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Achilles und die Schildkröte - das EEG 2017 aus Sicht der OWIA

Achilles und die Schildkröte - das EEG 2017 aus Sicht der OWIA
In speziellen Konverter-Plattformen in der Nordsee wird der Wechselstrom der Windturbinen in Gleichstrom umgewandelt. (Siemens AG)

Mit dem EEG 2017 könnte die Offshore-Windenergie auf Grund laufen. Jetzt gilt es, sie perspektivisch flott zu machen. Kennen Sie die Geschichte von Achilles und der Schildkröte? Bevor Achilles die Schildkröte im Wettlauf überholen kann, muss er ihren Vorsprung einholen. In der Zeit, die er dafür benötigt, hat die Schildkröte aber wieder einen Vorsprung gewonnen, den Achilles erneut einholen muss. So geht es unendlich weiter - der schnelle Krieger Achilles holt die langsame Schildkröte tatsächlich nie ein. Das neue EEG 2017 scheint genau diesem Muster zu folgen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss dem Netzausbau folgen, egal, wie langsam er ist.

Dieses neue Paradigma klingt zunächst plausibel, denn der Strom muss abtransportiert werden, um sinnvoll beim Verbraucher anzukommen. Allerdings gibt es das Problem, dass die Übertragungsnetzbetreiber keinen Wettbewerb in ihren Regelzonen kennen und ihnen keine Strafen bei Verzögerungen drohen. Die Politik macht zu wenig Druck. Stattdessen schieben sich Bundespolitik, Netzbetreiber, Bundesnetzagentur und Bundesländer gegenseitig den Schwarzen Peter zu.

Politisch haben gezielt gestreute Halbwahrheiten von Energiewende-Gegnern derzeit Konjunktur. Dabei sollte der bisher sträflich vernachlässigte Ausbau der Übertragungsnetze an Land beschleunigt werden, anstatt als Begründung für das Bremsen des Offshore-Windenergie-Ausbaus zu dienen. Es ist belegt, dass erhebliche Beschleunigungs- und Kostensenkungspotenziale bei Offshore-HGÜ-Netzanbindungen bestehen. Zur kurzfristigen Überbrückung von Netzengpässen an Land sollten Verfahren und technische Innovationen zur besseren Netzauslastung genutzt werden. Die Offshore-Organisationen und Verbände haben in diesem Zusammenhang im Juni die Branchenstudie „Beschleunigungs- und Kostensenkungspotenziale bei HGÜ-Offshore-Netzanbindungsprojekten“ veröffentlicht.

Aktuell fällt der Ausbau der Offshore-Windenergie noch maßvoll aus. Im Jahre 2016 erwarten wir in Deutschland einen Ausbau von etwa 700 Megawatt. Die Jahre 2017, 18 und 19 werden weniger spektakulär als 2015; aber der Ausbau ist stetig und gesichert mit bis zu 7,7 Gigawatt insgesamt.  2020 wird die Grenze der Kapazität erreicht sein. 2020 wird ein „Nullerjahr“; die beiden folgenden Jahre lassen jeweils maximal 500 Megawatt Zubau zu. Die Auswirkungen auf die produzierende Offshore-Windindustrie in Deutschland werden aufgrund der langen Vorlaufzeiten schon bald sichtbar werden. Außerdem könnte sich der „Brexit“ bemerkbar machen.

Bedeutet dies das Aufs für die Offshore-Windenergie in Deutschland? Nein! Offshore-Windenergie bleibt unverzichtbar für die Energiewende, da die Sektorenkopplung intensiver wird. Wir können es uns nicht erlauben, auf einen Technologieträger zu verzichten. Offshore-Windenergie-Ausbau auf substanziellem Niveau hat höchste Priorität. Die niederländischen Ausschreibungen machen die Möglichkeiten zur Kostensenkung klar, auch wenn die dortigen Bedingungen nicht eins-zu-eins auf Deutschland übertragbar sind. Für Projekte mit finaler Investitionsentscheidung im Jahr 2020 ist das aktuelle Ziel von 10 Cent je Kilowattstunde erreichbar über 20 Jahre gerechnet, exklusive der Netzanbindung. Die vergleichsweise kleinen Niederlande schreiben pro Jahr immerhin 700 Megawatt aus.

Die Offshore-Windenergie in Deutschland ist nach wie vor ein Schaufenster für die ganze Welt. Den Beweis haben wir in den letzten Jahren eindrucksvoll erbracht. In Zukunft werden wir rückblickend feststellen, dass die Reform in ihrer jetzigen Form falsch war. Aber Politik ist nicht unumkehrbar und während der gesetzlich verordneten Verschnaufpause für Achilles haben alle Akteure gemeinsam die Chance, die Schildkröte in eine Ninja Turtle zu verwandeln.

www.owia.de

Über Astrid Dose

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Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

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