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Wasserstoff basierte Stahlproduktion Interview mit Dr. Uwe Braun, Arcelor Mittal

Der weltweit größte Stahlproduzent Arcelor Mittal plant, seine Stahlproduktion auf Wasserstoff zu basieren. Hamburgs CEO Dr. Uwe Braun berichtet mehr im folgenden Interview.

Wasserstoff basierte Stahlproduktion
Dr. Uwe Braun, CEO von ArcelorMittal Hamburg bei der Direktreduktionsanlage. Dort soll eine weitere Anlage errichtet werden, in der Stahl künftig mit Hilfe von Wasserstoff hergestellt werden kann.

Wie genau wird Stahl mit Hilfe von Wasserstoff produziert?

Zur herkömmlichen Herstellung von Stahl brauchen wir Kohle oder Erdgas. Denn um bei Prozessbeginn den Sauerstoff aus dem Eisenoxid zu reduzieren, benötigt man bis heute diese fossilen Energieträger. In Hamburg verwendet ArcelorMittal Erdgas – hauptsächlich Methan oder CH4. Es wird in einem so genannten Reformer aufgespalten, in Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff. Im Schachtofen entsteht anschließend reines Eisen, als Nebenprodukte fallen Wasser und CO2 an. Und diesen CO2-Anteil wollen wir in den neuen Anlagen langfristig vermeiden, indem wir mit Wasserstoff als Reduktionsmittel CO2-neutral werden. Anstatt des heute verwendeten Gasgemisches soll künftig Wasserstoff für diesen Herstellungsprozess verwendet werden. Als Nebenprodukt bleibt nachher lediglich Wasser und kein CO2 mehr.  

Was ist das Besondere an der geplanten Anlage im Stahlwerk von ArcelorMittal in Hamburg?

ArcelorMittal hat schon aufgrund seiner Lage in Hamburg eine hervorragende Chance, den Wandel zur CO2-Neutralität zu schaffen – wenn die notwendige Unterstützung aus der Politik folgt. Denn unsere Vision lautet, in Zukunft Wasserstoff in der Nähe von Windrädern an der See herzustellen und dabei den Strom aus Windkraft zu nutzen, um mit Hilfe von Elektrolyse-Anlagen CO2-freien und damit grünen Wasserstoff zu erzeugen. Dieser könnte anschließend als sauberer Einsatzstoff in der Produktion genutzt werden. Der so erzeugte Eisenschwamm wird dann zu CO2-neutralem Stahl weiterverarbeitet.

Das Besondere an dem Hamburger Projekt ist, dass wir nach einer erfolgreichen Demonstrationsphase mit den richtigen Rahmenbedingungen auf einen CO2-neutralen Betrieb umsteigen könnten. Bis zum Jahr 2050 wollen wir unsere Produktion in Europa vollständig klimaneutral gestalten.

Inwieweit könnte das Projekt richtungsweisend für andere Unternehmen / Industrien sein?

Das Wasserstoff-Projekt von ArcelorMittal hat Signalwirkung für die gesamte Industrie, da auf industriellem Niveau erstmalig Stahl mit Wasserstoff hergestellt werden kann. Dieses Ziel hat bislang kein anderes Unternehmen auf der Welt realisiert. Der Startschuss geht von uns aus, alles Weitere hängt von vielen Faktoren ab.

Wie schnell die Transformation der Stahlindustrie auf klimaneutrale Stahlproduktion erfolgen kann, hängt stark von den politischen Rahmenbedingungen ab. Denn für die Produktion von CO2-neutralem Stahl ist ein Technologiewechsel nötig. Die Investitionen und höheren operativen Kosten für den Einsatz neuer Technologien müssen mit Hilfe eines Anreizsystems befördert werden, um die Transformation zu ermöglichen. Mit dem Hamburger Wasserstoffprojekt setzen ArcelorMittal und Technologielieferant Midrex sich für diese Transformation ein. 

Welche Rolle spielt die Produktionsanlage für den Wirtschaftsstandort Hamburg?

Die Stahlwerke Hamburg sind ein wesentlicher Bestandteil der örtlichen Wirtschaftsstruktur und werden dies im Rahmen der Transformation auch in Zukunft sein. Unsere Kernzahlen unterstreichen die Bedeutung unserer Produktionsanlage im Hamburger Hafen. Das Werk hat eine Produktionskapazität von 1,1 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr. ArcelorMittal Hamburg hatte 2018 einen Umsatz von 505 Millionen Euro. Das Unternehmen beschäftigt 540 Mitarbeiter, davon 26 Auszubildende. Unsere Anlagen produzieren verschiedene Walzdrahtstähle, darunter Stahlseile, Spannstähle, Seildrähte, Federdrähte, Kettenstähle oder Stähle für die Kaltumformung. Sie sind in Produkten wie Autos, Bettfedern, Einkaufswagen, Musikinstrumenten, Brücken oder Schrauben zu finden. Die Bedeutung für die gesamtwirtschaftliche Leistung wird durch den besonderen Einsatz der Mitarbeiter und durch ein hervorragendes Produkt deutlich.

Über Astrid Dose

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Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

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