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Nachbericht 20. Sitzung Forum Wärme
Die KWK im Energiesystem der Zukunft
Welche Aufgaben kann die KWK im Energiesystem der Zukunft übernehmen und welche innovativen KWK-Ansätze führen weg vom fossilen Erdgas? Zu diesen Fragen traf sich das Forum Wärme am 30.11.2022 zu seiner 20. Sitzung in Präsenz mit 16 Teilnehmer:innen. Die Motivation zur Veranstaltung entstand im Rahmen des letzten EEHH „Treffpunkt Erneuerbare Energien (TEE)“, auf dem die absichtlich provokativ formulierte These „Energiewende ist im Prinzip das Löschen von Feuer“ aufkam. Sollte diese These vollumfänglich zutreffen, wäre es das langfristige Aus für KWK-Anlagen mit Verbrennungsmotor. Die KWK-Branche zeigte in dieser Forensitzung, welche Alternativen es stattdessen geben könnte.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Forenleiter Dr. Steffen Bechtel begann die Veranstaltung mit einer Besichtigung des BHKWs am Veranstaltungsort, dem Kath. Marienkrankenhaus. Das Modul erzeugt mit einer Feuerungswärmeleistung von ca. 1 MW Strom und Wärme. Die ausgekoppelte Wärme wird teilweise zum Beheizen der Liegenschaften, mit 90°C Vorlauftemperatur, sowie zur Erzeugung von Dampf verwendet, der für zahlreiche hygienische Anwendungen im Krankenhaus benötigt wird.
Zurück im Tagungsraum präsentierte Thomas Baade (Geschäftsführer der HanseWerk Natur GmbH) im ersten Vortrag klimafreundliche BHKW-Anwendungen. In einem Leuchtturmprojekt testete die HanseWerk Natur den BHKW-Betrieb mit 100% Wasserstoff am Standort Hamburg-Othmarschen. Dabei handelt es sich um weltweit die erste Anlage in dieser Größenordnung (>1 MW), bei der dieser Testbetrieb von mehreren Stunden erfolgreich umgesetzt wurde. Dazu waren Umrüstungen sowie Ergänzungen von Anlagen- und Sicherheitstechnik erforderlich. Dem technischen Nachweis folgt jetzt das Warten auf grünen Wasserstoff zu konkurrenzfähigen Preisen.
Ein weiteres Projekt, das direkt den angedachten Brennstoff verwenden kann, ist das Holzgas-BHWK in Wahlstedt (Schleswig-Holstein). Die Anlage verwendet Holzhackschnitzel, die in einem mehrstufigen Prozess mittels Pyrolyse zu Synthesegas verarbeitet werden. Das Gas wird im BHKW-Modul mit einer Feuerungswärmeleistung von 2,5 MW genutzt. Die Wärme wird in das örtliche Fernwärmenetz integriert. Als Produkt des Vergasungsprozesses entsteht Biokohle, die entweder weiterverwendet oder als Pflanzennährstoff vergraben werden kann. Mit letzterer Methode würde der Prozess CO2 dauerhaft binden, weshalb die Ausstellung negativer CO2-Zertifikate möglich sein könnte. Das Investitionsvolumen beträgt 10 Mio. €.
Im zweiten Vortrag spannte Inge Maltz-Dethlefs (Sokratherm GmbH) den Bogen hin zur systemischen Relevanz der KWK. Das Schlagwort ist hier die Residuallast, die die Differenz zwischen nachgefragter Leistung und der erneuerbaren Erzeugungsleistung darstellt. Mit dem Ausbau von Windkraft und Photovoltaik ist die Residuallast starken Schwankungen unterworfen. Um die unflexible Nachfragespitze abdecken zu können, ist gesicherte Leistung notwendig. Diese kann teilweise durch nachhaltige KWK, beispielsweise mit den zuvor skizzierten Konzepten, geleistet werden. Sokratherm entwickelt dazu gegenwärtig Verbrennungsmotoren, die sich mit Wasserstoff betreiben lassen. Neben Wasserstoff und Holzgas kommt außerdem Biogas als Brennstoff infrage. Hier ist keine größere Anpassung der Anlagentechnik notwendig.
Idealerweise sollte der KWK-Anteil an der Energieversorgung sogar steigen. An welcher Stelle welches Konzept sinnvoll zum Einsatz kommen kann ist eine Entscheidung, die auf die Gegebenheiten vor Ort abzustimmen sind. Hier spielt die kommunale Wärmeplanung eine zentrale Rolle, um entsprechende Synergien aufzuzeigen.
Im Nachgang fand ein gemütlicher Austausch bei Essen und Getränken statt. Das Forum Wärme setzt seine Arbeit in 2023 fort. Bis dahin wünschen wir allen Mitglieder:innen ein schöne Weihnachtszeit.