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Wie digitale Zwillinge die Energiewende unterstützen können Interview mit Dr. Nora Reinecke, Gesamtprojektleitung Connected Urban Twins und Projektleitung Hamburg, Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg

Das virtuelle Abbild von Anlagen und Gebäuden kann ein wertvolles Werkzeug zur Simulation von Energieflüssen und zur Planung und Optimierung von Energieinfrastrukturen sein. Hamburg ist Teil des Pilotprojektes "Connected Urban Twins" (CUT), das auch der Energiebranche neue Möglichkeiten liefert.

Wie digitale Zwillinge die Energiewende unterstützen können
Credit: Projekt "Connected Urban Twins"

EEHH: Was ist ein digitaler Zwilling?

Nora Reinecke: Ein Digitaler Zwilling ist die digitale Repräsentation eines physischen Objekts, Systems oder Prozesses. Als virtuelles Abbild ermöglicht er Datenerfassung, Analyse und Simulation, um das Verhalten des realen Gegenstücks besser zu verstehen und zu optimieren. Übertragen auf den urbanen Raum entsteht der Urbane Digitale Zwilling – eine digitale Repräsentation der Stadt oder einzelner städtischer Komponenten, wie z. B. Bauwerke. Er kombiniert verschiedene Datenquellen und Modelle, um städtische Prozesse virtuell abzubilden. Dabei gibt es nicht den einen Zwilling der Stadt, das Konzept ähnelt vielmehr einem Baukastensystem, dessen Bausteine je nach Fragestellung flexibel kombiniert werden können.

 

EEHH: Mit welchem Ziel wurde das Projekt Connected Urban Twins ins Leben gerufen?

Nora Reinecke: Das Projekt "Connected Urban Twins" (CUT) wurde 2021 gestartet, um die Entwicklung Urbaner Digitaler Zwillinge in Städten und Kommunen voranzutreiben. Die drei Partnerstädte Hamburg, Leipzig und München arbeiten gemeinsam daran, digitale Werkzeuge und innovative Anwendungsfälle zu entwickeln, die eine integrierte und nachhaltige Stadtentwicklung ermöglichen. Ziel ist es, durch den Einsatz dieser Zwillinge städtische Prozesse effizienter zu gestalten und die Lebensqualität für Bürgerinnen und Bürger heute und in der Zukunft zu verbessern.

 

EEHH: Welche Chancen und Potenziale bieten Digitale Zwillinge einer Stadt deiner Meinung nach?

Nora Reinecke: Digitale Zwillinge bieten Städten vielfältige Möglichkeiten, Stadtentwicklung zu verbessern. Sie ermöglichen eine präzisere Analyse von städtischen Prozessen, fördern die Bürger:innenbeteiligung durch transparente Daten und unterstützen die Optimierung von Infrastrukturen. Zudem können sie auch dazu beitragen, Umweltbelastungen zu reduzieren und die Ressourcennutzung zu optimieren. Dies führt zu nachhaltigeren und lebenswerteren urbanen Räumen.

 

EEHH: Für welche Branchen und Arten von Unternehmen sind digitale Zwillinge besonders relevant und nützlich?

Nora Reinecke: Digitale Zwillinge sind in vielen Branchen von Bedeutung, unter anderem im Maschinenbau und der Fertigungsindustrie. Dort wird mit Digitalen Zwillingen der Zustand von Maschinen in Echtzeit überwacht. Dieses Prinzip findet sich auch in der Stadtentwicklung wieder, wo Urbane Digitale Zwillinge beispielsweise für die Verkehrsplanung, Quartiersplanung, Umweltüberwachung oder Bürger:innenbeteiligung verwendet werden.

 

EEHH: Gibt es in Hamburg bereits konkrete Anwendungsbeispiele?

Nora Reinecke: Ein Beispiel ist der in Hamburg entwickelte 3D-Projektplaner, mit dem Planungen frühzeitig visualisiert und mit verschiedenen Akteuren abgestimmt werden können. So lassen sich städtebauliche Projekte transparenter gestalten und mögliche Herausforderungen frühzeitig erkennen.

Ein weiteres Beispiel ist das Digitale Städtebauliche Monitoring, das verschiedene Datenquellen zusammenführt, um Stadtentwicklungsprozesse besser zu analysieren. Dadurch können Städte fundierte Entscheidungen treffen und gezielt Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung ergreifen.

 

EEHH: Welchen Beitrag können urbane digitale Zwillinge zur Energiewende leisten?  

Nora Reinecke: Urbane Digitale Zwillinge können einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten, indem sie die Planung und Optimierung von Energieinfrastrukturen unterstützen. Durch die Simulation von Energieflüssen und -bedarfen können Städte ihre Netzinfrastrukturen effizienter gestalten und den Ausbau erneuerbarer Energien besser planen.

 

EEHH: Gibt es im Energiesektor schon Anwendungsgebiete in denen Simulationen praktisch genutzt werden?

Nora Reinecke: Mit dem CUT-Projekt wurden in Hamburg einige neue Werkzeuge für die Stadtplanung entwickelt. Auch wenn aktuell (noch) keine Kooperation im Energiesektor geplant ist, finde ich, die Integration Digitaler Zwillinge in den Energiebereich wäre ein logischer nächster Schritt, um die Stadt nachhaltiger, effizienter und widerstandsfähiger zu machen. Digitale Zwillinge könnten Hamburg dabei helfen, das Energienetz zu optimieren, erneuerbare Energien besser zu integrieren und die Energieeffizienz von Gebäuden und Quartieren zu steigern. Durch Simulationen können Netzengpässe vermieden, Lasten intelligent gesteuert und erneuerbare Energien gezielt eingesetzt werden. Auch in der vorausschauenden Wartung und im Katastrophenschutz bieten sie großes Potenzial.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview und weiterhin viel Erfolg für das Projekt!

Über Oliver Schenk

Profilbild zu: Oliver Schenk

Ich bin verantwortlich für den Bereich Marketing Wasserstoff und sorge dafür, dass die hiesigen Projekte und Formate in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wahrgenommen werden. Um dem vielversprechenden Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen unterstütze ich die Wasserstoffwirtschaft mit redaktionellen Beiträgen, Netzwerkveranstaltungen, Videoproduktionen und vielem mehr.

von Oliver Schenk