken. Bereits 2011 wurde das Renewable Energy Independent Power Producers Procurement Programme eingeführt. Der Integrated Resource Plan (IPR) entwirft eine Roadmap für die grüne Transformation und Diversifizierung der Energieversorgung in Südafrika bis 2030. Independent Power Producers dürfen netzgebundene Anlagen realisieren, allerdings den erzeugten Strom ausschließlich an Eskom verkaufen.
Durch eine weitere Liberalisierung des Strommarktes dürfen Städte seit 2019 Strom direkt von IRPs kaufen. Metropolen wie Kapstadt und Johannesburg gelten als Vorreiter in Sachen Erneuerbare Energien. Die Stadt Cape Town hat 2022 Embedded IPP Tender (Ausschreibung für dezentrale Energieversorgung durch private Stromproduzenten) für bis 200 MW angekündigt. Der schrittweise Ausbau von Erneuerbaren Energien zielt darauf ab, negative Auswirkungen von Load Shedding zu minimieren und die Energieversorgung sicherzustellen.
Gemäß des IRPs soll bis 2030 75,74 GW der netzgebundenen Stromerzeugungskapazität in Südafrika erreicht werden. Die Kapazität von Erneuerbaren Energien soll auf 20,4 GW (davon 14,4 GW Windenergie) erhöht werden, ca. 26% der gesamten Stromproduktionskapazität.
Mitglieder des EEHH-Netzwerks in Südafrika
Seit 2010 ist die Nordex Group in Südafrika aktiv und nimmt mit 32% der gesamten installierten Leistung die führende Marktposition ein. Bis März 2022 installierte Nordex mehr als 1.000 MW Windenergieleistung. Insgesamt sind derzeit neun Onshore-Windparks der Nordex Group in Betrieb. Mehr als 140 Personen arbeiten in Südafrika für Nordex.
ENERTRAG beschäftigt sich seit 2017 mit südafrikanischem Markt und setzt den Fokus auf Erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff. Derzeit betreibt ENERTRAG in Südafrika einen Onshore-Windpark mit 5,2 MW Leistung. Durch das Konsortium HyshiFT mit Linde, Sasol, HYDREGEN Energy (Pty) Ltd. beabsichtigt ENERTRAG eine Zusammenarbeit in der Produktion von nachhaltigem Flugkraftstoff (PtL Kerosene) aus grünem Wasserstoff. Mit dem Verbundprojekt HyshiFT sollen 50.000 t. Flugkraftstoff pro Tag produziert werden - zwei Flüge zwischen Deutschland und Südafrika pro Tag.
Darüber hinaus hat ENERTRAG durch die Gründung des Joint Venture Hyphen Hydrogen Energy mit Nicholas Holdings den Zuschlag erhalten, ein Projekt zur Produktion von grünem Wasserstoff im Tsau-Khaeb-Nationalpark in Namibia umzusetzen. Für die erste Projektphase (bis 2026) sind Investitionen in Höhe von 4,4 Mrd. US-Dollar geplant. Damit sollen Erneuerbare-Energien-Anlagen mit einer Kapazität von 2 GW und weitere Anlagen zur Meerwasserentsalzung sowie zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und grünem Ammoniak entwickelt werden. Im weiteren Projektverlauf soll die Erzeugungsleistung der Wind- und Solaranlagen auf 5 GW gesteigert sowie 3 GW Elektrolyseurkapazität installiert werden. Das Gesamtinvestitionsvolumen wird sich auf ca. 9,4 Mrd. US-Dollar belaufen.