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Editorial Juni

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Nun liegt sie endlich vor: die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Und das ist gut so, da Wasserstoff sicher eine bedeutende Rolle in den nächsten Stufen der Energiewende spielen wird. Nur mit Wasserstoff kann es langfristig gelingen, die Stromnetze zu entlasten, den Strom-, Wärme und - verkehrssektor zu verknüpfen und dabei auch noch eine wichtige Rolle im Energiesystem zu übernehmen: eine Speicherfunktion, mit der ein saisonaler Ausgleich der Energiemengen möglich wird. Nur mit Wasserstoff (oder synthetische Treibstoffe) wird es gelingen, auch viele Schwerlastverkehre und vielen Industrieprozessen langfristig zu dekarbonisieren. Insofern ist es gut, dass die Wasserstoffstrategie vorliegt – aber sie bedarf an vielen Stellen noch Konkretisierung.

Die Strategie betont, dass nicht der komplette Energiebedarf Deutschlands mit Wasserstoff aus „heimischer“ Produktion gedeckt werden kann, da dafür das Angebot an grüner Energie nicht ausreichen wird. Das mag langfristig richtig sein – es verwundert trotzdem, wenn in der Strategie formuliert wird, dass bis 2030 nur 20 TWh Wassersstoff in Deutschland produziert werden soll, aber schon 70-90 TWh aus dem Ausland importiert werden soll. Warum so viele Importe schon einplanen, wenn der Technologie noch eine wichtige Skalierung bevorsteht? Und wie soll das Verhältnis von grünen Wasserstoff aus Ökostrom zu blauem Wasserstoff aus Erdgas bei den Importen sein? Außerdem muss noch die Frage geklärt werden, welche Investoren bereit sind, die Milliarden in Elektrolyseuren im Sonnengürtel der Erde, z.B. Nord-Afrika, zu installieren.

Mich erinnert das leider etwa an Desertec, das bahnbrechende Projekt vor einem Jahrzehnt, bei dem die Großen der Energiewelt Solarstrom in Nord-Afrika produzieren wollten, um diese über Stromleitungen nach Europa zu transportieren. Bis heute wurde davon leider nichts gebaut. Die Elektrolyseure, Umschlagshäfen und Transportschiffen sind sicher nicht einfacher oder günstiger zu bauen als Stromleitungen. Insofern wundert die Schwerpunktsetzung in der Strategie, wenn man bedenkt, welch geringe Fläche gleichzeitig für Offshore-Wind-Parks vorgesehen ist, um Wasserstoff auf See im deutschen Teil von Nord- und Ostsee zu produzieren.

Es macht Sinn, die Elektrolyse-Technologie zunächst in Deutschland und Europa zu skalieren. Nur so gelingen und bleiben die Wirtschaftseffekte und die Innovationen hier. Genau deswegen muss in Zukunft so viel Erneuerbare Energie wie möglich mit Wind und Solar in Deutschland produziert werden. Wenn wir uns jedoch die aktuelle Hängepartie bei der Windenergie an Land und auf See anschauen, ist hier noch viel zu tun. Insofern freuen wir uns, dass die Nationale Wasserstoffstrategie jetzt endlich vorliegt. Die darin formulierten Prioritäten müssen wir jetzt diskutieren und festlegen!

 

 

Über Astrid Dose

Profilbild zu: Astrid Dose

Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

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