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Nachbericht: Konferenz Energiesysteme im Wandel Strom, Wärme, Verkehr, Industrie
Die Gestaltung der Energietransformation stand im Mittelpunkt der dritten Stadtkonferenz „Energiesysteme im Wandel – Strom, Wärme, Verkehr, Industrie“. Am bislang heißesten Tag des Jahres diskutierten auf Einladung des Clusters Erneuerbare Energien Fachleute aus Energiewirtschaft, Wissenschaft, Industrie und Politik über Perspektiven, Prioritäten, Tempo und neue politische Rahmenbedingungen. Zwischen Realitätschecks, technologischer Vielfalt und ambitionierten Zielen wurde deutlich: Hamburg will nicht nur mithalten, die Stadt strebt eine Vorreiterrolle an.

Jan Rispens, Geschäftsführer EEHH und Gastgeber der Veranstaltung, gab in seinem Grußwort einen Kommentar zu den veränderten politischen Rahmenbedingungen für die Energietransformation ab. Die Energienetze, also Strom- und Gasleitungen, spielten eine sehr relevante Rolle für die Klimatransformation und es habe im letzten Jahr relevante Fortschritte und Investitionsankündigungen gegeben. Jedoch hätte sich der politische Rahmen nach der Bundestagswahl geändert: Ein signifikant niedrigeres Investitionsbudget für klimafreundliche Energieinfrastruktur und der Gedanke, Gaskraftwerke aus Mitteln des Klimatransformationsfonds zu finanzieren, sei eine hoch relevante Diskussion und nehme unweigerlich auch Einfluss auf Hamburg. Dennoch seien die Projekte in Hamburg „gut unterwegs“, wenn es auch „noch viel zu tun“ gebe. Für eine erfolgreiche Transformation spiele Akzeptanz bei Bevölkerung und Wirtschaft die Schlüsselrolle.
Die Relevanzfrage stellt sich nicht

Dr. Alexander von Vogel, Staatsrat in der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), pflichtete Jan Rispens bei: Es gebe kein gesellschaftliches Thema, welches nicht an die Energietransformation angeschlossen sei. Die Relevanzfrage stelle sich nicht. „Die Transformation ist unumkehrbar“ stellte er fest, allerdings werde sie momentan gebremst durch Initiativen wie die Errichtung der angesprochenen konventionellen Gaskraftwerke. Solche Entwicklungen würden sensibel von der Wirtschaft beobachtet und gefährdeten die dringend benötigte Planungssicherheit.
Laut Hamburgischem Klimaschutzstärkungsgesetz hat sich die Hansestadt verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu sein. Um diese Ziele zu erreichen, brauche es enge Vernetzung und Kooperation von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung. Eine gut strukturierte Verwaltung sei ein riesiger Hebel für die Energietransformation und Hamburg brauche Best Practices, um dies zu untermauern. Der Rückkauf der Energienetze durch die Öffentlichkeit habe Hamburg befähigt, die Klimawende wirksam voranzutreiben. „Wir haben die energiepolitische Souveränität in unseren Händen.“, betonte der Staatsrat. Eine vollständige Dekarbonisierung und Defossilierung in Hamburg sei realistisch durch Sektorenkopplung und das geplante Wasserstoffnetz. Dr. Alexander von Vogel forderte „Fachlichkeit und Sachlichkeit“ in einer Debatte, die momentan sehr von Meinungen dominiert werde. Hamburg habe mit hohen Investitionen in die Energienetze und Energiewerke von 4,5 Milliarden Euro einen riesigen Hebel für die Transformationen. Baustellen seien notwendig, allerdings müssten Unternehmen und Verwaltung besser werden in Koordinierung und Kommunikation dieser Maßnahmen und einen klaren Plan für mehr Akzeptanz entwickeln. Zuletzt, „[…] müssen wir gemeinsam alles unternehmen, damit der Strompreis uns nicht die Akzeptanz kostet“, appellierte der Staatsrat. Dazu gehörten neben bürgernaher Kommunikation auch der Wille, geeignete Instrumente zu entwickeln.
Was „Technologieoffenheit“ und „Realitätscheck“ wirklich bedeuten

Im Anschluss an die Begrüßung gab Jakob Schlandt, Head of Regulation & Policy beim Hamburg Institut Consulting, in seiner Keynote einen nüchternen Ausblick auf die Entwicklung der Energiewende in Hamburg basierend auf den derzeitigen bundespolitischen Rahmenbedingungen aus Berlin.
Die bekannte „Trias aus Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimaschutz“, unter welcher die Energiepolitik betrachtet werde, sei nicht mehr im Gleichgewicht. In der bisherigen Ausgestaltung und der politischen Rhetorik seit der Regierungsbildung sei eine deutliche Prioritätenverschiebung zugunsten der ersten beiden Säulen unverkennbar. Diese Neuausrichtung sei von zwei Schlagwörtern dominiert: Technologieoffenheit und Realitätscheck.
Die Begrifflichkeit „Technologieoffenheit“ suggeriere in diesem Kontext einen neutralen Wettbewerb, werte aber strategisch Gaskraftwerke und neue Technologien wie CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) auf. Zudem werde dieser Terminus als Gegenentwurf zu den als „Verbote“ und „Ideologie“ wahrgenommenen Politikansätzen der Vorgängerregierung positioniert.
Mit dem „Realitätscheck“ solle die Energietransformation unter den Gesichtspunkten Machbarkeit, Kosten und Nutzen geprüft werden. Dabei stelle Bundesenergieministerin Katherina Reiche die Prioritäten – eine möglichst vollständige Elektrifizierung auf Basis von Erneuerbaren – infrage. Legitimiert werden solle dieser Kurs durch ein Gutachten des IW Köln, welches bis Ende August vorliegen solle und von Jakob Schlandt als „Auftragsgutachten“ beschrieben wurde. Er erwarte, dass das Gutachten einen geringeren Anstieg des Strombedarfs prognostiziere, die Systemintegrationskosten erneuerbarer Energien stärker in den Fokus rücke und diese den reinen Stromgestehungskosten gegenüberstellen werde. Dadurch würden die Kostenvorteile der Erneuerbaren, von rund 4 Cent pro Kilowattstunde, relativiert.
Diese Narrative leiten eine Neubewertung ein, bei der sich Erneuerbare Energien unterordnen. Es liege ein klarer Wechsel von einer Klima- und Ökologiedebatte hin zu einem wirtschaftlichen Diskurs vor. Infolgedessen könnte von der neuen Bundesregierung perspektivisch ein verlangsamter Ausbau der Erneuerbaren legitimiert und steuerbare Leistung (Gaskraftwerke) positiver bewertet werden. Erste Tendenzen zeigten sich bereits durch drastische Einschnitte im Haushaltsentwurf bei der Finanzierung von Wasserstoff und der Streichung jeglicher Finanzierungsmittel für systemdienliche und Offshore-Elektrolyse. Dementsprechend müsse auch Hamburg verstärkt auf ökonomische Argumente setzen, da rein ökologische Aspekte nicht länger überzeugten.
Auswirkungen Berliner Bundespolitik auf Hamburg
Die lokalen Ambitionen in Hamburg stünden im Spannungsfeld mit der nationalen Umsetzung der Energietransformation. Hamburg sei darauf angewiesen, dass der Bund die Klimaziele weiterhin verfolge. Der Ausstieg aus der Kohle sei ein Paradebeispiel dafür, denn derzeit sei diese „Brückentechnologie“ noch zu attraktiv und hemme damit den Wasserstoffhochlauf. Projekte wie die Umrüstung der Anodenöfen bei Aurubis seien äußerst robust und wiesen eine ausreichende Resilienz gegenüber der Berliner Politik auf, allerdings gelte dies nicht für alle Initiativen. Jakob Schlandt bezeichnete das Wasserstoffkernnetz sowohl bis 2032 als auch 2037 als Utopie und merkte an: „Ich bin froh, wenn die Wasserstoff-Story bestehen bleibt, aber in Kernelemente zerfällt.“ Gemeint ist damit, dass sich der Wasserstoffmarkthochlauf auf bestimmte (geografische) Bereiche, sowie Anwendungsszenarien beschränken wird. Hamburg werde dabei sicherlich als Kern bestehen bleiben.
In seinem Schlussapell zeigte der Journalist auf, dass Metropolen wie Hamburg trotz der Herausforderungen eine Chance haben, sich durch systemisch übergreifende Zusammenarbeit zu positionieren. Hamburg dürfe keine passive Rolle einnehmen, sondern müsse aktiv Produktion, sowie Infrastruktur vorantreiben und Abnehmer akquirieren. Die Stadt solle sich zudem stärker für einen Stromgebotszonen-Split einsetzen, um den Ausbau der Infrastruktur weiter anzureizen.
Hamburger Baustellen der Energiewende

Die anschließende Podiumsdiskussion mit Dr. Maik Möller, Leiter Amt Energie und Klima bei der BUKEA, Dr. Matthias Sandrock, Geschäftsführer Hamburg Institut Consulting, Jannes Elfgen, Head of Port Energy Solutions bei der Hamburg Port Authority, Kirsten Fust, Geschäftsführerin der Hamburger Energiewerke und Prof. Dr. Hans Schäfers, Leiter CC4E an der HAW und Projektsteuerer beim Norddeutschen Reallabor, beschäftigte sich mit dem breiten Thema „Baustellen der hiesigen Energiewende“.
Ein zentraler Punkt war die Planungsunsicherheit, die als ein großes Hemmnis wahrgenommen wird. Kirsten Fust bezeichnete die Energiewerke als First Mover in der Energietransformation und unterstrich, die Bedeutung von Unterstützung in der Branche, weil „wir es allein als Stadt nicht schaffen“.
Jannes Elfgen ergänzte, dass die Rolle des Imports noch unterschätzt werde, viele Chancen biete und gemeinsam genutzt werden müsse. Windkraftwerke am Hafen gebe es sonst nirgends und diese hätten einen enormen Einfluss auf die Landstrompreise.
Fehlende Strategie bei PV-Ausbau, Batteriespeichern und Transformationsflächen
Dr. Maik Möller hob hervor, dass die Hamburger PV-Strategie demnächst in die Abstimmung komme. Er erhoffe sich durch das Prädikat „Klimaschutz als überragendes Interesse“, dass die Verabschiedung und Umsetzung der Strategie schnell voranschreiten.
Dr. Matthias Sandrock und Prof. Dr. Hans Schäfers identifizierten als zentrale Baustelle in der Hamburger Energiewende, dass es keinen Flächenplan gebe, der Flächen explizit für die Energieversorgung ausweise. Aktuell müssten Flächen weggenommen oder umgewidmet werden. Prof. Dr. Hans Schäfers plädierte in diesem Kontext für eine Strategie, die Flächenbedarfe für den Transformationsprozess, konkret für Erneuerbare, Speicher und Netze, berücksichtigt.
Ebenfalls fehle es an einer Strategie für Batteriespeicher, merkte der HAW-Professor an: Die vorhandene Kooperationsbereitschaft und Aufbruchsstimmung in diesem Sektor sei gut, aber nicht mit einer Strategie gleichzusetzen. Da Erneuerbare keine konstante Stromlieferung garantierten, seien Speicher unerlässlich, aber große Batteriespeicher fehlten derzeit noch, ebenso wie eine Koordination für systemische Speicher. Er sei jedoch optimistisch, dass zukünftig systemische Speicher in und um Hamburg entstehen würden.
Scheitert die Wärmewende an der sozialen Frage?
Für die Transformation in der Wärmeversorgung sei es ein großes Glück, dass die Energiewerke in kommunaler Hand seien, stellte Dr. Matthias Sandrock heraus. Die Energiewerke seien ein starker Player, der vorangeht, was sich daran zeige, dass Pläne, die lange in der Schublade gelegen hätten, wie die Nutzung industrieller Abwärme von Aurubis für die städtische Fernwärme, endlich umgesetzt würden.
Beim Thema Wasserstoff waren die Meinungen im Plenum gespalten. Kirsten Fust setzte sich dafür ein, den Wasserstoffhochlauf weiterhin voranzutreiben, da dies perspektivisch ein guter Ersatz für Erdgas sei. „Hamburg muss bei Wasserstoff am Ball bleiben, sonst werden wir überholt“, bekräftige sie. Entscheidend sei die Frage nach der Wirtschaftlichkeit – im Kontext des Heizens bei Endverbrauchern sei Wasserstoff nicht vorgesehen.
Prof. Dr. Hans Schäfers erwiderte, dass zwar ein Großteil des Wasserstoffs für die Dekarbonisierung der Industrie vorgesehen sei, es jedoch eine Alternative in der Wärmeversorgung privater Haushalte brauche, wenn das Gas abgeschaltet werde. Viele Menschen könnten oder wollten sich keine Wärmepumpe leisten – für sie brauche es passende Alternativen. „An der Frage, Was passiert, wenn wir das Gas abschalten? entscheidet sich, ob die Wärmewende scheitert oder gelingt“, schloss er pointiert seinen Beitrag.
Wasserstoff im Markthochlauf – Status Quo und Blick in die Zukunft
In Bezug auf den industriellen Nutzen von Wasserstoff herrschte Einigkeit auf dem Podium: Die Ziele von 10 GW Elektrolyse bis 2030 seien unrealistisch und unabhängig von der erst später ausgearbeiteten Regulatorik (Contracts for Difference & RED III) beschlossen worden, erklärte Jannes Elfgen. Die Preislücke zwischen dem, was Produzenten für Wasserstoff verlangen und Abnehmer bereit sind zu zahlen, sowie fehlende Abnehmer aus der Industrie, seien die größte Problematik. Mit weniger strengen Vorgaben hätten einige der nun abgesagten Projekte möglicherweise realisiert werden können. Prof. Dr. Hans Schäfers pflichtete Jannes Elfgen in diesem Punkt bei und führte das Norddeutsche Reallabor (NRL) in diesem Kontext an: Das NRL sei mit großen Ambitionen bei den Ausbauvorhaben gestartet, die letztendlich nicht alle umgesetzt wurden. Mit einer „lockereren“ Regulatorik wären diese Projekte womöglich realisiert worden, was auch Einfluss auf die heutige Preisgestaltung von Wasserstoff gehabt hätte. Daher sei eine Anpassung der Regulatorik für den Markthochlauf unerlässlich. Dr. Matthias Sandrock ergänzte, dass kein Unternehmen, ohne Zusicherung für zukünftige Preisaussichten in Wasserstoff investieren würde. Modelle wie H2 Global, die Preise und Abnahmen garantierten seien ein guter Weg, dieses Problem mittelfristig zu lösen.
Kirsten Fust schloss das Panel mit einem Blick nach Moorburg: „Nach dem 100 MW Elektrolyseur lecken sich alle die Finger. Unser Ziel muss es sein, dies wirtschaftlich hinzubekommen und dann zu definieren, wie es weitergeht.“
Im Anschluss an das Plenum gab es eine Fragerunde und kurze Pause, in der die Teilnehmer mit den Gastgebern, Panelteilnehmern, Sprechern und Sponsoren NRL, Enlite, Planhof und Ramboll in Kontakt treten und Netzwerken konnten. Neben den Sponsoren und der BUKEA war auch das clusterübergreifende Projekt "KLIMAready" vor Ort. Das EU geförderte Vorhaben unterstützt die cluster- und unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und ist ein weiterer Baustein, damit die Klimaziele der Hansestadt erfolgreich erreicht werden können.
Energiebedarfe auf Stadtteilebene denken
Die zweite Konferenzhälfte war geprägt von pointierten Fachvorträgen der Kooperationsunternehmen Hamburger Energienetze, Hamburger Energiewerke, hySOLUTIONS und der Helmut Schmidt Universität.
Den Anfang machte Dr. Amra Jahic, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Helmut Schmidt Universität, die einen Zukunftsausblick auf die Energiebedarfe für die Mobilität in Hamburg im Jahr 2050 gab. Hamburg habe 103 Stadtteile (exklusive Neuwerk), die aufgrund Ihrer Lage, gewerblichen, residentialen oder industriellen Ausprägung, äußerst unterschiedliche Energiebedarfe für Verkehr hätten. Beispielsweise sei davon auszugehen, dass die Schiffe am Hafen große Mengen an Landstrom benötigen, während in Wohngebieten, wie Wellingsbüttel, Lastspitzen am Abend bestünden. Die Energiebedarfe im Jahr 2050 dürften daher nicht stadtübergreifend gedacht werden, sondern müssten auf der Stadtteilebene basieren. Die Studie der HSU schaute sich die Bedarfe in drei Schritten an: 1. Hochlaufprognose, 2. Energieverteilung, 3. Energiebedarfe. Die Ergebnisse basierten u. a. auf Simulationen und historischen Daten und lassen sich übersichtlich in einer eigens angelegten App einsehen.
Ladeinfrastruktur gemeinsam denken, statt kleinteiligem Aufbau

Marvin Coböken, Senior Projekt Manager E-Mobilität bei hySOLUTIONS, gab einen Einblick in den derzeitigen Ausbau der Ladeinfrastruktur im Schwerlastverkehr. E-LKWs mit einer Reichweite von 500 Kilometern existierten bereits und bis 2030 sollen 1/3 aller Fahrten emissionsfrei erfolgen. Derzeit sei die Ladeinfrastruktur überschaubar, solle perspektivisch aber stark wachsen. Die Bedarfsanalyse habe gezeigt, dass 81 % der Ladekapazitäten bei Industriepartnern, sprich auf den Betriebshöfen, entstehen müssten und nur 19 % auf öffentlicher Fläche, also auf der Strecke. Der private Raum dominiere dementsprechend die Ladeinfrastruktur. Um die Wirtschaftlichkeit dieses Ausbaus zu erhöhen, habe hySOLUTIONS einen Maßnahmenkatalog entwickelt, der u. a. darauf setzt, die Ladeinfrastruktur gemeinsam zu denken (keine individuellen, sondern gemeinsame Lösungen), Asset-Sharing bei der vorhandenen Ladeinfrastruktur (z. B. Vermietung von Ladezeitfenstern) und eine Übersetzung der Gigawattstundenbedarfe der Akteure in Ladepunkte. Diese Transformation könne nur gelingen, wenn private und öffentliche Akteure eng zusammenarbeiten.
Netz der Zukunft: Ohne Blindleistungsmanagement kippt das System

Dr. Davood Babazadeh von den Hamburger Energienetzen erklärte dem Publikum in seinem Fachvortrag, was Blindleistung im Verteilnetz ist und warum deren Kompensation eine immense Bedeutung für die Energienetze der Zukunft hat. Die derzeitigen Netze könnten die zu erwartenden ansteigenden Strombedarfe in Verkehr, Wärme und bei der Produktion von Wasserstoff nicht decken, weshalb Netzausbau notwendig sei. Anhand der Analogie eines großen Tandems erklärte Davood Babazadeh, dass Blindleistungsmanagement für das Netz der Zukunft zentral sei, da die Netzstabilität gehalten und Netzverluste minimiert werden sollten.
Ausbau trotz unsicherer Rahmenbedingungen: „Vollgas für die Energiewende“
Einen Einblick in das Thema Wasserstoffnetzausbau in Hamburg gab Dr. Peter Wolffram, Geschäftsführer, Hamburger Energienetze. Auch wenn Wasserstoff momentan weniger „spannend“ sei, baue die HNE das Wasserstoffnetz HH-WIN kontinuierlich aus. In Hamburg seien 40 Kilometer geplant und 20 weitere sollten ins Kernnetz eingebracht werden. Damit werde Hamburg auch an den European Hydrogen Backbone mit einer geplanten Länge von knapp 60.000 Kilometern angeschlossen. HH-WIN seien 4 Kilometer bereits gebaut, 7,5 Kilometer konnten von einer bestehenden Gasleitung umgerüstet werden und die verbleibenden Kilometer hätten den Zuwendungsbescheid erhalten, seien in der Anlageplanung oder bereits im Bau. Dr. Peter Wolffram zeigte sich zuversichtlich für die Hamburger Projekte, da die Techniken für den Netzausbau ähnlich wie bei Erdgas und dementsprechend gelernt seien.
Kommunikation der entscheidende Faktor für die Akzeptanz der Energietransformation?

Stefan Kleimeier, Leiter Kommunikation bei den Hamburger Energiewerke, gab einen Einblick in die Kommunikation zu Großprojekten und deren Auswirkung auf Bürgerakzeptanz bei Bauvorhaben. In der öffentlichen Berichterstattung entstehe häufig das Bild, dass viele Projekte scheitern oder nicht wie geplant realisiert werden. Ein prominentes Beispiel sei „Stuttgart 21“. Die Folge: Projekte würden beklagt. Ein Zustand, der unbedingt verhindert werden müsste, da eine Klage einen Bauverzug von mindestens zwei Jahren bedeute. Um Klagen vorzubeugen sei eine hohe Akzeptanz der Projekte unter den beteiligten Stakeholdern notwendig. Diese könne durch gezielte Informationspolitik, Medienberichterstattung, die frühzeitige Beteiligung jener Stakeholder und den Dialog mit Interessensgruppen (z. B. Anwohner) gesteigert werden. Beispiele für Kommunikationsangebote seien Bauzaunschilder, ein Projekttelefon und E-Mail für den Austausch, Dialogboxen für Face to Face Kommunikation oder individuelle Lösungen für betroffene Stakeholder, die im Austausch entwickelt werden. Stefan Kleimeier schlussfolgerte, dass eine hundertprozentige Zustimmung nicht immer möglich sei, Kommunikation aber das zentrale Element für Akzeptanz sei und Projekte gut daran täten, zwei Prozent des Budgets in Kommunikation zu investieren, um die Akzeptanz zu erhöhen.
Moorburg: Aus Kohlekraftwerk wird Green Hydrogen Hub

Den Schlusspunkt der Konferenz setzte Burkhard Warmuth, Programmmanager Green Energy Hub Moorburg von den Hamburger Energiewerken, mit seinem Überblick zum IPCEI-geförderten Projekt in Moorburg. Der Standort biete dutzende Vorteile für die Entstehung von grünem Wasserstoff. Darunter: Anschluss an das 380 kV Höchstspannungsnetz, eine Schnittstelle zum geplanten Wasserstoffnetz, eine verkehrsgünstige Lage und die Möglichkeit, vorhandene technische Infrastruktur nachzunutzen. Die 100 MW Elektrolyse werde von Siemens Energy in Deutschland produziert und solle 2027 kommerziell in den Betrieb gehen. Ein Ausbau der Kapazität auf bis zu 800 MW sei möglich.
Mit den Worten „Wenn weniger Geld für die Energietransformation verfügbar ist, sollte diese Mittel fokussierter ausgegeben, anstatt mit der Gießkanne verteilt werden. Hamburg bietet viele sinnvolle Projekte“, leitete Jan Rispens zum informellen Teil des Abends über. Bei Essen und Getränken tauschten sich die Teilnehmer:innen noch angeregt über die Fachvorträge aus und ließen den Abend ausklingen.