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IW³ - ein erkenntnisreiches Projekt

Im folgenden Gespräch berichtet Thomas-Tim Sävecke, Geschäftsbereichsleiter Engineering, Hamburger Energiewerke, über erste Erkenntnisse aus dem Reallabor Intergrierte Wärmewende Wilhelmsburg, IW³.

IW³ - ein erkenntnisreiches Projekt

EEHH: Welche geologischen Erkenntnisse konnten Sie bei den Bohrungen Ihres Geothermieprojekts in Hamburg-Wilhelmsburg gewinnen?

Thomas-Tim Sävecke: "Vor der Hacke ist es duster – dieser alte Bergmannsspruch galt auch für uns, als wir mit unserer Erkundungsbohrung auf über 3.000 Meter Tiefe gestartet sind. Auch wenn wir vorab eine Vielzahl an Daten aus umliegenden Bohrungen ausgewertet und eigene seismische Messungen durchgeführt haben, die Erkundungsbohrung war erforderlich, um den tatsächlichen Aufbau der geologischen Schichten und das geothermische Potenzial in Hamburg-Wilhelmsburg festzustellen. Dabei wurden wir durch das umfangreiche wissenschaftliche Forschungsprogramm des Verbundvorhabens mesoTherm unterstützt und begleitet. Erstmalig wissen wir jetzt im Detail, wie genau unser Hamburger Untergrund aussieht: Die Rhät-Sandsteine als unsere ursprüngliche Zielformation befinden sich bereits in einer Tiefe von 2.700 Metern. Sie haben sich als nicht ausreichend mächtig und durchlässig erwiesen, was jedoch die Voraussetzung für eine geothermische Thermalwasserförderung ist. Stattdessen konnten wir in einer Tiefe von zirka 1.300 Metern eine mächtige Sandsteinschicht feststellen, die wir anhand von Bohrkernen und hydraulischen Tests erstmalig auf ihr geothermisches Potenzial untersucht haben. Diese ersten Fördertests haben die Durchlässigkeit des Sandsteins bestätigt: Hier fließt Wasser!"

EEHH: Wie geht es jetzt weiter?

Thomas-Tim Sävecke: "Wir haben inzwischen innerhalb von vier Wochen unsere zweite Bohrung, die spätere Produktionsbohrung, erfolgreich auf die vertikale Endtiefe von gut 1.400 Metern gebracht, auch hier Gesteinsproben entnommen, die jetzt im Labor auf ihre Porosität und Durchlässigkeit untersucht werden. Zusammen mit den Ergebnissen aus Bohrlochmessungen und Fördertests, die wir noch durchführen wollen, haben wir dann ausreichend Informationen, um das geothermische Potenzial am Standort in Wilhelmsburg für eine mögliche Wärmegewinnung zu bewerten und eine Entscheidung zu treffen."

EEHH: Worin besteht die größte Herausforderung bei Geothermie-Projekten?

Thomas-Tim Sävecke: "Die Regionen Norddeutsches Becken, der Oberrheingraben und das Molassebecken weisen aufgrund ihrer geologischen Gegebenheiten ein Potenzial für die geothermische Wärmegewinnung auf. Doch auch in diesen Regionen bleibt die größte Herausforderung die Fündigkeit. An jeder Lokation müssen die geologischen Schichten auf ihr tatsächliches Vorhandensein, ihre Mächtigkeit, ihre Beschaffenheit und ihre Tiefenlage und damit das mögliche geothermische Potenzial spezifisch überprüft werden. Je mehr Bohrungen es in einer Region und damit auch Erkenntnisse gibt, umso mehr reduziert sich das Fündigkeitsrisiko. Während im Süden Deutschlands bereits einige Geothermie-Anlagen erfolgreich in Betrieb sind, stehen wir bei uns im Norden erst am Anfang. Daher wurde unser Projekt auch im Rahmen eines Reallabors vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima finanziell gefördert."

EEHH: Jetzt sind Sie „nur“ in 1.300 Meter fündig geworden. Was bedeutet das für das Geothermie-Potenzial in Hamburg und Norddeutschland?

Thomas-Tim Sävecke: "Mit den noch ausstehenden Fördertests wollen wir das geothermische Potenzial hinsichtlich Förderrate und Temperatur des Thermalwassers verlässlich quantifizieren und basierend auf den Ergebnissen möglichst ein tragfähiges Wärmekonzept entwickeln. Die Sandsteinschichten, die wir in dieser mittleren Tiefe erschlossen haben, sind in Hamburg und darüber hinaus relativ flächendeckend verbreitet. Dies spricht für eine Skalierbarkeit. Auch wenn wir - aufgrund der mittleren Tiefe - bei den geringeren Thermalwassertemperaturen eine Wärmepumpe einplanen müssen, um die passende Temperatur für das Wärmenetz zu erreichen, so gibt es für potenzielle Folgeprojekte durchaus auch Vorteile. Generell sind die Investitionskosten und auch das geologische Risiko, Geothermie in der mittleren Tiefe zu erschließen, deutlich geringer als bei einer Tiefenbohrung. Bei Fernwärmeleitungen, die nur Neubauten mit modernen Heizsystemen wie Fußbodenheizung bedienen und deren Vorlauftemperatur daher nur zirka 40° Grad Celsius beträgt, ließe sich das Thermalwasser aus einer mitteltiefen Geothermiebohrung sogar ohne Einsatz einer Wärmepumpe direkt verwenden.  Alles in allem sind wir zuversichtlich gestimmt, dass wir zukünftig Ökowärme fördern können."

Thomas-Tim Sävecke

Geschäftsbereichsleiter Thomas-Tim Sävecke, Hamburger Energiewerke.

Über Astrid Dose

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Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

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