Details
Qualifizierung von Batterie-Fachkräften Interview mit Dr. Andreas Würsig, Fraunhofer ISIT
Im Gespräch erläutert Dr. Andreas Würsig, Fraunhofer ISIT und vom Verbundprojekt QuW-LIB, die Herausforderungen im Batteriebereich.
EEHH: Was ist die drängendste Herausforderung im Batteriebereich aktuell Ihrer Meinung nach?
Dr. Andreas Würsig: "Die aktuellen Herausforderungen in Batteriebereich sind sehr vielgestaltig. Vom Einsatz neuer Materialien und Zellkonzepten über neuartige Fertigungsmethoden und deren Skalierung mit dem Ziel Batterien leistungsfähiger, langlebiger, sicherer und mit immer höherer Energiedichte zu designen, aber auch nachhaltiger und günstiger zu fertigen, bis hin zum immer wichtiger werdenden Recycling.
Ein sehr wichtiger Aspekt wird dabei aber noch zu wenig adressiert. Der gegenwärtige Engpass an Fachkräften bereitet uns und zahlreichen Produzenten erhebliche Sorgen, nicht nur im Rahmen der immer wahrscheinlicher werdenden Investition von Northvolt zur Errichtung der neuen Batteriefabrik in Heide, sondern generell in der Branche. Aktuell werden vermehrt Fabriken geplant, und überall wird fieberhaft nach qualifiziertem Fachpersonal gesucht. Dabei zeigt sich, dass nicht alle Bewerber über das gleiche Grundwissen verfügen, da für die Fachkräfte in der Batteriebranche noch keine einheitliche Ausbildung existiert.
Um dieser Herausforderung entgegenzuwirken und das erforderliche Fachpersonal auszubilden, haben wir das Projekt QuW-LiB ins Leben gerufen. Gemeinsam mit unseren Partnern Northvolt, Custom Cells, dem EEHH-Cluster und der Heinze Akademie als Weiterbildungsexperte und Projektkoordinator setzen wir dieses Projekt um. Das Hauptziel besteht darin, die Teilnehmenden auf ein einheitliches Kompetenzniveau zu bringen, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz in Batteriefabriken.
Die Qualifizierung von Fachleuten ist von entscheidender Bedeutung, um die aufkommenden Anforderungen in der Branche zu bewältigen. Durch standardisierte Schulungen wollen wir sicherstellen, dass alle Mitarbeiter über die erforderlichen Kompetenzen verfügen und somit bestens auf die Herausforderungen in modernen Batteriefabriken vorbereitet sind. Dies ist nicht nur für unser Projekt von Bedeutung, sondern trägt auch zur langfristigen Lösung des allgemeinen Fachkräftemangels in der Branche bei."
EEHH: Wir dürfen wir uns das genau vorstellen? Wie viele werden diese Schulungen durchlaufen? Wer genau ist die Zielgruppe?
Dr. Andreas Würsig: „Im Rahmen von QuW-LiB errichten wir am Fraunhofer ISIT in Itzehoe zusammen mit unseren Projektpartnern eine Schulungslinie. Die Heinze Akademie entwickelt darauf mit dem Konsortium spezifische Lehrgänge und digitale Lernwelten. Es ist aktuell geplant, bis zu 900 Personen pro Jahr zu qualifizieren. Tätig werden die Absolventinnen und Absolventen später in verschiedenen Batteriefabriken, so z.B. von Northvolt in Heide in Nordfriesland, CUSTOMCELLS in Itzehoe oder den vielen anderen neu entstehenden Fertigungsstandorten.“
EEHH: Beschäftigt sich das Fraunhofer ISIT bereits länger mit Batterieforschung?
Dr. Andreas Würsig: „Ja, das Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie ISIT zählt zu den führenden Forschungseinrichtungen im Bereich der Batterieforschung in Deutschland. Seit den 1990er Jahren arbeiten wir kontinuierlich an innovativen Ansätzen für Lithiumakkumulatoren sowie neuen Fertigungsmethoden. In dieser Zeitspanne haben mehrere Unternehmen, darunter die heutige Leclanché Lithium GmbH, LIACON und CUSTOMCELLS, ihre Anfänge in der Batteriezellentwicklung am ISIT gemacht.
Ich selbst bin seit über 20 Jahren im Bereich Zellentwicklung, Batterieherstellung, Systemintegration und Charakterisierung tätig. Nach Abschluss meines Chemiestudiums habe ich im Jahr 2005 am Paul-Scherrer-Institut (PSI) der ETH Zürich auf dem Gebiet der Lithiumbatterien promoviert. Derzeit widme ich mich der Forschung im Bereich neuer Hochleistungsbatterien, lösungsmittelfreier Herstellungsverfahren wie beispielsweise der Trockenbeschichtung und innovativer Zellüberwachungstechnologien."
EEHH: Was sind die aktuellen Trends im Batteriebereich?
Dr. Andreas Würsig: „Seit 2007 verzeichnen wir eine sehr dynamische Entwicklung, die insbesondere der Automobilbereich bzw. die aufstrebende Elektromobilität ausgelöst hat. Im Kern geht es darum den großen Bedarf nach leistungsfähigeren und kosteneffizienteren Batteriespeichern zu decken. Dabei spielt die Rohstoffverfügbarkeit (z.B. für Lithium, Kobalt, Nickel) und deren effizienterem Einsatz eine erhebliche Rolle. Darüber hinaus müssen die Kosten für die Herstellung von Batterien weiter gesenkt werden, um Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energiespeicher wettbewerbsfähiger zu machen. Fortschritte in der Produktionstechnologie, Materialforschung und Skaleneffekte sollen dazu beitragen. Hierzu strebt die Industrie auch nach nachhaltigeren Produktions- und Recyclingmethoden, um den ökologischen Fußabdruck von Batterien zu minimieren. Neben diesen Themen konzentriert sich die Forschung aktuell darauf, neue Batterietechnologien zu entwickeln, die z.B. eine höhere Energiedichte, längere Lebensdauer und schnellere Ladezeiten bieten. Dabei werden verschiedene Ansätze wie Festkörperbatterien, Lithium-Schwefel-Batterien und weitere innovative Konzepte, wie z.B. die Natrium-Ionen Batterie, verfolgt."
Vielen Dank für Ihre Zeit und das Interview!
Mehr zum Forschungsverbundprojekt QuW-LIB unter: