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Editorial Oktober
Der IPCC hat vor einigen Tagen ein Gutachten vorgelegt, das analysiert, welche Unterschiede es im Klimawandel geben könnte, wenn die Staatengemeinschaft ein Temperaturanstieg von höchstens 1,5 Grad Celsius statt zwei Grad tolerieren würde, wie bei der Pariser Klimakonferenz 2015 beschlossen. Die Ergebnisse sind interessant: Erstens wären die weltweiten Klimaauswirkungen in diesem Szenario doch erheblich begrenzter. Zweitens halten die Gutachter die Erreichung des 1,5 Grad Ziels durchaus für möglich, auch wenn dies mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Drittens sagt der Bericht, dass die Technologien dafür heute nahezu vollständig technisch verfügbar und ihre Kosten verkraftbar sind. Die Anstrengungen beim Ausbau der Erneuerbaren und die Stringenz bei der Emissionsverminderung in der restlichen Energieversorgung müssten aber weltweit deutlich verstärkt werden.
Es passt gut ins Bild, dass die Bundesregierung in der Koalitionsvereinbarung im Frühjahr bereits beschlossen hat, dass der Anteil Erneuerbarer im Stromsektor in Deutschland bis 2030 auf 65 Prozent angehoben werden und die Sektorenkopplung Priorität bekommen sollte. Sehr ambitioniert, auch wenn die Ziele für 2020 erstmal verpasst werden.
Aber heute - mehr als 200 Tage nach Antritt der Bundesregierung - ist von diesem richtigen und ambitionierten Vorhaben weder etwas beschlossen noch auf den Weg gebracht worden. Die Umwelt-, Energie- und Wirtschaftsminister aller norddeutschen Küstenländern haben daher auf der internationalen Leitmesse WindEnergy Hamburg 2018 die Bundesregierung gemeinsam aufgefordert, ihre Vorhaben zur Stabilisierung der Windbranche und der Erneuerbaren in Deutschland endlich konkret umzusetzen. Es muss schnell ein verbindlicher Ausbaupfad festgelegt werden für die 65 Prozent.
Das wichtigste Signal auf der Messe: Die Bundesrepublik kann es sich nicht leisten, den Anschluss in einer immer globaler agierenden Windenergie-Branche zu verlieren. Im Gegensatz zu den Braunkohlerevieren hat die Windbranche im Jahr 2017 in Deutschland bereits 5.000 bis 10.000 Arbeitsplätze verloren. Ist das zukunftsfähig?