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Von Offshore Wind und den Wasserstoffleitprojekten Interview mit Jimmie Langham, Cruh21
Das Beratungsunternehmen Cruh21 unterstützt Städte und Unternehmen bei den Themen Offshore Wind, Wasserstoff und Sektorenkopplung. Zusätzlich hat es bei den Wasserstofleitprojekten H2Mare und TransHyDE Schlüsselrollen inne. Geschäftsführer Jimmie Langham verrät im Gespräch den Status Quo und die Zukunftsszenarien der Projekte.
Die cruh21 ist schon länger Mitglied beim EEHH. Wer seid ihr und wo kommt ihr her?
Ursprünglich sind wir vor dreieinhalb Jahren aus der Initiative AquaVentus hervorgegangen, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit bei RWE Offshore mitbegründet habe. Wir sind als Geschäftsstelle gestartet und haben uns als unabhängiges Beratungsunternehmen zum Thema Wasserstoff und Sektorkopplung am Markt etabliert.
Und was genau macht ihr?
Wir sind ein bisschen eine Boutique. Nachdem mit Dr. Ursula Prall und Meiko Neumann zwei alte Offshore-Hasen in die Geschäftsführung eingetreten sind, bleibt Offshore Wind natürlich eines unserer Schwerpunktthemen. Meikos große Erfahrung ist vor allem im Bereich der Ausschreibungsstrategien gefragt. Ursula ist die ausgewiesene Expertin für Offshore-Regulierung, so dass sie mit ihrem Team mehrere Genehmigungsverfahren Offshore Wind betreut.
Und das große Thema Wasserstoff?
Das ist unser eigentlicher Fokus. Wir verstehen uns als strategische Projektberatung, aber nicht nur für Wasserstoff, sondern generell für Sektorenkopplung und Erneuerbare Energien. Als solche haben wir zum Beispiel die Wasserstoffstrategien für Rügen-Stralsund und Cuxhaven erarbeitet und arbeiten derzeit an ähnlichen Themen für andere Regionen. Gleichzeitig beraten wir auch auf Unternehmensebene. So unterstützen wir Kunden bei großen Elektrolyseprojekten, zum Beispiel in Lubmin, wo die PtX Development 1 GW Kapazität plant. Letztlich können wir nun die gesamte Wertschöpfungskette von der Strategie über Regulierung und Politik, Genehmigungsmanagement, Machbarkeitsstudien bis hin zum Owner’s Engineer abdecken.
Das ist aber viel für eine relativ kleine Truppe, oder?
Wir sind derzeit 17 feste Berater*innen, dazu kommen sieben Werkstudent*innen, die wir aktiv in die Projektarbeit einbinden. Aber ja, für die ganze Breite sind wir natürlich zu wenig. Seit knapp einem Jahr gehören wir zu Drees & Sommer. Die kommen ja ursprünglich aus dem Bau- und Immobilienbereich, haben sich aber in den letzten Jahren thematisch massiv verbreitert. Die Zusammenarbeit mit rund 6.000 Kolleg*innen weltweit hat uns einen unglaublichen Schub gegeben. Wir arbeiten in Projekten eng mit deren Wasserstoff-Expert*innen als „Wasserstoff-Kernteam“ zusammen, was uns im technischen Bereich zusätzliche Kompetenz bringt. Darüber hinaus entwickeln wir gemeinsam spannende Dienstleistungsangebote, z.B. zum Thema Genehmigungsmanagement und KI-basierte Standorterkennung.
KI basierte Standortidentifikation klingt spannend. Was verbirgt sich dahinter?
Hier arbeiten wir eng mit Deeeper Technology zusammen, einem coolen Startup aus Rostock. Die können mit ihrer KI verschiedenste geobasierte Daten wie Satellitenbilder und Infrastrukturdaten übereinanderlegen und vielschichtig auswerten. Wir haben das gemeinsam testweise für Wasserstofftankstellen begonnen und schnell gemerkt, welches Potenzial darin steckt, wenn wir unsere Datenquellen und Expertisen mit ihren Werkzeugen und ihrem Wissen zusammenbringen. Bestands- und Potenzialanalysen für Erneuerbare Energien konnten die Kolleg*innen schon vorher, aber gemeinsam sind wir dabei, bundesweit die optimalen Standorte für Elektrolyseure, Wasserstoffkraftwerke, Tankstellen, aber auch Rechenzentren und andere energieintensive Anwendungen automatisiert auszuwerten.
Du sprachst zu Anfang von den Wasserstoff-Leitprojekten. Was verbirgt sich dahinter?
Bei den Wasserstoff-Leitprojekten handelt es sich um drei große Forschungsprojekte, für die das Bundesministerium für Bildung und Forschung kurz nach der Veröffentlichung der Nationalen Wasserstoffstrategie knapp 700 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. H2Giga beschäftigt sich mit der Hochskalierung und Optimierung der Elektrolyse. H2Mare beschäftigt sich mit der Offshore-Wasserstofferzeugung und TransHyDE mit der Infrastruktur. Wir sind in H2Mare, aber vor allem in TransHyDE aktiv. Hier bin ich zusammen mit Prof. Mario Ragwitz vom Fraunhofer IEG und Prof. Robert Schlögl, damals noch Max-Planck-Gesellschaft, heute Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung, einer der Gesamtkoordinatoren und verantwortlich für den Bereich Industrie und Umsetzung.
Was genau macht TransHyDE?
TransHyDE ist ein Forschungsverbund, in dem sich seit 2021 mehr als 100 Unternehmen, Verbände und Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen haben, um eine zukünftig notwendige Wasserstoffinfrastruktur zu erforschen und zu pilotieren. Themen sind eine Gesamtsystemanalyse, Ammoniak, Pipelines, Flüssigwasserstoff, LOHC, aber auch abstraktere Themen wie Regulierung, Standards und Sicherheit. Auch Hamburger Unternehmen wie die HHLA sind beteiligt.
2025 endet das Projekt offiziell. Soll es weitergehen?
Nach vier Jahren Laufzeit wäre Ende 2025 Schluss. Alle nach Hause zu schicken, wäre verdammt unklug. Nicht umsonst ist die Fortführung von TransHyDE eine der Empfehlungen der überarbeiteten Nationalen Wasserstoffstrategie. Neben dem Renommee des Projekts und der laufenden Forschung hat sich vor allem eine Community entwickelt, die vernetzt und vertrauensvoll zusammenarbeitet. Diese gilt es fortzuführen. Bei der Konzeption von TransHyDE 2.0, wie wir es nennen, war aber von Anfang an klar, dass die Forschung etwas in den Hintergrund treten und der Umsetzungsaspekt deutlich mehr Gewicht bekommen muss. Die Zeit der Grundlagenforschung und der Demonstratoren ist vorbei. Wir müssen auf industrielle Maßstäbe hochskalieren!l
Was bedeutet das konkret?
Das bedeutet, dass TransHyDE 2.0 aus sechs Umsetzungssäulen bestehen wird, die von großen Wasserstoff-Logistik-Hubs über Ammoniak-Versorgungsketten bis hin zu Flüssigwasserstoff-Terminals auf große Industrieprogramme bis 2040 abzielen. TransHyDE 2.0 wird eine zielgerichtete Begleitforschung und ein möglichst koordiniertes und vernetztes Vorgehen sicherstellen. Es gilt, maximale Synergien und Mehrwerte für alle Akteure zu generieren und fehlende Bausteine und Akteure gezielt einzubinden.
Das klingt groß. Wie werdet ihr es finanzieren?
Uns war schnell klar, dass die Mittel für dieses Projekt nicht aus dem Topf eines einzelnen Ministeriums kommen können, schon gar nicht in der aktuellen Haushaltslage. Deshalb haben wir uns Ende des Jahres entschlossen, eine Initiative TransHyDE 2.0 in Form eines Fördervereins zu gründen. Dieser soll in der zweiten Phase für Verstetigung und eine gewisse Unabhängigkeit sorgen. Mit dieser Initiative kann dann begonnen werden, die einzelnen Programme und Teilprojekte in ihrer Finanzierung zu unterstützen. Eigenmittel der Wirtschaft müssen mit Fördermitteln aus verschiedenen Töpfen kombiniert, Forschungsbedarfe gezielt formuliert, Synergien genutzt und geeignete Partner zusammengebracht werden. Auch in diesen Programmen spielt übrigens Hamburg mit seiner einzigartigen Ausgangssituation in verschiedenen Themenfeldern eine wichtige Rolle.
Spannend. Wie sieht der konkrete Zeitplan aus?
Mit dem ehemaligen Wasserstoffbeauftragten und jetzigen Bundestagsabgeordneten Dr. Stefan Kaufmann konnten wir einen idealen Kandidaten für den ersten Vorsitz gewinnen. Derzeit führen wir weitere Gespräche mit potenziellen Gründungsmitgliedern und Kandidat*innen für den Vorstand. Parallel arbeiten wir an einer Satzung und einer Geschäftsordnung. Das ist nicht einfach, denn einerseits muss man die Zusammenarbeit fördern, andererseits den Akteuren ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit lassen. Der Plan ist, im Dezember eine Gründungsversammlung abzuhalten. Wir hoffen, nicht nur die bisherigen TransHyDE-Mitglieder wieder zu gewinnen, sondern auch neue Interessenten für das Thema Infrastruktur der Zukunft.