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Nationale Wasserstoffstrategie kann nur mit beschleunigtem Ausbau Erneuerbarer Energien gelingen Gastbeitrag von Dr. Simone Peter, Präsidentin Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)

Nach langem Warten hat die Große Koalition endlich ihre Wasserstoffstrategie vorgelegt. Sie kündigt darin zwar grünen Wasserstoff an, aber ein Plan für die Verknüpfung von Erneuerbaren Energien und Wasserstoff, die den Wasserstoff sauber und damit zukunftsfähig macht und die Wertschöpfung vor Ort sichert, fehlt bislang.

Nationale Wasserstoffstrategie kann nur mit beschleunigtem Ausbau Erneuerbarer Energien gelingen
Dr. Simone Peter, BEE

Anstatt im großen Stil über Wasserstoffimporte nachzudenken, sollte zuerst das vorhandene Potenzial auf dem heimischen Markt erschlossen und der Markthochlauf für Elektrolyse-Technologien gestartet werden. Der Ausbau aller Erneuerbaren Energien muss dafür beschleunigt werden. Denn obwohl der Energieverbrauch durch die Corona-Krise zeitweilig stark gesunken ist, wird er langfristig wieder ansteigen. Für das Erreichen der Klimaziele muss dieser Bedarf mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Nach BEE-Berechnungen droht uns aber aufgrund der zu geringen Ökostromproduktion und zu geringer Bruttostromverbrauchsannahmen bis zum Jahr 2030 eine gigantische Ökostromlücke von 100 Terawattstunden. Die Elektrifizierung von Wärme und Verkehr und die wachsende Sektorenkopplung werden nach allen Prognosen den Strombedarf weiter steigen lassen. Beim Erneuerbaren-Ausbau muss also erheblich nachgesteuert und der überfällige Fahrplan für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bis 2030 endlich vorgelegt werden. Hieran sind dann die notwendigen gesetzlichen Bestimmungen, wie die EEG-Novelle, zügigere Genehmigungsverfahren und Flächenausweisungen zu knüpfen.

Eine weitere Maßnahme kann sein, den EEG-Anlagen, die in den kommenden Jahren aus der EEG-Förderung fallen, den wirtschaftlichen Weiterbetrieb zu ermöglichen. Hier wartet nahe an der Erzeugung grünen Stroms ein immenses Potenzial für die Umwandlung in grünen Wasserstoff. Dafür braucht es jetzt den nötigen regulatorischen Rahmen. So kann bereits zu Beginn des Jahres 2021 grüner Wasserstoff zu vertretbaren Kosten für Industriebedarfe erzeugt und ein Teil des von der Bundesregierung auf 20 TWh geschätzten Bedarfs regional gedeckt werden. Der Import von grünem Wasserstoff, der perspektivisch nicht ausgeschlossen werden kann, muss an strenge Nachhaltigkeitskriterien entlang der gesamten Produktions- und Transportkette gekoppelt werden.

Für funktionierende Geschäftsmodelle bei der Erzeugung grünen Wasserstoffs ist die Befreiung von EEG-Umlage und Netzentgelten bei den dafür genutzten Erneuerbaren Energien sinnvoll. Außerdem sollte der Einsatz des Wasserstoffs aus Effizienzgründen auf die Bereiche fokussiert werden, in denen die direkte Verwendung von Erneuerbaren Energien nicht möglich ist, also vorrangig im Industriesektor, z.B. zur Stahlerzeugung. Denn Wasserstoff wird als Tertiärenergieträger immer ein kostbares Gut bleiben.

Über die Autorin:
Simone Peter ist seit März 2018 Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) e.V., dem Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche. Die promovierte Biologin war von 2013 bis 2018 Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von 2009 bis 2012 Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr des Saarlandes. Davor arbeitete sie für die Vereinigung EUROSOLAR (2001-2004) und initiierte 2004 die Agentur für Erneuerbare Energien mit, deren erste Geschäftsführerin sie war.

https://www.bee-ev.de/

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