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Große Chancen – die PV- und EE-Nutzungspflichten im neuen Hamburgischen Klimaschutzgesetz

Im Februar 2020 trat das neue Hamburgische Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG)in Kraft. § 16 beabsichtigt, alle geeigneten Dachflächen mit Photovoltaikanlagen zu versehen (PV-Pflicht).

Große Chancen – die PV- und EE-Nutzungspflichten im neuen Hamburgischen Klimaschutzgesetz
Energieberg Georgswerder (HH Media Server)

Dies gilt bei Neubau für Gebäude mit Baubeginn ab dem 1. Januar 2023, und bei Dacherneuerung bei vollständiger Erneuerung der Dachhaut ab dem 1. Januar 2025. § 17 verpflichtet Eigentümer, bei dem Austausch oder dem nachträglichen Einbau von Heizungsanlagen nach dem 30. Juni 2021 für vor dem 1. Januar 2009 errichtete Gebäude, mindestens 15% des jährlichen Wärmeenergiebedarfs durch erneuerbare Energien zu decken (EE-Nutzungspflicht). Durch Rechtsverordnung, die bis zum 31. Dezember 2020 zu erlassen ist, soll dies konkretisiert werden.

Hamburg ist damit neben Baden-Württemberg, wo schon seit 2015 eine ähnliche EE-Nutzungspflicht gilt, Vorreiter in Deutschland. Noch 2008 war die Marburger Solarsatzung aus rechtlichen Gründen gescheitert. International hat Kalifornien mit dem PV-Mandate von 2019 den Ton angegeben; hier müssen alle Neubauten mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Auch in weiteren deutschen Bundesländern bestehen Pläne für solche Gesetze, und im Bund gibt es Überlegungen für eine allgemeine deutschlandweite Solarpflicht.

Die Umsetzung der PV- und EE-Nutzungspflicht wirft eine Reihe von Rechtsfragen auf, die in einem Gutachten für die Hamburgische Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft behandelt wurden. Verfassungsrechtlich muss insbesondere die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Grundgesetz beachtet werden, die unverhältnismäßige Eingriffe durch die neuen Pflichten verbietet. Z. B. muss zwischen Neu- und Bestandsbauten unterschieden werden; letztere genießen Bestandsschutz, so dass genau auf die Angemessenheit geachtet werden muss. Dabei spielt auch die mögliche Amortisation der Anlage eine Rolle, und es müssen Härtefälle berücksichtigt sowie Übergangsbestimmungen vorgesehen werden. Sollte eine bundesgesetzliche Solarpflicht kommen, kann die Frage der Gesetzgebungskompetenz des Landes problematisch werden. Ebenso ist nicht eindeutig geklärt, ob finanziell gefördert werden darf, was ohnehin vom Gesetz gefordert wird. Für die zu erlassende Rechtsverordnung gelten die Beschränkungen durch die Ermächtigungsgrundlagen im HmbKliSchG; insoweit kann das Gesetz noch nachgebessert werden.

Alles in allem: das HmbKliSchG ist ein mutiger Schritt in Richtung auf einen optimierten Klimaschutz, weil die enormen, bisher ungenutzten Energieressourcen für Strom und Wärme in und auf Gebäuden ausgeschöpft werden sollen. Grundstückseigentümer werden viel stärker als bisher in die Pflicht genommen, und die Stadtlandschaft wird sich massiv verändern. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Die Umsetzung erfordert neben rechtlichen Verbesserungen vor allem die Bereitschaft aller, insbesondere auch der Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden, zum Klimaschutz beizutragen.

https://www.hamburg.de/klimaplan/

Über den Autor

Profilbild zu: Thomas Schomerus

Thomas Schomerus ist nach mehreren Jahren in der Hamburger Verwaltung seit 1996 Professor für Öffentliches Recht mit den Schwerpunkten Energie- und Umweltrecht an der jetzigen Leuphana Universität Lüneburg. Er ist u.a. Mitherausgeber des Berliner Kommentars zum EEG und hat umfangreich zu energie- und ressourcenrechtlichen Fragen publiziert. Im 2. Hauptamt ist er seit 2014 Richter am Oberverwaltungsgericht Lüneburg.

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