Details

"Klimakrise wird noch viel größere Probleme mit sich bringen als Corona" Interview mit Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann zur Corona-Krise

Im folgenden Interview erläutert Hamburgs Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Michael Westhagemann, wie wichtig die Erneuerbare-Energien-Branche gerade in der jetzigen Situation ist und welche Rolle Wirtschaftscluster wie EEHH jetzt einnehmen sollten.

Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (BWVI)

EEHH: "Herr Senator Westhagemann, wir freuen uns, dass Sie sich in dieser bewegten Zeit ein wenig Zeit für unsere Interviewfragen nehmen. Zunächst: wann wurde Ihnen persönlich die Tragweite der Corona-Krise für die Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland und infolgedessen auch für Hamburg bewusst? Gab es bestimmtes Schlüsselerlebnis?

Senator Westhagemann: "Die Tragweite hat sich ja sukzessive verändert. Insofern gab es kein Schlüsselerlebnis sondern eine Bewusstseinsveränderung bei jedem Einzelnen angesichts der steigenden Zahlen in der Welt."

EEHH: "Die Erneuerbare-Energien-Branche war schon vor der Corona-Krise stark herausgefordert durch viele bundespolitische Hemmnisse. Wie planen Sie, diese wichtige Branche, die einen Teil der kritischen Infrastruktur darstellt, zukünftig aus Hamburger Perspektive zu unterstützen?

Senator Westhagemann: "Wir unterstützen die  Erneuerbare-Energien-Branche in Hamburg seit Jahren an verschiedenen Stellen, beispielsweise durch das EEHH-Cluster, über Projekte wie NEW 4.0 und das Norddeutsche Reallabor, über den Energieforschungsverbund und eine Reihe anderer Maßnahmen, auch im Förderbereich – das wird sich auch nach der Corona-Krise nicht ändern. Auch die bundespolitischen Hemmnisse werden in einigen Wochen aller Voraussicht nach noch da sein. Das, worauf wir bauen, ist, dass sich aus der Corona-Krise verschiedene Erkenntnisse ergeben, nämlich 1. dass die Klimakrise noch viel größere Probleme mit sich bringen wird als Corona, wenn wir jetzt nicht schnell ins Handeln kommen, und 2. dass unsere Regierungen in Bund und Ländern durchaus in der Lage sind, schnelle und einschneidende Maßnahmen umzusetzen, wenn es erforderlich ist. Dies kombiniert sollte uns dazu motivieren, das Thema Energiewende und Klimawandel mit noch mehr Entschlossenheit anzugehen. Hamburg wird hier mit Sicherheit, auch in der Positionierung dem Bund gegenüber, nicht nachlassen – im Gegenteil. Die Klimakrise darf auf Grund der Corona-Krise jetzt nicht in den Hintergrund rücken."

EEHH: "Wann kam Ihnen die Idee mit dem Corona-Schutzschirm für die Freie und Hansestadt Hamburg? Wer war an der Entwicklung und Umsetzung konkret beteiligt?"

Senator Westhagemann: "Mit dem Erlass der Allgemeinverfügung und dem herunterfahren der Wirtschaft in Hamburg war uns klar, dass wir Maßnahmen ergreifen müssen, um die Hamburger Wirtschaft zu unterstützen. Gemeinsam mit meinen Kollegen, Senator Andreas Dressel und Senator Carsten Brosda, haben wir überlegt, wie wir unseren Beitrag dazu leisten können denen zu helfen, die jetzt in finanzielle Not geraten sind.

Ebenso klar war, dass wir auch von Seiten der Stadt Hilfsmittel auf den Weg bringen wollten, um den Unternehmen in Hamburg Unterstützung über das Programm des Bundes hinaus zukommen zu lassen. Dass die Hilfe hierbei schnell und unkompliziert auf den Weg gebracht werden muss, war für uns selbstverständlich.

Die Entwicklung des Hamburger Corona Schutzschirms selbst haben wir dann gemeinsam mit der IFB Hamburg auf den Weg gebracht. Selbstverständlich waren an der Entwicklung und Umsetzung auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hamburger Verwaltung auf den Fachebenen eng mit einbezogen. Die hier, wie ich finde, in kürzester Zeit einen sehr guten Job gemacht haben."

EEHH: "Wie ist die Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium abgelaufen? Wie wird zukünftig die Zusammenarbeit aussehen?"

Senator Westhagemann: "Die Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium ist sehr früh gestartet. Erste Treffen auf Minister- bzw. Senatorenebene haben schon Anfang März in Berlin stattgefunden. Seit dem gibt es einen regelmäßigen Austausch mit dem Bund und den Ländern auf den unterschiedlichen Ebenen. Was meiner Meinung nach bisher auch gut funktioniert. Gemeinsam haben wir es z.B. geschafft, den Hamburger Corona Schutzschirm mit dem Bundesprogramm zu verzahnen. So müssen die Antragsteller nur einmal bei uns  einen Antrag stellen, beantragen damit aber gleichzeitig die Hilfe von Land und Bund. Und das dann auch noch völlig digital und medienbruchfrei, so dass die Anträge z.B. schnell vom heimischen Laptop aus gestellt werden können."

EEHH: "Was erwarten Sie sich als Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation von der Hamburger Wirtschaftsclustern in dieser herausfordernden Phase? Welche Rolle können Sie für die Hamburger Wirtschaft einnehmen?"

Senator Westhagemann: "Die Hamburger Clusterstruktur hat sich in den letzten Wochen absolut bewährt. Die Cluster fungieren als Informationsknotenpunkt, um einerseits die Situation in den Unternehmen aufzunehmen und drängende Fragen und Probleme an die BWVI weiterzugeben, sodass wir darauf reagieren können. Andersherum stehen die Clusteragenturen den Unternehmen als Ansprechpartner zur Verfügung und können Informationen, z.B. über den Schutzschirm der Stadt oder die Beantragung von Kurzarbeit, weitergeben. Das hilft uns dabei, unsere Hotlines zu entlasten. Besonders beeindruckend finde ich auch die Zusammenarbeit der Cluster untereinander, zum Beispiel bei der Koordination von Arbeitskräfte-Austausch zwischen Branchen, die gerade stark von Auftragsrückgängen betroffen sind wie die Luftfahrt, und Branchen, die zusätzliches Personal benötigen wie bspw. der Life-Science-Sektor. Auch bei der Herstellung dringend benötigter Schutzausrüstung unterstützen viele 'Quereinsteiger', bspw. aus dem Luftfahrtbereich, um die aktuelle Bedarfslage zu bedienen. All das zeigt uns, dass den Netzwerken, die wir seit Jahren in unserer Stadt etabliert und gepflegt haben, eine große Bedeutung und ein hoher Wert, gerade – aber natürlich nicht nur – in  Krisenzeiten, zukommt."

Wir danken Ihnen herzlich Herr Senator Westhagemann, dass Sie sich in dieser turbulenten Phase die Zeit genommen haben, uns Rede und Antwort zu stehen. Das EEHH-Cluster wünscht Ihnen und der gesamten BWVI weiterhin viel Tatkraft und Motivation für den Corona-Schutzschirm und alle weiteren Maßnahmen!

Über Astrid Dose

Profilbild zu: Astrid Dose

Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

von