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Journalistische „Übersetzung“ technischer Inhalte notwendig Interview mit Medienpreis-Juror Jens Schröder
Im Gespräche erläutert der freie Journalist Jens Schröder seine Begeisterung für technische Themen und sein Engagement für den EEHH-Medienpreis.

EEHH: Sie sind seit kurzem Mitglied in unserer Jury für den EEHH-Medienpreis. Bitte skizzieren Sie kurz Ihre journalistische Laufbahn. Auf welche Projekte konzentrieren Sie sich aktuell und warum?
Jens Schröder: „Ich bin ja aus der Generation, wo alle unbedingt ‚was mit Medien‘ machen wollten ¬ – und bin dann konsequenterweise nach dem Studium (Politikwissenschaft + VWL) an die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg gegangen. Okay, Hamburg schon auch, weil meine damalige Freundin und heutige Frau hier schon lebte… Vorher hatte ich schon Lust auf internationale Themen entwickelt, als ich bei Zeitungen und Radiosendern in Singapore, Australien und vor allem Südafrika frei gearbeitet habe. So bin ich nach der Ausbildung auch bei einem sehr internationalen Medium ‚hängen geblieben‘, nämlich bei GEO, wo ich dann in 20 Jahren tatsächlich alle Rollen mal durchlaufen habe: vom Praktikanten bis zum Chefredakteur, das war ich 2020-2023. (Zwischendurch hatte ich auch ein paar Jahre bei National Geographic und beim Magazin P.M.)
Heute bin ich mit einer Produktionsfirm für Wissens-Podcasts selbständig: Studio Feynstein. Wir arbeiten unter anderem für die Plattform Audible. Unser wichtigsten ‚Produkte‘ sind die 300 Folgen des Podcast ‚Sag mal, du als Physiker‘, aber auch z.B. der Klima-Podcast ‚Jetzt mal ganz in Ruhe‘, den wir mit Unterstützung der der Deutschen Bundesstiftung Umwelt realisiert haben.“
EEHH: Was begeistert Sie persönlich an technischen und naturwissenschaftlichen Themen und warum?
Jens Schröder: „Ich bin ja als gelernter Geisteswissenschaftler erst spät, nämlich bei GEO, mit technischen Themen in Berührung gekommen. Und mit hat zunächst begeistert, dass ich durch journalistische ‚Übersetzung‘ tatsächlich diese komplizierten Dinge, die die Welt zusammenhalten, verstehen konnte. Gene, Atome… all die Sachen, die mir vorher so fremd geblieben waren. Und ich fand besonders toll, dass ich diese ‚Übersetzung‘ als quasi Neuling teilweise besonders wirksam selber leisten konnte. Weil ich den Experten und mir selbst ja oft genau die Verständnisfragen stellen musste, die Laien sich eben auch stellen, wenn sie ‚von außen‘ solche Themen durchdringen wollten. So konnte ich mein grundsätzliches Faible für Sprache nutzen, um dieses neue Gebiet nicht nur für mich selbst, sondern auch für ‚mein‘ Publikum zu erschließen.“
EEHH: Wir freuen uns sehr, dass Sie der Jury für unseren EEHH-Medienpreis beigetreten sind. Was reizt Sie an dieser Aufgabe? Was erhoffen Sie sich davon?
Jens Schröder: „Mit Themen rund um Energie und Klima befassen wir uns in unseren Physik-Podcasts natürlich sehr häufig. Und ich bin überzeugt: Die oft hitzige Debatte in diesem Feld wäre zielführender, wenn mehr Leute mehr wissen würden. Nicht Wissen im Level eines Physikstudium, das ist gar nicht nötig. Aber jeder und jede kann verstehen, was ein Wirkungsgrad ist, und wie sich verschiedene Formen der Energienutzung in dieser entscheidenden Größe unterscheiden. Nur zum Beispiel. Es mangelt immer noch an journalistischen Angeboten, die das wirklich mit kühlem Kopf und ohne den oft wenig hilfreichen erhobenen Zeigefinger erklären. Vielleicht sogar mit Spaß an der Komplexität. Und mit einer gelungenen Gratwanderung von Vereinfachung und Seriosität. Solche Arbeiten zu prämieren, und Anreize zu bieten, damit diese Art der Vermittlung noch häufiger geleistet werden kann – das finde ich eine sehr noble Aufgabe.“
EEHH: Wir leben aktuell in einer Zeit enormer medialer Umbrüche. Mark Zuckerberg hat angekündigt, den „Faktencheck“ abzuschaffen. Wie nehmen Sie dieser Umwälzungen wahr? Wie können und sollen Gesellschaft und Politik darauf reagieren?
Jens Schröder: „Ich finde Faktenchecks sehr wichtig – wir haben bei GEO eine zu Recht sehr selbstbewusste Abteilung für die Dokumentation der Texte gehabt. Bei Facebook allerdings halte ich diese Ankündigung nicht für so dramatisch, wie sie oft wahrgenommen wird. Die bisherige Faktencheck-Leistung, die jetzt zumindest teilweise abgeschafft wird, war ja ohnehin nicht besonders effektiv. Wir werden sehen, was die Einführung von ‚Community Notes‘ wie bei Twitter bringt. Bei Wikipedia ist die Community ja recht effektiv. Aber generell ist das Signal dieser ‚Unterwerfungsgeste‘ von Mark Zuckerberg natürlich verheerend, auch wenn die tatsächlichen Auswirkungen zunächst möglicherweise nicht so riesig sein werden.“
Vielen Dank für das spannende Interview und die interessanten Einblicke. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen!