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Interview mit Sigurd Weise WAB-Gastbeitrag

Wir freuen uns, den Leiter des Arbeitskreises "Gründungen und Stahlbau" der WAB, Sigurd Weise, interviewen zu dürfen.

EEHH: Bitte skizzieren Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang im Offshore-Bereich. Welches waren die wesentlichen Stationen, die Sie geprägt haben? Wo arbeiten Sie aktuell?

Sigurd Weise: "Im Februar 2010 trat ich bei WeserWind in Bremerhaven als Leiter für Forschung und Entwicklung ein. WeserWind war als Unternehmen der Georgsmarienhütte Gruppe im Stahlbau für Offshore-Gründungsstrukturen von 2003 bis 2015 aktiv. Ich erlebte die dynamischen und produktiven Jahre des Durchbruchs und musste später sehen, dass es nicht gelang, das mit der Offshore-Windenergie verbundene Baugewerbe in Deutschland zu entwickeln. Eine volkswirtschaftliche Chance blieb trotz mannigfaltiger Bemühungen ungenutzt. Groß war auch die Erwartung, schiffbauliche Traditionen in die neue Zeit überführen zu können, was insbesondere im Fall der Trafostationen nicht funktioniert hat. Die Verschiedenheit von Schiffbau und Anlagenbau/Stahlhochbau waren doch zu groß, so dass die vielen Gemeinsamkeiten keine Wirkung entfalten konnten. Viele Wegbegleiter konnten die Lasten, Unwägbarkeiten und Risiken, die Ihnen im Machtgefüge des Marktes zugedacht waren, nicht schultern und mussten den Geschäftsbereich aufgeben oder Ihre Betriebe schließen. Seit Mai 2015 bin ich bei OWT in Leer beschäftigt. OWT besteht seit 2001 und hat sich als Planungsbüro für Offshore-Stahlbau profiliert.

Im Interview

Profilbild zu: Igurd Weise

Sigurd Weise, Leiter des Arbeitskreises Gründungsstrukturen und Stahlbau der WAB.

EEHH: Sie leiten seit 2011 bei der WAB den Arbeitskreis Gründungen und Stahlbau. Wie hat sich dieser im Laufe der Zeit verändert, was Themen und Zusammensetzung betrifft?

Sigurd Weise: "Im Jahr 2011 wurden verschiedene Arbeitskreise von der wab ins Leben gerufen. Es gab zu der Zeit reichlich Aufgaben, Erwartungen und Gesprächsbedarf unter den Akteuren in Bremerhaven und umzu, nicht zuletzt deshalb, weil viele neue Mitarbeiter in die Unternehmen kamen. Mehrere wab-Vorstände, die meist auch in verantwortlicher Stellung in ihren Unternehmen tätig waren, entwickelten ihre Fachgebiete auf diese Weise. Der Geschäftsführer der WeserWind, Dirk Kassen, etablierte den Arbeitskreis Gründungen und legte mir die Entwicklung des Formates in die Hände. Wir standen selbst innerhalb unseres AK vor so unterschiedlichen Themen, dass die Einführung von Fachgruppen für notwendig erachtet wurde. Das Protokoll der ersten Sitzung vom 7.03.2011 weist noch die Themen aus: Konstruktionsstandardisierung, Genehmigung/Zertifizierung, Korrosionsschutz, Finanzierung/ Versicherung, Anforderungen an Logistik, Baugrund. Sie illustrieren die Bandbreite damals drängender Fragestellungen.

So spannend die Fragen auch waren, reichten unsere Ressourcen doch nicht, um alle Gruppen zu unterhalten. Vielmehr war es so, dass der AK sich eben diesen Themen im Rahmen seiner Tätigkeit verpflichtet hat. Nur die Fachgruppe Korrosionsschutz ist bis heute erhalten geblieben. Beim Korrosionsschutz handelt sich um ein oft spannungsreiches Schnittstellenthema, das in besonderem Maße in das Stahlbaugeschäft hineinwirkt und für Auftraggeber von besonderem Interesse ist, weil die Dauerhaftigkeit der Bauwerke von der fachgerechten Ausführung nicht unerheblich beeinflusst wird.

Die Entwicklungen auf dem Gebiet Genehmigung/Zertifizierung hat der AK an verschiedenen Stellen aktiv mit begleitet. Zuerst ist die Überarbeitung des BSH-Standard Konstruktion in den Jahren 2013 bis 2015 zu nennen. In engem Zusammenhang damit steht auch die Begleitung des DIN-Normprojektes 18088 „Tragstrukturen für Windenergieanlagen und Plattformen“ von 2012 bis 2019, dessen Vorankommen im AK gespiegelt wurde, insoweit Mitglieder dort ebenfalls aktiv waren. Dies gilt insbesondere für die in diesem Jahr erscheinende DIN SPEC 18088-13— Teil 13: Ausführung von Offshore-Stahlbauten. Ebenfalls in diesem Zusammenhang ist unsere Beteiligung an der Diskussion zum VGB/BAW-Standard Korrosionsschutz von Offshore-Bauwerken zur Nutzung der Windenergie zu sehen. In diesem Vorgang hat sich die Fachgruppe Korrosionsschutz als wirksame Struktureinheit des Arbeitskreises erwiesen.

Wo steht der AK heute? Bei aller Fluktuation und Veränderung im Branchenumfeld bildet der AK eine stabile, verlässliche Anlaufstelle für die Kollegen. Viele von ihnen und ihre Firmen halten dem AK schon über Jahre die Treue, gestalten die Inhalte mit und beleben die Diskussionen. Zu den Teilnehmern gehören Hersteller und Bauherren, Planungsbüros, Zertifizierer, Wissenschaftler und Dienstleister. Aktuell setzen wir thematische Schwerpunkte in unseren Veranstaltungen. So widmeten wir uns im Februar der Groutverbindung, beschäftigen uns im Juni mit aktuellen Entwicklungen bei Suction Buckets und im September mit ausgewählten Fragestellungen der Schraubverbindung. In der letzten Veranstaltung im Jahr wird es voraussichtlich um das Kleben gehen.

EEHH: Welches waren Ihrer Meinung nach die größten Meilensteine in der technischen Entwicklung von Offshore-Gründungen?

Sigurd Weise: "Hier würde ich zuerst Alpha Ventus nennen. Zwölf 5MW-Anlagen von zwei deutschen Herstellern in 30m Wassertiefe gingen 2010 in Betrieb. Dieses Projekt illustriert so anschaulich, dass zu der Zeit eine Realisierung mit Monopiles aus verschiedenen Gründen noch undenkbar war. Da waren die Bedenken der Geotechniker, Grenzen der Großrohrfertigung bei Durchmessern von 6m und die größten Hämmer hatten um 800kJ. Es sollte nur noch zwei, drei Jahre dauern, dass sich die Dinge änderten. Vollzogen hat den nunmehr möglichen Systemwechsel von aufgelösten Gründungsstrukturen hin zu Monopiles beispielsweise das Projekt Nordsee One. Dann wuchs das Zutrauen zu dieser Bauweise, so dass Großrohrfertiger durch bedeutende Investitionen den nächsten Schritt gingen, um sie in 40m Wassertiefe möglich zu machen. Sie konnten zu der Zeit noch nicht sicher sein, dass es Einbringverfahren geben würde, Monopiles mit 8 bis 10m Durchmesser und 1.200t installieren zu können. Wenig später sollten 3.500kJ Hämmer verfügbar sein. Was für eine atemberaubende Entwicklung! Seit 2014 wird die größte Flanschverbindung mit Bolzen der Größe M72 eingesetzt. Das Team von EON Amrumbank West hat diese Entwicklung eingebracht. Einen großartigen Fortschritt stellt die Verwendung von Suction Buckets als Gründungselemente für Windenergieanlagen dar, deren Kapazität, Zuglasten aufzunehmen, lange schwer zu bestimmen war. Heute haben wir Beispiele in Aberdeen (Vattenfall), Riffgrund (Oersted) und bald in Deutsche Bucht (Northland Power)."

https://www.wab.net/

Über Astrid Dose

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Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

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