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Weichenstellung für eine Wasserstoff-basierte Gesellschaft From Hamburg to the World: EEHH-Delegationsreise nach Japan (Teil 1)

Anlässlich der Weltausstellung Osaka 2025 reiste das EEHH-Cluster zusammen mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), Hamburg Invest und Hamburg Marketing nach Japan. In Osaka, Tokio und Fukushima besuchte die Delegation private und öffentliche Akteure der japanischen Energiewirtschaft. Im Mittelpunkt der Gespräche stand die mögliche Kooperation im Bereich erneuerbare Energie/Wasserstoff.

Weichenstellung für eine Wasserstoff-basierte Gesellschaft
EEHH-Delegation bei Kawasaki Heavy Industries, Copyright: EEHH GmbH

Die Delegationsreise startete mit einem „EEHH-Renewables Day“ mit Besuchsterminen bei der Daigas Group und Kawasaki Heavy Industries. Die Kansai-Region inklusive Osaka, Kyoto und Kobe ist der Sitz von mehreren japanischen Industrie- und Energiekonzernen, die sich mit der Produktion, dem Transport und der Anwendung von Wasserstoff sowie die Herstellung von relevanten Komponenten beschäftigen.

Trotz der hochsommerlichen Temperaturen war die Begeisterung der Delegation groß, denn bereits die Fahrt mit dem Brennstoffzellenbus des Kansai Airports zählte zu den Highlights. Wenige Tage vor der Delegationsankunft stellte der Kansai Airport seine neueste Initiative für saubere Mobilität mit einem Brennstoffzellen-Minibus vor. Der 22-Sitzerin Anlehnung an das Toyota Coaster Modell wird u. a. für die Beförderung von Gästen auf der EXPO 2025 genutzt und soll damit zur Erreichung von nationalen und regionalen Dekarbonisierungszielen beitragen.

Brennstoffzellenbus des Kansai Airports, Copyright: Kansai Airports

Mit synthetischem Gas zur Klimaneutralität

Bei der Daigas Group in Osaka erhielt die Delegation einen Einblick in die Forschungsarbeit und Technologien zur Produktion und Bereitstellung von synthetischem Gas. Die Daigas Group (früher Osaka Gas) ist ein städtischer Gasversorger, der seit Jahren Gas aus Kohle und Öl für den Bezirk Torishima der Stadt Osaka produziert. Mit dem Aufbau des Carbon Neutral Research Hubs (CNRH) 2021 richtete Daigas den Fokus auf die Förderung der Forschung und Entwicklung von klimaneutralen Technologien neu aus. Methanisierung gilt dabei als ein wichtiges technologisches Verfahren: Die Umwandlung vom grünen Wasserstoff unter Zufuhr von Kohlendioxid (CO2) in synthetisches Gas (E-Methan).

Die japanische Regierung definierte die Methanisierung als eine der Schlüsseltechnologien im Rahmen der nationalen „Green Growth Strategy“ für die Erreichung des Klimaschutzziels bis 2050. Schrittweise soll der Anteil des E-Methans in der städtischen Gasversorgung (Heizen, Kochen und Wasserwasseraufbereitung) auf 90 Prozent erhöht werden.  Für die Produktion vom E-Methan entwickelt Daigas ein hocheffizientes Verfahren – SOEC-Methanisierung. Ein besonderer Vorteil dieser Technologie ist die Nutzung der Abwärme aus der Methanisierung. Dabei wird Wasser zum Dampf erhitzt, der zur Erzeugung von Wasserstoff in die SOEC-Elektrolyse eingespeist wird. Im Vergleich zur herkömmlichen Sabatier-Methanisierung mit einem Umwandlungswirkungsgrad von 55 – 60 Prozent verspricht die innovative SOEC-Methanisierung 85 – 90 Prozent Wirkungsrad. Bei einem geführten Rundgang durch das im April eingeweihte SOEC-Labor durfte die Delegation nicht nur die Kernkomponenten des Elektrolyseurs in Augenschein nehmen, sondern auch die speziellen Membranen in die Hand nehmen.

In Deutschland gab es vor vielen Jahren ebenfalls Diskussionen über die Verwendung des synthetischen Gases. Hierzulande wird dagegen weithin der Power-to-Heat-Technologie der Vorzug gegeben, weil die Wärmeerzeugung direkt aus elektrischem Strom z. B. mit einer Wärmepumpe klare Vorteile bietet: niedrigere Kosten, höheren Gesamtwirkungsrad und Dekarbonisierung des Wärmesektors.  

Aufbau der Flüssigwasserstoff-Lieferkette

In der japanischen Industrie besteht Konsens, dass die Wasserstoffwirtschaft für die Zukunftsfähigkeit des Landes eine entscheidende Rolle spielt. Große Unternehmen wie Kawasaki Heavy Industries gehen mit ganzheitlichem Konzept vor. Von der Produktion von Wasserstoffverbrennungsmotoren und Elektrolyseuren bis zum Transport auf Straßen, Schienen und Wasser: ihr Geschäftsspektrum deckt die ganze Bandbreite der Wertschöpfungskette ab. Insbesondere für den Transport und die Speicherung vom Flüssigwasserstoff (LH2) ist Kawasaki seit vierzig Jahren ein führendes Unternehmen.

2010 kündigte das Unternehmen an, Wasserstoff als Energieträger zu nutzen. In den vergangenen Jahren richtete sich der Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit auf den Aufbau einer internationalen Lieferkette für Flüssigwasserstoff. So wurde das weltweit erste Transportschiff für Flüssigwasserstoff „Suiso Frontier“ von Kawasaki gebaut. Außerdem ist im Hafen von Kobe ein Importterminal für Flüssigwasserstoff unter dem Namen „Hy-touch Kobe“ entstanden. Neben Abluftkamin und Boil-Off-Gas-Kompressor verfügt das Terminal über einen Speichertank mit einer Kapazität von 2.500 m3.

In einer zweistufigen Planung testet Kawasaki die Machbarkeit von Wasserstoffproduktion und Seetransport über weite Entfernungen. 2022 schloss das Transportschiff „Suiso Frontier“ eine Testreise zum Transport von auf minus 253 Grad Celsius heruntergekühlten verflüssigten Wasserstoffs von australischem Hastings nach Kobe erfolgreich ab. Bei der 16-tägigen Seefahrt wurden insgesamt 9.000 Kilometer zurückgelegt. Das Demonstrationsprojekt markiert einen wichtigen Meilenstein für Kawasakis Bestrebung zur Skalierung und Vermarktung der Flüssigwasserstoff-Lieferkette. In einem Konsortium mit weiteren namenhaften japanischen und internationalen Unternehmen wie Iwatani, Eneos und Shell arbeitet Kawasaki daran, eine Lieferkette für CO2-neutralen Wasserstoff aufzubauen. Die Zusammenarbeit mit Australien trägt dazu bei, die Vision von einer wasserstoff-basierten Gesellschaft ein Stückchen Realität werden zu lassen.  

Ähnlich wie Japan wird Deutschland einen großen Anteil seines prognostizierten Wasserstoffbedarfs durch Importe aus dem Ausland z. B. Nordeuropa, Südamerika und aus dem Nahen Osten abdecken. Das Wasserstoffderivat Ammoniak gilt in Deutschland gegenüber verflüssigtem Wasserstoff dank seiner höheren Energiedichte und geringeren Kühlbedarfs (minus 33 Grad Celsius) als ein effizienteres Trägermedium. Zudem wird Ammoniak seit mehreren Jahrzehnten in großen Mengen weltweit verarbeitet und die Technologie für die Lagerung/Speicherung und den Transport erreicht bereits einen nachgewiesenen Reifegrad. In Japan wird die Nutzung/Cracking von Ammoniak aus Sicht der Umweltwirkung kritisch betrachtet. In hohen Konzentrationen ist Ammoniak giftig und im Falle der Leckagen kann es zur Beeinträchtigung z. B. in Gewässern kommen.

Die langjährige Beziehung zwischen Hamburg und Kobe ist geprägt durch wirtschaftliche Kooperation in Hafen, maritimer Industrie und grüner Energie. Als einer der größten Akteure in diesen Feldern ist Kawasaki ein wichtiger und gefragter Gesprächspartner für Hamburger Unternehmen. Auch das Thema Flüssigwasserstoff stellt ein gemeinsames Interesse dar, denn sowohl Japan als auch Hamburg stehen vor den Herausforderungen, eine wirtschaftlich tragfähige und sichere Importinfrastruktur zu etablieren. Das EEHH-Cluster freut sich, durch den Besuchstermin den bestehenden Austausch zu vertiefen.

Keynote-Vortrag von Prof. Schäfers, Copyright: EEHH GmbH

Norddeutsche Wissensmetropole zum Austausch mit der Partnerstadt

Unter dem Motto „Hamburg: Norddeutsche Wissensmetropole“ organisierte das EEHH-Cluster in Zusammenarbeit mit der Handelskammer Hamburg/Finanzplatz Hamburg e.V., Hamburg Invest und Hamburg Marketing ein Wirtschaftsseminar in Grand Cube Osaka. Ziel war es, Hamburg als starken Partner in erneuerbaren Energien, Finanzwirtschaft und Innovation zu positionieren und seine Beziehung zu lokalen Stakeholdern und Partnern auszubauen. Rund 70 Teilnehmende aus regionaler Politik und Wirtschaft folgten der Einladung.

Die Veranstaltung wurde vom Finanzsenator Andreas Dressel, offiziellem politischem Vertreter der Stadt Hamburg, eröffnet. Er betonte die Bedeutung der langjährigen Partnerschaft zwischen beiden Städten und sprach sich für eine engere Kooperation in den Bereichen Digitalisierung, Klimaschutz und Innovation aus. Beim anschließenden Keynote-Vortrag sprach Prof. Dr. Hans Schäfers (HAW Hamburg) über Hamburgs Rolle in deutscher Energiewende. Mit praxisnahen Einblicken in die Rahmenbedingungen und Projekte machte er deutlich, welche Chancen aber auch Herausforderungen der Wasserstoffhochlauf für Hamburg bereithält.

Das Wirtschaftsseminar stieß auf großes Interesse beim Publikum und das EEHH-Cluster konnte direkten Kontakt u. a. zu METI Kansai (Japanese Ministry for Economy, Technology and Industry, Kansai Bureau) knüpfen. Bei einem Gegenbesuch zur Hydrogen Technology Expo World 2025 in Hamburg im Oktober dieses Jahres sind ein weiterer Austausch und gemeinsame Aktivitäten geplant.

Das EEHH-Cluster bedankt sich für die gute Zusammenarbeit mit den anderen Hamburger Akteuren und für die freundliche Unterstützung des METI Kansai und der Stadt Osaka.

In einem weiteren Blogartikel wird über Besuch in Tokio und Fukushima berichtet.

Über Jingkai Shi

Profilbild zu: Jingkai Shi

Hamburg ist die Modellregion der Energiewende und deutsche Windhauptstadt mit Verbindungen in die ganze Welt. Die lokale Erneuerbare Energien-Branche ist damit ein zentraler Partner für die internationale Energiewirtschaft. Als Ansprechpartner für internationale Kooperation im Bereich Erneuerbare Energien betreue ich die Beziehung des EEHH-Clusters zu internationalen Branchenetzwerken, unterstütze die EEHH-Mitglieder bei ihren Auslandsaktivitäten und trage mit Social-Media-Aktivitäten zu einer stärkeren Sichtbarkeit und Wahrnehmung von Hamburg auf der Weltbühne bei.

von Jingkai Shi