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Import-Terminal für synthetische Treibstoffe im Hamburger Hafen Hamburg Blue Hub von Evos GmbH und Lother Gruppe

Der Lagerhalter und Umschlagsbetrieb Evos GmbH und die Mineralölhandelsgesellschaft Lother Gruppe planen die Errichtung neuer Tankinfrastruktur und einer angegliederten Tankstelle für HVO, eGTL, eFuel Diesel, eFuel 95 und 98 Oktan, Wasserstoff und eMethanol sowie grünen Strom. Jörg Bargest-Sabellek und Dirk Wullenweber geben im Interview einen Einblick in das Projekt.

Import-Terminal für synthetische Treibstoffe im Hamburger Hafen

Herr Bargest-Sabellek, Herr Wullenweber, wie kam die Kooperation zwischen den Unternehmen zustande?

Bargest-Sabellek: Das war ein Zufall, im August 2022 kamen wir auf einer Delegationsreise mit dem Ersten Bürgermeister Hamburgs nach Südamerika ins Gespräch.

Wullenweber: Evos und wir waren anfangs die Einzigen, die sich für eFuels interessierten. In den ersten Tagen ging es in erster Linie um Wasserstoff und nicht um Derivate. Mit Ulfert Cornelius, dem Geschäftsführer von Evos kamen wir mit meinem Geschäftsführer Herrn Tiede auf Methanol zu sprechen. Wir verfolgen das gemeinsame Ziel, Hamburg im Bereich alternativer Kraftstoffe wieder auf die Weltkarte zu bringen. Der Handschlag erfolgte noch am Abend in Santiago de Chile im Steakhaus.

Woher rührt Ihr Interesse an eFuels und Wasserstoff?

Wullenweber: Wir haben 2019 angefangen uns mit synthetischen Kraftstoffen zu beschäftigen, insbesondere mit GTL und im Weiteren mit HVO. Ab 2035, wenn keine neuen Verbrenner verkauft werden dürfen, wird es noch Millionen Fahrzeuge in der Bestandsflotte geben. Die großen Mineralölfirmen haben eFuel weniger im Fokus, dabei sind sie drop-in-fähig und mit entsprechender Skalierung der Produktion für unter einen Euro pro Liter zu produzieren. Insbesondere haben wir den Methanol to gasoline-Prozess (MTG) im Blick, um wasserstoffbasierte Kraftstoffe herzustellen – hier gehört unser Partner C.A.C. Engineering zu den Marktführern). Bereits heute haben wir ein 95 Oktan-Benzin aus den Forschungsprojekt DeCarTrans im Angebot, das zu 95 Prozent aus Erneuerbaren Energien hergestellt ist.

Welche Rolle haben Ihre Unternehmen in dem Gemeinschaftsprojekt?

Bargest-Sabellek: Evos ist Teil eines führenden Tanklagerbetreibers in Europa und hat bereits heute mit seinem Terminal in Hamburg eine wesentliche Versorgungsfunktion im Bereich flüssiger Energieerzeugnisse. Wir wollen die neue Lager- und Tankinfrastruktur, den „Hamburg Blue Hub“ planen und betreiben. Wir haben Erfahrungen mit den Stoffen, heute werden bereits synthetischer Diesel, aber auch andere erneuerbare Energieerzeugnisse bei uns gelagert. Wir haben genügend Kapazitäten auf unserer bestehenden Fläche, auch für neue Tanks; in Summe können wir rund 12-15 Hektar Fläche bebauen, das reicht für bis zu 200.000 Kubikmeter neuen Tankraum. Wie groß das neue Tanklager wird, wird sich zeigen und wird sich an der fortschreitenden Entwicklung orientieren.

Was muss sonst noch neugebaut werden?

Bargest-Sabellek: Zusätzlich zu den Tanks müssen die bestehenden Kai- und Hafenanlagen angepasst werden für die Be- und Entladung der verschiedenen Produkte. Die bestehenden Schiffsbrücken können wir weiternutzen. Auch müssen zum Teil neue Rohrleitungen gebaut werden. Ferner muss produktabhängige Infrastruktur gebaut werden für Stoffe, die wir bisher nicht im Portfolio haben.

Welche Baumaßnahmen stehen bei Ihnen an?

Wullenweber: Die Tankstelle muss zunächst genehmigt werden. Teil des New Mobility Hubs soll ein Information Center werden, das über die Treibstoffe und die Erzeugungsprojekte informiert. Mit dem Unternehmen DACMa GmbH bauen wir ab 1. Januar 2024 eine Anlage für Carbon Capture. Das gewonnene CO2 stellen wir der lokalen Industrie zur Verfügung.

Was bedeutet Ihnen Hamburg als Standort? Welche Vorteile sehen Sie?

Wullenweber: Wir sind ein Hamburger Unternehmen und wir haben hier unseren Schwerpunkt. Wir wollen die Energie für die energieintensiven Betriebe in Hamburg behalten und damit auch unseren Beitrag leisten, die Stadt als Innovationsstandort interessant machen. Zudem ist das Drehkreuz durch den Hafen für verschiedene Verkehrsträger essentiell. Dadurch ist das Projekt leichter zu realisieren.

Wer werden mehrheitlich Ihre Kunden sein? Auf wen zielen Sie ab?

Wullenweber: Einerseits ist das Sustainable Aviation Fuel (SAF) für die Luftfahrt, aber auch Wasserstoffderivate für Straßenverkehr. Dort vor allem für den Schwerlastverkehr sowie für die erste eFuels Raffinerie im Industriemaßstab „German eFuel One“ (ein Projekt der C.A.C. Engineering GmbH, eFuel GmbH und Oxxynova) deren Fokus die eFuels für den Straßenverkehr sind. Es ist aber noch zu früh, um einen mengenmäßigen Schwerpunkt zu benennen. Die Produkte sind bisher wenig verfügbar und prognostizierte Mengen gibt es bisher nicht. Unser Augenmerk liegt darauf, dass die Tanks verschiedene Produkte halten können. Eine Vermischung von e-fuels und herkömmlichem fossilem Treibstoff werden wir vermeiden, da bleiben wir „sortenrein“.

Bargest-Sabellek: Auch für die Betankung von Schiffen mit Methanol gibt es bereits Nachfrage, allerdings ist das alles noch wenig konkret, da sich die Märkte erst noch entwickeln müssen. Methanol an sich erfreut sich wachsenden Interesses im Rahmen der gesamten Energiewende.

Auf welche logistischen Herausforderungen stellen Sie sich ein? Ist die Tankstelle multimodal?

Wullenweber: Zunächst legen wir unser Hauptaugenmerk auf den Straßenverkehr. Bis Spätestens 2027 soll die Tankstelle fertig sein. Was darüber hinaus möglich ist, hängt auch von den Genehmigungen der Stadt ab. E-Methanol ist ein wichtiger Grundstoff für uns. Die Nachfrage ist aktuell schon sehr hoch. Ich gehe davon aus, dass in der Breite früher im Markt sein wird als Ammoniak. Es hat unter anderem die Vorteile, dass es weniger giftig ist und weniger Druck benötigt.  

Geht es rein um Kraftstoffe oder wird auch die Industrie beliefert?

Bargest-Sabellek: Ein zusätzlicher Wasserstoffimport ist ebenfalls denkbar, jedoch wird dafür eine noch einmal eigenständige Infrastruktur benötigt – das ist ein ganz eigenes Projekt, da es dafür eine separate Planung sowie Genehmigungen braucht. Dennoch betrachten wir auch den Import von Ammoniak und anderer Wasserstoffderivate bei der Ausrichtung unserer Anlage.

Können Sie sich schon zu einer potenziellen Importmöglichkeit von reinem Wasserstoff äußern?

Wullenweber: Dafür ist es aktuell noch zu früh, wir werden aber zu gegebener Zeit eine Verlautbarung machen. Ich kann schon sagen, dass ein Wasserstofftankstellenbereich angepeilt ist und wir in ein Konsortium eingestiegen sind.

Können Sie etwas zum baulichen Konzept sagen, wie es in dem Renderfilm zu sehen ist?

Bargest-Sabellek: Der Film ist als Entwurf zu sehen, er soll zeigen, dass der Terminalbetrieb nachhaltig sein soll. Nicht alles ist per se mit den Anforderungen eines Tanklagers vereinbar, etwa in Hinblick auf mögliche Gefahren durch zusätzliche Technik. Besonders im Hinblick auf den Brandschutz werden wir alle heutigen Ideen z.B. zur Energieerzeugung sehr intensiv prüfen (lassen) müssen.

Von woher werden die Produkte kommen außer aus dem Haru Oni-Projekt in Chile?

Wullenweber: Generell gilt: Überall wo Wasserstoff entstehen soll, können Derivate und efuels hergestellt werden. Dies ist unterschiedlich komplex. eMethanol ist relativ leicht herzustellen, ein eBenzin viel komplexer. Daher kann es sein, dass die letzte Produktion oder Raffinerieschritte in Europa, im besten Fall in Deutschland bzw. in Hamburg liegen werden.

Bargest-Sabellek: Grundsätzlich bleibt abzuwarten, welche der zahlreichen Projekte weltweit, die die Produktion von klimafreundlichen Energieerzeugnissen im Fokus haben, tatsächlich umgesetzt werden. Fakt ist, dass diese Produkte idealerweise dort hergestellt werden, wo erneuerbare Energie, Wind- / Solarenergie  günstig verfügbar ist, und Deutschland wird auf Importe angewiesen bleiben.

Wullenweber: Die Lother-Gruppe ist mit einem weiteren efuels-Projekt in Tunesien aktiv, welches von der Bundesregierung gefördert wird. Zudem werden erste eFuels-Anlagen in Niedersachsen gebaut. Dort wird eMethanol gebraucht, das weltweit importiert werden wird. Welche CO2-Quellen für die heimische Produktion „grün“ genutzt werden können ist regulatorisch noch offen. Technisch ist die Nutzung von Klärschlamm möglich, aber auch die CO2-Emissionen von Zementwerken sind geeignet. Hier sind aber noch einige rechtliche Hindernisse zu nehmen.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

 

Über Oliver Schenk

Profilbild zu: Oliver Schenk

Ich bin verantwortlich für den Bereich Marketing Wasserstoff und sorge dafür, dass die hiesigen Projekte und Formate in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wahrgenommen werden. Um dem vielversprechenden Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen unterstütze ich die Wasserstoffwirtschaft mit redaktionellen Beiträgen, Netzwerkveranstaltungen, Videoproduktionen und vielem mehr.

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