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Strom mit fliegendem Segel Windkraftanlagen ohne Rotoren
Die Firma SkySails Power aus Hamburg bringt derzeit ihre neuartigen Flugwindkraftanlagen in den Markt. Das Konzept: Nutzung von Höhenwinden mithilfe eines großen Kites. Sie sollen insbesondere dort zum Einsatz kommen, wo die Bedingungen für konventionelle Windkraftanlagen schlecht sind.
Windkraft in über 200 Metern Höhe zu nutzen ist keine Vision mehr, Ihre ersten Anlagen sind bereits in Betrieb. Wie kam es von der Idee zum Produkt?
Die Grundidee stammt aus der Schifffahrt und ist schon über 20 Jahre alt, 2016 hatten wir einen Relaunch mit SkySails Power. Statt mit dem Kite ein Schiff zu ziehen, produzieren wir jetzt Strom. Das schaffen wir aktuell mit der Pilotanlage in Klixbüll in Schleswig-Holstein und mit der zweiten Referenzinstallation in Mauritius.
Was sind die Vorteile der Anlagen und was ist der Kundenkreis?
Mit der SkySails Power PN-14 bieten wir eine Anlage an, die vor allem in entlegenen Regionen und auf Inseln Dieselaggregate ablösen kann, die im Unterhalt und Betrieb wesentlich teurer sind. Ein Vorteil unserer Anlage: Sie benötigt 90 Prozent weniger Material als eine vergleichbare Windkraftanlage. Oft ist vor Ort auch nicht die nötige Infrastruktur gegeben, um große Anlagen in unwegsamem Gelände aufzubauen.
Unsere Eintrittsmärkte sind in Ostafrika und in den Philippinen. Langfristig wollen wir aber auch in der Karibik und Südamerika sowie in den europäischen Märkten Fuß fassen. In letzteren besteht Interesse auf den Kanaren und den griechischen Inseln. Ein Vorteil der hiesigen Bürokratie: Die Erfahrungen mit den komplexen Genehmigungsverfahren in Deutschland helfen uns auch international, da die Genehmigungspraxis oft adaptiert wird.
Wie hoch liegen derzeit die Stromgestehungskosten (Levelized Costs of Energy LCOE, €/kWh) bei den Skysails-Anlagen?
Mit ungefähr 20 ct/kWh sind wir heute in unseren Eintrittsmärkten verglichen mit Dieselaggregate wettbewerbsfähig. Mit der Weiterentwicklung unserer PN-14 Anlage sind 10 ct/kWh auf jeden Fall möglich. Perspektivisch sind durch den geringen Materialeinsatz und den hohen Kapazitätsfaktor Stromgestehungskosten unter 4 ct/kWh denkbar.
Welcher Kapazitätsfaktor (oder Volllaststunden pro Jahr) ist damit möglich?
Am Standort Klixbüll erreichen wir bis zu 5.000 Volllaststunden.
Wie lang ist die erwartete Lebensdauer der Anlagen?
Die Bodenstation in einem 20 Fuß-Standardcontainer (TEU) ist auf 20 Jahre ausgelegt und hält wahrscheinlich länger, die Kites halten aktuell ein Jahr, wir verbessern uns aber in dem Bereich und wollen perspektivisch auf über drei Jahre kommen.
Bislang liegt die Leistung der Anlage(n) bei 100 – 200 kW. Sind höhere Leistungsklassen geplant?
Wir haben schon die nächstgrößere Maschine in der Megawattklasse in Planung, die in drei bis fünf Jahren Marktreife haben soll und deren LCOE langfristig bei 4 bis 5 ct/kWh oder darunter liegen soll. Unsere Langzeitvision sind Floating Offshore Anlagen, die auch Deep Sea-tauglich sind. Unsere Technologie bietet hier große Vorteile und die schwimmenden Plattformen können wesentlich kleiner ausfallen.
Welche weiteren technischen Entwicklungspotenziale sehen Sie?
Wir können uns auf den jeweiligen Windstandort anpassen durch verschieden große Kites. Mit künftigen Softwareaktualisierungen können wir auch in einem gewissen Rahmen Repowering auf den schon installierten Anlagen durchführen, ohne sie auszutauschen.
Welchen Platz kann Ihre Technologie im bestehenden Windkraftanlagenmarkt haben?
Wir sehen unsere Technologie nicht in Konkurrenz zu bestehenden Windkraftanlagen, sondern als Ergänzung für Orte mit besonderen Anforderungen. Um die Klimakrise zu bewältigen, werden wir jede uns zur Verfügung stehende Technologie brauchen. Zusätzlich zu unseren eigenen Wachstumsplänen bringen sich auch mehrere Wettbewerber in Position. Man kann also schon sagen, dass hier eine neue Branche entsteht.
Gibt es Erhebungen/Analysen zur Akzeptanz? Ist diese bei Skysails-Anlagen höher als bei konventionellen Windanlagen?
Eine unabhängige Anwohnerbefragung hat ergeben, dass es durchaus positive Aspekte gegenüber konventionell Windkraftanlagen gibt. Dazu tragen vor allem der geringere Schattenwurf und der nicht vorhandene Mast bei.
Für welche IEC-Windlassen sind die Skysails Anlagen ausgelegt? (IEC1= Starkwind bis IEC4= Schwachwind)
Wir können alle vier Klassen abbilden. Ein Sicherheitsfeature unserer Anlage ist, dass der Kite bei Extremwetterereignissen wie Orkanen oder Taifunen eingefahren und gesichert werden kann.
Welche Herausforderungen bestehen bei der Flugsicherung – wie werden diese gelöst?
Über unserer Testanlage in Klixbüll wurde eine ED-R, ein Flugbeschränkungsgebiet eingeführt. Dies hat einigen Widerstand hervorgerufen und wir würden uns wünschen, dass der Himmel stärker als Wirtschaftsraum begriffen wird in dem Teilnehmer mit wirtschaftlichem Nutzen auch bevorzugt behandelt werden. Es braucht mehr politische Unterstützung für innovative Technologien wie unsere, damit der Standort Deutschland langfristig attraktiv bleibt.
Welche Maßnahmen sorgen für die Sicherheit des Betriebs Ihres Systems?
Für den sicherenBetrieb sorgen zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen. Sollte z. B. der Strom für einen längeren Zeitraum ausfallen, haben wir eine Notfallbatterie im Container untergebracht, die den sicheren Betrieb gewährleistet. Die Kommunikation zwischen der Kontrollgondel und der Bodenstation ist besonders robust und redundant auf verschiedene Frequenzbänder verteilt. Aufgrund umfangreicher Sicherheitsvorkehrungen kann der Kite seinen vorgesehenen Einsatzbereich nicht verlassen.