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Nachbericht 7. Sitzung Forum Sektorenkopplung

Nachbericht 7. Sitzung Forum Sektorenkopplung

Wirkung zeitvariabler / dynamischer Netzentgelte

Die 7. Forensitzung im Bereich Sektorenkopplung fand am Montag, den 10.11.2025, zum Thema „Wirkung dynamischer Netzentgelte“ statt. Rund 30 Expert:innen diskutierten über Ausgestaltung, Wechselwirkungen und Verbesserungen der in diesem Jahr eingeführten zeitvariablen Netzentgelte, die in Zukunft weiter dynamisiert werden sollen. Vier Referent:innen – von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V., den Hamburger Energienetzen, der TUHH und von der ISON GmbH – brachten Impulsvorträge ein, um das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten und Kontroversen aufzuzeigen.

Nele Maas von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V. (FfE) eröffnete die Runde mit einer systemischen Einordnung, einer Begründung für die Dynamisierung der Netzentgeltsystematik, sowie einer Analyse der Netzwirkung von statisch-zeitvariablen und dynamischen Netzentgelten. Die Motivation hinter der Einführung dynamischer Netzentgelte ist, laut Maas, die Anreizung von flexiblen bzw. preiselastischen Netznutzenden, ihre Flexibilität netzentlastend einzusetzen. Maas unterschied dabei zwischen kurzfristiger Grenzkostenoptimierung – Netznutzung bei Engpässen – und langfristiger Grenzkostenoptimierung – effizientem Netzausbau. Die Analyse des FfE ergab dabei, dass die starren zeitvariablen Netzentgelte, die bisher angewendet werden, keine / nur geringfügig positive Auswirkungen auf die Netze bis 2030 haben und bei steigender Anzahl an flexiblen Anlagen sogar die Gefahr von Netzmehrbelastungen erhöhen können. Daher sollten die zeitvariablen Netzentgelte nur für die anfängliche Erfahrungsgenerierung genutzt werden und baldmöglichst durch dynamische Netzentgelte (real-time-price tariffs) abgelöst werden.

Zur Ausgestaltung der dynamischen Netzentgelte bleiben jedoch noch viele offene Fragen, sodass auch in Hamburg aktuell „nur“ mit den zeitvariablen Netzentgelten erste Erfahrungen gesammelt werden. Micha Elsebach von den Hamburger Energienetzen gab dazu aktuelle Ein- und Ausblicke: Seit dem 01.04.2025 können Kund:innen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen auch in Hamburg ein zeitvariables Netzentgelt wählen. Dabei sind drei Preisstufen im sogenannten Modul 3 innerhalb eines Tages vorgeschrieben: Hochlasttarif, Niedriglasttarif, Standardtarif. Diese Zeitfenster und Preisstufen werden kalenderjährlich festgelegt und müssen mindestens in zwei Quartalen eines Jahres Anwendung finden. In Hamburg liegt der Hochlasttarif (16,25 ct/kWh) zwischen 17:15 und 21:00 am Abend und der Niedriglasttarif (4,84 ct/kWh) zwischen 00:30 und 7:00 in der Nacht/am Morgen. Elsebach berichtete, dass die Nachfrage nach zeitvariablen Netzentgelten zurzeit noch sehr gering ausfällt: Von knapp 2500 Anträgen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen wird nur bei ca. 100 ein Antrag auf das Modul 3 gestellt. Laut Elsebach kann dies aber auch am schleppend vorankommenden Smart-Meter-Rollout liegen, denn einig waren sich die ersten beiden Referent:innen darin, dass die Dynamisierung der Netzentgelte vor allem eine Digitalisierungsherausforderung ist.

Im zweiten Teil des Forums wurden die Auswirkungen von zeitvariablen/dynamischen Netzentgelten auf Kund:innenseite näher betrachtet. Anna-Lena Steen, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TUHH, forscht u.a. zum Thema Diskriminierungsfreiheit von Engpassmanagementmaßnahmen. Sie kommt in ihrem sehr anschaulichen Vortrag zu dem Schluss, dass Dynamische Netzentgelte zur Benachteiligung von Netznutzenden führen können. Das hängt an der Ausgestaltung der Entgeltsystematik und kann durch objektive Kriterien gerechtfertigt sein. Wie so oft muss daher bei der Ausgestaltung der Netzentgelte sorgfältig zwischen Gleichbehandlung und Berücksichtigung weiterer Ziele wie Umwelt- und Klimaschutz, Energieeffizienz und Transparenz abgewogen werden.

Bettina Hinken von der ISON GmbH, einem 100%-Tochterunternehmen von LichtBlick, stellte im letzten Vortrag die Optimierungspotenziale von Haushalten mit Flexibilitätsoptionen (sogenannten Prosumern) vor. In dem von LichtBlick veröffentlichten Prosumer-Report wird für einen Haushalt in Hamburg mit Solar, Speicher, E-Auto und Wärmepumpe ein Einsparpotenzial von 80% der Energiekosten berechnet. Das entspricht in einem genannten Beispiel 800€ pro Jahr, 127€ werden dabei durch zeitvariable Netzentgelte eingespart. Die möglichen Einsparungen auf Haushaltsebene bergen Potenziale für Endkund:innen, müssen jedoch nicht netzdienlich wirken, wodurch, wie schon durch Nele Maas im ersten Vortrag angesprochen, die Netzausbaukosten steigen könnten.

Damit dynamische Netzentgelte netzdienlich wirken, muss daher noch einiges geschehen. Genug Ideen gab es in der regen Diskussion nach den Vorträgen unter den Teilnehmer:innen.

Wir bedanken uns bei den Referent:innen und den Teilnehmer:innen für die gelungene Veranstaltung.

Über Felix Fresen

Profilbild zu: Felix Fresen

Im Cluster EEHH verantworte ich den Bereich Sektorenkopplung. Dabei liegt mein Fokus auf der Integration von Wärme und Batterietechnologien in ein nachhaltiges Energiesystem. Ich vernetze Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, um innovative Lösungen für eine klimafreundliche Zukunft voranzutreiben und Hamburg als Vorreiter in der Energiewende zu positionieren.