Details

Die nachhaltige Transformation der Stahlindustrie

Die nachhaltige Transformation der Stahlindustrie
Ramboll

Der Artikel beleuchtet die Maßnahmen, die Stahlproduzenten ergreifen können, um ihre Unternehmen zu dekarbonisieren. Er geht unter Anderem auf die wichtigsten Ergebnisse einer neuen Umfrage zur Zahlungsbereitschaft für "grünen", emissionsarmen Stahl ein.

Anna Ekdahl, Director of Energy Intensive Industries bei Ramboll, gibt Einblicke in die Marktaussichten für emisisonsarmen Stahl und gibt Hinweise, welche Schritte Stahlproduzenten gehen können, um zügig mit ihrer Dekarbonisierung zu starten. Andreas Florissen, Senior Director bei Ramboll Management Consulting in Deutschland ordnet die deutschen Ergebnisse der Umfrage zur Zahlungsbereitschaft für grünen Stahl ein.

Was halten Sie von den Ergebnissen des neuen Berichts von Ramboll und der Climate Group: „2024 Market Outlook on Lower Emission Steel and Concrete“?

Anna: "Ich schätze es zunächst einmal positiv ein, dass mehr Unternehmen als erwartet bereit sind, für emissionsärmeren Stahl zu zahlen. Diese Tatsache ist wichtig, denn sie stützt die Argumentation für eine anstehende Transformation von Geschäftsprozessen zur Emissionsreduzierung in der Branche. Aus der Energieperspektive möchte ich jedoch auch betonen, wie komplex und teuer dieser Übergang ist. So hat beispielsweise die Energy Transitions Commission kürzlich betont, dass bis 2050 jährlich 1,1 Billionen Dollar in die Netzinfrastruktur investiert werden müssen, um das globale Ziel der Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Und das ist nur die Seite der Netzinvestitionen! Hinzu kommen die technischen, kommerziellen und umweltbezogenen Komplexitäten, die ebenfalls angegangen werden müssen."

Andreas: "Für Deutschland gesehen unterstreichen die Ergebnisse der Umfrage natürlich die Tatsache, dass der Wandel hin zu emissionsarmen Materialien nicht nur möglich, sondern bereits im Gange ist. Unternehmen erkennen zunehmend die Bedeutung nachhaltiger Baustoffe für die Erreichung von Klimazielen und die Positionierung als Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit. Jedoch braucht es hier auch noch klarere Rahmenbedingungen. Die Lasten einer Dekarbonisierung in der Stahlbranche können nicht von den Materialherstellern allein gestemmt werden. Zwar ist auch eine Mehrheit der deutschen Unternehmen und Abnehmer von Stahl bereit, Preisaufschläge für emissionsarme Materialien zu zahlen. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen stimmen, damit der Einsatz dieser nachhaltigen aber teureren Baustoffe auch wirtschaftlich attraktiv wird. Auf der anderen Seite muss man sehen, ob diese Preisaufschläge für Materialhersteller ausreichen werden, um die höheren Kosten einer emissionsarmen Herstellung zu decken.“

Andreas Florissen, Senior Director Ramboll Management Consulting, Energy & Industry

Anna: "Schon jetzt sehen wir, dass grüner Wasserstoff und grüner Strom nicht in der Lage sein werden, den zukünftigen Bedarf zu decken, was sich in den kommenden Jahren noch verschlimmern wird. Es ist manchmal einfach, ehrgeizige Ziele zu kommunizieren, aber wenn man genauer hin schaut, wird es manchmal schwierig, diese Behauptungen zu untermauern. Es ist wichtig, dass die Unternehmen die Aussagen hinterfragen und den Hype durchschauen, um die Risiken richtig zu verstehen und anzugehen. Was wir vor uns haben, ist eine vollständige Umstellung des gesamten Energie-Ökosystems, um die Stahlindustrie zu dekarbonisieren - wir müssen also jetzt damit beginnen, die richtigen Hebel zu bewegen."

Welche Möglichkeiten zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie gibt es?

Anna: "Was die meisten Dekarbonisierungsprojekte auszeichnet, ist, dass sie auf Windkraft und grünen Wasserstoff setzen. Das ist eine gute Strategie ist, allerdings ist diese grüne Energie derzeit noch nicht in größeren Mengen verfügbar. Der extreme Stromverbrauch, den der Übergang zu grünem Wasserstoff als Energieträger mit sich bringt, erfordert einen massiven Ausbau der Stromerzeugung und des Stromnetzes, der so finanziert und realisiert werden muss, dass er sowohl für die Gesellschaft wirtschaftlich tragbar ist als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht gefährdet. Diese Transformation des Energiemarktes geht von enormen Wasserstoffinvestitionen aus - und es hätte erhebliche Folgen für die Gesellschaft, wenn diese nicht oder in geringerem Umfang als geplant realisiert werden. Die gute Nachricht ist jedoch, dass es mehrere andere Optionen für die Energieversorgung gibt, deren Risikoprofil sich deutlich von dem des grünen Wasserstoffs unterscheidet. So ist die Wasserstoffproduktion, in dem Fall blauer Wasserstoff, nicht nur auf Elektrizität angewiesen, sondern kann auch aus Erdgas in Kombination mit CCUS gewonnen werden. Eine dritte Möglichkeit ist Biosynthesegas. Die Alternativen und Risikoprofile können je nach Region sehr unterschiedlich sein. Realistischerweise müssen die Unternehmen eine Kombination von Energieversorgungslösungen oder sogar Zwischenlösungen in Betracht ziehen. Das ist nicht einfach, aber machbar. Zum Glück gibt es bereits Vorreiter, die hier den Weg weisen.“ Anna Ekdahl, Director für energieintensive Industrien

Über Astrid Dose

Profilbild zu: Astrid Dose

Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

von Astrid Dose