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Optimismus mit Fundament Buchrezension Strom

In „STROM“ zeigt Tim Meyer, wie die Energiewende trotz politischer & gesellschaftlicher Hürden durch marktwirtschaftliche Logik vorangetrieben wird.

Optimismus mit Fundament
Premiere bei EEHH: Die erste Buchrezension zum Sachbuch von Tim Meyer

„Gute Ideen gibt es reichlich, wir müssen diese nur umsetzen.“ (Kap 4.2.) ist eine von vielen Aussagen in Tim Meyers neuestem Sachbuch „Strom“, erschienen bei Books on Demand, die Mut für die Zukunft machen. Auf 288 Seiten legt der Autor strukturiert und argumentativ versiert dar, warum es für die deutsche Volkswirtschaft kein Zurück in vergangene Energiesysteme, die auf der Verbrennung von Öl, Kohle oder Gas zur Energiegewinnung basieren, geben wird. Dabei ist die Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Skalierbarkeit Erneuerbarer Energien sein Hauptargument für die vierte Energierevolution.

Leserzielgruppe

Dieses Buch richtet sich an Leser, die im Dschungel emotional geprägter Debatten rund um die Energiepolitik und Fake News verlässliche Informationen und eine Perspektive zu Erneuerbaren Energien suchen. Tim Meyer liefert diese: Rational, unaufgeregt und stichhaltig begründet.

Über den Autor

Copyright: Rolf Driesen

Tim Meyer begleitet als promovierter Elektroingenieur die Energiewende seit über 25 Jahren – technisch versiert, wirtschaftlich erfahren und strategisch denkend. Seine Leidenschaft gilt „Clean Tech“ in all ihren Facetten: von der Forschung über industrielle Anwendungen bis hin zur internationalen Projektfinanzierung. Stationen wie das Fraunhofer ISE oder die Naturstrom AG prägen seine lebendige Vita. Heute berät er Energieunternehmen in der Strategie- und Geschäftsentwicklung. Als Buchautor, Speaker und auf LinkedIn spricht Meyer über globale Markttrends und wirtschaftliche Chancen Erneuerbarer Energien.

Aufbau

Beim chronologischen Lesen beschreibt das Sachbuch in sechs Kapiteln einen klaren Fahrplan, wie eine Energietransformation zur Klimaneutralität in Deutschland gelingen kann und warum dieser Weg unumgänglich ist. Von technologischem Fortschritt und einer globalen Perspektive, über Wirtschaftlichkeit und exponentielles Wachstum hin zu antizipierten Hürden und möglichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen sowie klimatischen Folgen, sollte die Transformation nicht gelingen, enthält Strom alle relevanten Argumentationslinien aktueller „Klimadebatten“.

Trotz dieser leserfreundlichen Erzählstruktur müsse dieses Buch nicht zwangsläufig chronologisch gelesen werden, bekräftigt Tim Meyer in seiner Einleitung. Je nach Kenntnisstand könnten Leser auch einzelne Kapitel auslassen, da jedes Kapitel in sich geschlossen funktioniere. Dem sei gegenübergestellt, dass zwischen den Kapiteln Querverweise erfolgen, die sich größtenteils auf die vorangegangenen Kapitel beziehen. Die teilweise eingebauten Wiederholungen in den Kapiteln, lassen darauf schließen, dass es der Autor mit seinem Angebot ernst meint – gleichzeitig sind sie für den chronologischen Leser aber wichtige Gedankenstützen, um der übergreifenden Argumentation zu folgen.

Apropos Gedankenstütze: Nach jedem Unterkapitel liefert „Strom“ eine kurze, stichpunktartige Zusammenfassung der Hauptargumente. Das hilft, die Inhalte zu vertiefen oder später nachzuschlagen. Ergänzt durch eingängige Erläuterungen und anschauliche Grafiken führt Tim Meyer seine Leser strukturiert durch das komplexe Thema – stets mit Ausblick darauf, was folgt, und wie sich die Inhalte logisch ineinanderfügen. Thesen werden nicht in den luftleeren Raum gerufen, sondern mit anschaulichen Beispielen untermauert. Ein echtes Plus für alle, die beim Lesen Orientierung schätzen.

Über das Buch

Titel: Strom

Autor: Dr. Tim Meyer

288 Seiten

2025 | 3. Auflage

BoD – Books on Demand (Verlag)

978-3-7693-5122-4 (ISBN)

Vorwort: Harald Lesch

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Sprache und Inhalt

Die gute Kapitelstruktur ist das eine, das Buch überzeugt aber insbesondere durch Argumente, eine für Sachbücher ungewöhnlich unterhaltsame Schreibe und Tim Meyers Fähigkeit, den Leser in seiner Lebensrealität abzuholen. Beispiel gefällig? Gängige Narrative der Fossillobby, die im Lebensalltag vieler Bundesbürger ständig präsent sind, wie jenes, dass „Deutschland ein Geisterfahrer mit seiner Energiepolitik sei“ (Kap. 6.3.), entkräftet er gekonnt mit Zahlen, Daten, Fakten (ZDF) und führt Gegenargumente an. So stammen bereits 60 Prozent von Kaliforniens Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien, 93 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen in Norwegen 2023 waren elektrisch, und England, das Geburtsland der Kohleverstromung, hat sein letztes Kohlekraftwerk im September 2024 abgeschaltet. Diese faktenbasierten Zutaten rücken emotional geführte Debatten über das Verbrenneraus oder den Atomausstieg in ein nüchterneres und klareres Licht. Tim Meyer legt nachvollziehbar dar, woher derartige Thesen kommen, welche Akteure diese mit welcher Absicht verbreiten und wie sie zu entkräften sind.

Fans klarer Positionen und ungeschönter Worte kommen in „Strom“ ebenfalls auf ihre Kosten. So verkündet Tim Meyer etwa: „Eine Renaissance der Atomkraft wird es nicht geben“ (Kap. 5) oder „Unternehmen, die einem Totalverlust gegenüberstehen, greifen oft zu Lügen und Betrug“ (Kap. 4). Letzteres Zitat markiert einen direkten Angriff auf die Fossilindustrie, die im Buch naturgemäß schlecht wegkommt. Zwar werden derartige Aussagen stichhaltig belegt, doch stellenweise ist die Argumentation spürbar von der persönlichen Haltung des Autors geprägt.

In einem Erneuerbaren Energien dominierten, volatilen Strommarkt Residualkraftwerke benötigt werden, um die Dunkelflaute zu überstehen. Atomkraftwerke könnten diese Funktion aufgrund hoher CAPEX nicht einnehmen. | Credit: Tim Meyer, Strom

Mit stilistischen Mitteln wie anschaulichen Vergleichen und pointierten Wortneuschöpfungen gelingt es Tim Meyer, zentrale Aussagen eindrücklich zu vermitteln. In Kapitel 5.1 etwa vergleicht er den fehlenden Klimaschutz mit einer Kleinfamilie, der die Wohnung mit einjähriger Frist gekündigt wird und die dennoch untätig bleibt, bis das Problem unlösbar geworden ist. Solche Bilder bleiben im Kopf. Auch Metaphern wie die „fahrende Heizung“ (Kapitel 3.4) – eine treffende Beschreibung für Verbrennerautos, die rund 80 Prozent der Energiezufuhr als Wärme abgeben – verankern komplexe Zusammenhänge auf prägnante Weise.

Die Grafik zeigt die Effizienzausbeute der eingesetzten Energie für den gewünschten Effekt. So setzen E-Autos 75% der Primärenergie in Bewegung um, während ausgereifte Verbrenner nur auf 25% kommen. | Copyright: Tim Meyer, Strom

Ergänzt wird diese Rhetorik durch direkte Leseransprache und eine bisweilen drastische Wortwahl. So bezeichnet Tim Meyer die Vielzahl widersprüchlicher politischer Erzählungen zur Energiewende als „Kakofonie“ (Kapitel 6.1).

All diese Stilmittel tragen zu einem flüssigen, einnehmenden Erzählton bei, der das Buch inhaltlich zugänglich macht und dafür sorgt, dass man es nur ungern aus der Hand legt.

 

Das charakteristischste Erzählelement bleibt Meyers ungebrochener Optimismus für eine funktionierende Energiewende, der sich durch das gesamte Buch zieht. Gestützt durch Wirtschaftsdaten, Analysen, und Marktmechanismen versichert Tim Meyer glaubhaft: „Der Markt hat längst entschieden. Wir befinden uns am Anfang einer riesigen Skalierungswelle im Bereich Erneuerbare Energien, die wirtschaftlich absolut sinnvoll ist.“

Die konsequente Verwendung von Futur I in den Zukunftsszenarien (Kap. 3.5) des Autors suggeriert, dass diese Zukunft eintritt. Gleichzeitig ist dieses rhetorische Mittel zentral für den Optimismus, der das Buch trägt.  

An ausgewählten Stellen ist Meyers Optimismus allerdings so ausgeprägt, dass er Technologien, deren Marktreife und Umsetzbarkeit noch nicht gesichert ist – wie etwa den künftigen Einsatz von Wasserstoffkraftwerken (Kap.5.1) – als praktisch gesetzt darstellt. Auch die derzeit spürbaren politischen, medialen und zum Teil gesellschaftlichen Gegenbewegungen zu Erneuerbaren Energien und Klimaschutz werden zwar erwähnt, in ihrer möglichen Bremswirkung für den Hochlauf jedoch aus meiner Sicht unterschätzt. Meyers Vertrauen darauf, dass Effizienz und Kosten den Markt treiben und damit die Richtung der Energiewende bestimmen, bleibt ungebrochen: Eine Sichtweise, die nicht alle Leser teilen dürften.

Den Höhepunkt der positivistischen Erzählweise nimmt das Schlusskapitel (6.4) ein, welches den Charakter einer energischen Ansprache hat. Gespickt von Aktivismus, einer klaren Zielstellung und der ungebrochenen „Can do“-Attitude entlässt der Autor den Leser voller Tatendrang und Optimismus.

Fazit

Strom ist ein Buch für alle, die sich fundiert und faktenbasiert mit dem Thema erneuerbare Energien auseinandersetzen möchten – jenseits von Ideologie oder emotionaler Aufladung. Tim Meyer liefert keine polemischen Zuspitzungen, sondern eine sachlich strukturierte, verständlich erklärte und wissenschaftlich belegte Darstellung zentraler Fragen der Energiewende. Wer Klarheit sucht statt Schlagworte, findet hier einen ebenso informativen wie zugänglichen Einstieg in eines der drängendsten Themen unserer Zeit.

Eine klare Empfehlung für Branchenkenner, die ihr Wissen auffrischen wollen, ebenso wie für interessierte Laien, und für alle, die im Bekanntenkreis noch immer über die Existenz des menschengemachten Klimawandels, die Sinnhaftigkeit von Erneuerbaren Energien oder „Technologieoffenheit“ diskutieren müssen. Denn Strom liefert die beste Munition für eine sachliche und fundierte Debatte.

Über Tim Zeige

Profilbild zu: Tim Zeige

Als Projektleiter Wasserstoffwirtschaft Norddeutsches Reallabor (NRL) & operative Begleitung der Norddeutschen Wasserstoffstrategie (NDWS) unterstütze ich das Team der EEHH vielfältig: (B2B) Kommunikation & Marketing, Redaktionelle Tätigkeiten Events uvm. Besonders treibt es mich an meine Fähigkeiten einzusetzen, um innovativen Technologien wie Wasserstoff eine Bühne zu bieten.

von Tim Zeige