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Nachbericht 5. Sitzung Forum Sektorenkopplung
Batteriespeicher im urbanen Raum & Blindleistung
Ist Blindleistung eigentlich ein relevantes Thema für die Stadt Hamburg? Und was haben Batteriespeicher damit zu tun? Zu diesen Fragen trafen sich ca. 30 Interessierte zum 5. Forum Sektorenkopplung am 15.10.2024 an der HAW-Hamburg und folgten den Experteninputs von Dr. Thorsten Krol (Siemens Energy), Prof. Dr. Christian Becker (TU Hamburg) und Bastian Pfarrherr (Hamburger Energienetze).
Damit der Strom fließen kann, braucht es neben der Wirkleistung auch die Blindleistung. Das sogenannte „Schmiermittel“ des Stromnetzes war im alten Energiesystem keine größere Herausforderung, da die Balance aus kapazitativer und induktiver Blindleistung von wenigen großen thermischen Kraftwerken am Übertragungsnetz bereitgestellt werden konnte.
Die Energiewende bringt die allseits bekannte Herausforderung des Ungleichgewichts zwischen einer volatilen Erzeugung aus Erneuerbaren Energien und einer Verbraucherstruktur, die es gewohnt war, bedarfsgerecht mit Strom versorgt zu werden und im Falle einiger Industrien auch konstant versorgt werden muss. Neben der Frage, ob ausreichend Leistung zur Verfügung gestellt werden kann ist aber auch die Stabilität der Stromnetze immer mitzudenken. Im Falle der Blindleistung führt der Einfluss neuer Erzeuger, Verbraucher und Speicher bei gleichzeitigem Wegfall der alten thermischen Kraftwerke – für Hamburg werden dies die Kohlekraftwerke Wedel (Abschaltung April 2026) und Tiefstack (2030) sein - zu einer neuen Situation im Blindleistungsbedarf, seiner Dynamik und möglicher Handlungsoptionen des Verteilnetzbetreibers, um die Stabilität zu gewährleisten.
Konkret werden Hamburgs Netze sukzessive kapazitiver. Dass die Ursache bei neuen dezentralen Lasten und Einspeisern zu finden sein dürfte ist naheliegend, aber schwer zu belegen. Ein Forschungsprojekt der TU Hamburg hat beispielsweise ergeben, dass die Frage, ob sich Wärmepumpen kapazitiv oder induktiv verhalten vom aktuellen Betriebspunkt abhängt. Das kapazitive Verhalten der Elektroautos ist wiederum für einige Automarken unterschiedlich.
Die Hamburger Energienetze haben verschiedene Möglichkeiten dem Blindleistungsungleichgewicht zu begegnen. Neben der teuren Beschaffung eigener Netzbetriebsmittel, die zusätzlich viel Platz benötigen und einer leichten Anpassung der technischen Anschlussregeln, wird das meiste Potenzial in einem Erzeugermarkt gesehen, auf dem Kraftwerke und Speicher den Netzbetreibern Blindleistung kostenpflichtig anbieten. Entsprechende Ausschreibungen mit Pilotverträgen starten voraussichtlich bereits in 2025. Hier kommen wiederum die Batteriegroßspeicher ins Spiel, die im urbanen Raum diese Dienstleistung anbieten und somit einen systemischen Mehrwert schaffen können.
Im Anschluss fanden noch einige angeregte Fachgespräche zu den Vorträgen und anderen Energiewendethemen statt. Ein besonderer Dank geht an das CC4E, das uns die Räumlichkeiten an der HAW-Hamburg zur Verfügung gestellt hat.