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EEHH-Einschätzung der EEG-Novelle: Kommentar des EEHH-Geschäftsführers Jan Rispens

EEHH-Einschätzung der EEG-Novelle:
EEHH-Geschäftsführer Jan Rispens

Es lohnt sich, jetzt kritisch auf das vorliegende Gesetz zu blicken. Im Sommer 2020 hatte EEHH bereits eine Position zur EEG-Novelle vorgestellt (LINK).

EEG-Novelle als Lückenfüllergesetz

Als Hauptkritikpunkt der jetzigen Novelle gilt, dass mit den vorgesehenen Ausbaumengen die Zielsetzung, 65 % der Stromversorgung bis 2030 mit Erneuerbaren zu sichern, nicht erreichbar ist. Für 2030 wird ungefähr derselbe Stromverbrauch wie aktuell erwartet; ein höherer Stromverbrauch durch Elektromobilität und Sektorenkopplung ist noch nicht berücksichtig. Außerdem erweckt das Gesetz den Eindruck, ein „Lückenfüllergesetz“ zu sein, dass bis zur Bundestagswahl dem dringendsten Handlungsbedarf mit kleinteiligen Regelungen begegnet. Ein großer Wurf sieht anders aus und ist erst nach der Bundestagswahl im Herbst zu erwarten.

Für Wind auf See ist die Lage am einfachsten. Positiv: das Ausbauziel für 2030 wurde von 15 auf 20GW angehoben. Erstmalig wurde ein Ziel für 2040 definiert: 40 GW. Kritisch ist, dass der zusätzliche Ausbau für 2030 fast komplett in den letzten paar Jahren der Dekade stattfinden soll.

Windenergie an Land

Bei Windenergie an Land fand eine Diskussion zu Bauregelungen statt: die Pläne einer pauschalen Mindestentfernung von Windparks zu Wohnbebauung von 1.000 Meter scheiterten im Herbst. Bundesländer entscheiden jetzt selbst, ob sie eine solche Mindestentfernung einführen. Positiv ist, dass die bestehenden Restriktionen für Windparks im „Netzausbaugebiet“ in Küstenländern aufgehoben werden und gleichzeitig in den Ausschreibungen eine „Südquote“ von anfangs 15% und später 20% des Ausbaus für Süddeutschland reserviert wird. Künftig werden auch Windparks an schwachen 60%- Windstandorten über das Referenzertragsmodell berücksichtigt.

Für Windparks, die ab 2021 keine EEG-Vergütung mehr erhalten, wurde eine Anschlussregelung von beschränkter Dauer gefunden, die Vergütung mit dem Marktpreis und einer kleinen „Prämie“ vorsieht. Diese Regelung ist ein „Lückenfüller“, um zu verhindern, dass alte Windparks schnell stillgelegt werden – in der Hoffnung, dass die Strompreise an der Börse in zwei Jahren höher liegen und die Windparks mit privaten Stromlieferverträgen betrieben werden können.

Außerdem wurde auf den letzten Metern eine Regelung eingeführt, das Volumen ausgeschriebener Windleistung automatisch zu reduzieren, wenn bei der vorangegangenen Wind-Ausschreibung eine Unterzeichnung stattgefunden hat und sich im Anlagenregister der genehmigten Windparks eine zu geringe Zahl angebotsberechtigter Windparks abzeichnet. Hierdurch könnte eine sich nach unten verstärkende Spirale immer kleiner werdender Ausschreibungsrunden entstehen. Ein falscher Ansatz: es hätte ein sehr viel stärkerer und verbindlicher Mechanismus geschaffen werden müssen, um alle Bundesländer systematisch zu einem Vorgehen zu verpflichten, Windparkflächen raumordnerisch zu entwickeln und Windparks (schneller) zu genehmigen. Das Ausschreibungsvolumen für Windparks an Land hätte auf jedem Fall unangetastet bleiben sollen.

Anlagenbetreiber können den Kommunen nach dem neuen Gesetz eine Abgabe zahlen für einen Windpark, um die Akzeptanz für die Windparks zu verbessern. Diese Abgabe ist freiwillig und bleibt hinter dem Wunsch der Branche nach einer einheitlichen, bundesweiten Regelung zurück. Nur so könnte flächendeckend auf kommunaler Ebene eine bessere Akzeptanz für Windenergie erzielt werden.

Solarenergie

Für Solaranlagen wurde eine Kategorie für große Dachanlagen definiert, die sich jetzt auch in Ausschreibungen bewerben können. Für Anlagen ab 750kW erfolgt die Vergütung des Stroms mit dem bezuschlagten Preis vollständig, Anlagen zwischen 300 und 750 kW können auch an diesen Ausschreibungen teilnehmen, erhalten aber nur für die Hälfte der Strommenge eine Vergütung. Ob diese Regelungen sich in der komplexen Praxis von gewerblichen Aufdachanlagen bewähren, muss sich zeigen.

Für Altanlagen bis 100 kW Leistung, der überwiegende Teil von Solaranlagen, gibt es eine Anschlussvergütung für den Weiterbetrieb, wenn sie nach 20 Jahren die EEG-Vergütung verlieren. Diese Regelung gilt bis 2027 und ermöglicht Eigenverbrauchslösungen unter bestimmten Bedingungen.

Für Ausschreibung von Freiflächen-Solaranlagen werden die Ausschreibungsmengen angepasst um angekündigte Sonderausschreibungen zu integrieren. Es können nun größeren Einzelanlagen mit einer maximalen Leistung von 20 MW mitbieten.

Mieterstromregelung und EEG-Umlagenregelung

Für Solaranlagen wurde auch die Mieterstromregelung angepasst, so dass Mieterstromkonzepte auch in Quartieren durchgeführt werden können. Auch Dienstleistungsunternehmen können die Abwicklung für Anlagenbetreiber durchführen, um den Solarstrom von Immobiliendächern bei Mietern anzubieten. Eine Mieterstromregelung ist vor einigen Jahren mit hohen Erwartungen eingeführt worden, hat sich aber nicht bewährt, da sich eine Vielzahl finanzieller und steuerlicher Regelungen widersprachen. Ob die neuen Regelungen besser greifen, ist schwer einzuschätzen.

Last not least wurde beschlossen, für kleinere Anlagen bis 30 kW Leistung die EEG-Umlage wegzulassen, was bei der Entwicklung von Eigenverbrauchslösungen im kleineren Solarsegment hilft. Bei größeren Solaranlagen bleibt die Regelung in Kraft, 40% der EEG-Umlage auf dem selbst verbrauchten Strom zu zahlen, was gerade mittelgroße und große gewerbliche Lösungen erschwert.

4-Stunden-Regelung bei negativen Strompreisen

Ab 2021 in Betrieb genommene und größere EE-Anlagen sollen weiterhin keine Vergütung erhalten, wenn an der Strombörse länger als vier Stunden negative Strompreise herrschen. In Vergleich zum ursprünglich geplanten Zeitraum von nur einer Stunde ist dies eine erhebliche Verbesserung.

Befreiung von EEG-Umlage für Elektrolyseure

Der nach EEG vergütete Strom, der in Elektrolyseuren eingesetzt wird, um Wasserstoff zu erzeugen, wird vollständig von der EEG-Umlage befreit. Dies ist positiv und eine wichtige Voraussetzung, um eine Wasserstoffwirtschaft zu schaffen. Allerdings ist der Strom, der in Elektrolyseuren eingesetzt wird, mit Steuern und anderen Abgaben belegt. Dies sorgt dafür, dass der so produzierte Wasserstoff im Vergleich teurer bleibt als konventionell produzierter Wasserstoff.

Diverses Fazit für verschiedene Erneuerbare Energien

Die wichtigsten Säulen der Erneuerbaren in der Stromversorgung schneiden unterschiedlich gut ab. Bei der Solarenergie sieht es nach erheblichen Verbesserungen in den verschiedenen Größen- und Anlagenklassen aus, auch wenn unklar ist, ob sich die Mieterstromlösungen positiv auswirken und inwiefern sich Eigenverbrauchslösungen durchsetzen werden. Bei Offshore-Windenergie ziehe ich ein positives Fazit. Windenergie an Land bleibt aber als wichtigste Säule der Erneuerbaren das Sorgenkind. Hier sollen eine Vielzahl kurzfristiger, hochkomplexer Regelungen die Ausschreibungen verbessern und alte Windparks am Netzhalten. Fraglich, wie erfolgsversprechend das ist.

Über Jan Rispens

Profilbild zu: Jan Rispens

Seit Gründung in 2011 ist Jan Rispens, als gelernter Elektrotechnik-Ingenieur, Geschäftsführer der EEHH Clusteragentur und seit 20 Jahren aktiv im Bereich nachhaltige Energieversorgung und Klimaschutz.

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