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Abwärmenutzung in Rechenzentren: bisher zu wenig Regularien und Ansätze für den nachhaltigen Betrieb
Interview mit CEO Jens Struckmeier von Coud&Heat Technologies GmbH
Im folgenden Gespräch erläutert Jens Struckmeier, CEO der Firma Cloud&Heat wie es mit der Abwärmenutzung von Rechenzentren in Deutschland bestellt ist.
EEHH: Mit Rechenzentren verbinden wir gemeinhin die Speicherung von Daten. Doch Ihr Unternehmen betreibt nicht nur Rechenzentren. Sie bieten auch die Abwärme von Servern zum Heizen an. Wie genau funktioniert das?
Jens Struckmeier: Das funktioniert mit einer innovativen Direkt-Heißwasserkühlung, durch die 90 Prozent der Serverabwärme aufgenommen und nachgenutzt werden kann. Hierbei ist jeder Server mit wassergekühlten Kühlkörpern ausgestattet, die sich direkt an den Wärme-Hotspots (z.B. Prozessoren und Speicherchips) befinden. Wenn die IT-Komponenten gekühlt werden, wird das Wasser im Kühlkörper zum Teil auf über 60 Grad Celsius erhitzt, die Wärme wird dann energieeffizient transportiert und zum Heizen z.B. in Gebäuden wiederverwendet.
Dank direkter Wasserkühlung können kleine Formfaktoren realisiert werden, die zu einer hohen Packungsdichte im Server-Rack führen. Das spart Platz und reduziert damit den Flächenverbrauch und die damit verbundene Landversiegelung durch das Gebäude. Darüber hinaus kann der Energieverbrauch des Kühlsystems selbst erheblich reduziert werden. Die Kühlung mit Wasser ist viel effizienter, platzsparender und umweltfreundlicher als die Kühlung mit Luft. Aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften eignet sich Wasser sehr gut für den Wärmetransport in einem System. Wasser hat eine um den Faktor 3000 höhere volumenspezifische Wärmekapazität als Luft und ermöglicht einen fast lautlosen Kühlbetrieb. Darüber hinaus kann die Energie exergetisch hochwertig eingefangen und wiederverwendet werden.
EEHH: Lohnt sich das Geschäft mit der grünen Abwärme?
Jens Struckmeier: Die Welt ist immer stärker vernetzt, und der Energiehunger von digitalen Infrastrukturen, einhergehend der CO2-Fußabdruck, stehen immer mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Schließlich steigen durch den erhöhten Datenverbrauch auch die Energieverbräuche in Rechenzentren stetig an, welche in Deutschland bereits 2,3 Prozent des inländischen Stromverbrauchs ausmachen. Vor allem Unternehmen welche aufgrund ihrer Anwendungen hohe Verbräuche verursachen, sind sich ihrer ökologischen Auswirkung immer mehr bewusst und setzen erfreulicherweise vermehrt auf nachhaltige Lösungen. Daher wird der Bedarf nach nachhaltigen Lösungen im Rechenzentrumsmarkt in den nächsten Jahren stark ansteigen.
Mit unserer Lösung können nicht nur Energiekosten eingespart werden, sondern auch CO2-Einsparungen. Beispielsweise können wir in unserem Rechenzentrum in Frankfurt (Eurotheum) seit dessen Umbau im Jahre 2018 Einsparpotenziale von durchschnittlich 40 Prozent (255 tausend Euro) der Energiekosten realisieren. Das bedeutet eine jährliche Einsparung von 340 Tonnen CO2 – für deren Kompensation 56.800 Laubbäume erforderlich wären mit einem Flächenverbrauch von 90 Fußballfeldern in Deutschland. Das Geschäft mit der grünen Wärme lohnt sich für die Umwelt in allen Fällen, betriebswirtschaftlich leider häufig nicht.
EEHH: In Anbetracht der hohen ungenutzten Energiepotenziale von Rechenzentren muss den politischen Verantwortlichen bestimmt viel daran gelegen sein, dass dieses Potenzial auch ausgeschöpft wird. Spiegelt sich das in den aktuellen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen wider, oder muss nachjustiert werden?
Jens Struckmeier: Das Umweltbundesamt hat bereits 2016 einen Leitfaden zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung für Produkte und Dienstleistungen für Rechenzentren und Serverräume veröffentlicht. Hierbei unterstützen sie öffentliche Beschafferinnen und Beschaffer dabei umweltverträgliche Rechenzentrums-Hardware, Rechenzentrums-Infrastruktur sowie Rechenzentrums-Dienstleistungen auszuschreiben und zu beschaffen. Der Leitfaden basiert auf den Kriterien des Umweltzeichens Blauer Engel für den energieeffizienten Rechenzentrumsbetrieb.
Ein weiterer Leitfaden ist die DIN EN 50600, die mit einem ganzheitlichen Ansatz umfassende Vorgaben für die Planung, den Neubau und den Betrieb eines Rechenzentrums macht. Mit dem European Green Deal wiederum soll der steigende Stromverbrauch von Cloud-Diensten und Rechenzentren begrenzt werden und Europa bis 2030 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Ziel hierbei ist es, geeignete Infrastrukturen zu entwickeln und umweltfreundliche, effiziente Cloud-Services und energieeffiziente Rechenzentrumslösungen zu fördern.
Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass die Rahmenbedingungen noch ausbaufähig sind und es bisher zu wenig Regularien und Ansätze für den nachhaltigen Betrieb von Rechenzentren gibt.
Das Geschäft mit der grünen Wärme aus Abwärme von Rechenzentren lohnt sich für die Umwelt in allen Fällen. Häufig sind solche Lösungen mit Umbaukosten und komplexerer Regel- und Steuerung verbunden, die sich oft erst nach etlichen Jahren rechnen. Ohne klare finanzielle Anreize von Seiten der Politik oder der Gesellschaft gibt es keinen oder einen bei Weitem zu langsamen Wandel hin zu solchen Technologien. Wir fordern eine staatliche Bezuschussung von mindestens 70 Euro für jede Megawattstunde an Wärme, die aus Rechenzentren sinnvoll zurückgewonnen und entsprechend genutzt wird. Ist der Trend erst einmal eingeleitet, kann man die Förderung dann ja jederzeit später zurückfahren.
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Die Cloud&Heat Technologies GmbH ist ein mittelständischer Cloud-Provider, der sichere und nachhaltige digitale Infrastrukturen für die Anwendungen der Zukunft bereitstellt. Die Kompetenzen liegen in der Beratung und Planung, dem Bau, der Integration, dem Betrieb sowie der Optimierung neuer und bestehender digitaler Infrastrukturen. Das Unternehmen mit Sitz in Dresden und ca. 100 Mitarbeitern stellt unter anderem eigene Infrastrukturen als virtuelle Ressourcen zur Verarbeitung großer Datenmengen, z. B. im Rahmen von KI-Anwendungen, zur Verfügung. Andererseits unterstützt Cloud&Heat Kunden im Aufbau von IT-Infrastrukturen. Energieeffiziente Kühlungslösungen wie die Direkt-Heißwasserkühlungstechnologie sowie innovative Sicherheitslösungen wie das gehärtete Cloud-Betriebssystem SecuStack erfüllen die rasch wachsende Nachfrage nach Digitalisierung und begegnen den Herausforderungen des Energie- und Klimawandels.