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Grüner Wasserstoff für Verkehr und Industrie – was sind die Vorgaben?

Der heutige Artikel beschäftigt sich mit den aktuellen und kommenden Vorgaben zur Verwendung von Grünen Wasserstoff und seinen Derivaten.

Grüner Wasserstoff für Verkehr und Industrie – was sind die Vorgaben?
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Nachdem sich die Expert:innen von Chatham Partners Marieke Lüdecke, Dr. Christos Paraschiakos, Hannah Randau und Jonas Versen in den beiden vorherigen Artikeln mit dem Status quo des Rechtsrahmens für Grünen Wasserstoff sowie dem Import und der Zertifizierung von Grünem Wasserstoff befasst haben, beschäftigt sich der heutige Artikel mit den aktuellen und kommenden Vorgaben zur Verwendung von Grünen Wasserstoff und seinen Derivaten.

Im Juni 2023 haben sich der Rat und das Europäische Parlament auf eine Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (bisher „RED II“) geeinigt. Die neue RED III wird ambitionierte Ziele für den Anteil erneuerbarer Energien und Einsparung von Treibhausgasen (THG) in den Sektoren Verkehr und Industrie setzen. Förmlich soll RED III im dritten Quartal 2023 verabschiedet werden. Viele Mitgliedstaaten arbeiten aber bereits an der Umsetzung der Vorgaben. Diese sollen die Nachfrage nach Grünem Wasserstoff steigern und so einen erheblichen Beitrag zum notwendigen Markthochlauf leisten.

RED III: Sektorenziele Verkehr

Bisher sah RED II vor, dass Kraftstofflieferanten im Transportsektor bis 2030 einen Anteil erneuerbarer Energien von 14 % erreichen mussten. Dabei waren aber der See- und Luftverkehr praktisch ausgenommen. RED III bezieht nun auch diese Bereiche vollständig in das Sektorenziel ein und erhöht gleichzeitig den bis 2030 zu erreichenden Anteil erneuerbarer Energien auf 29 %. Alternativ können Mitgliedstaaten auch auf die Minderung der Emissionsintensität im Verkehrsbereich um 14,5 % bis 2030 abzielen. Darüber hinaus muss bis 2030 der Anteil von RFNBO, also Grünem Wasserstoff und seinen Derivaten, 1 % am Kraftstoffmix betragen.

Deutschland hat bereits aufgrund von RED II im Bundesimmissionsschutzgesetz detaillierte Emissionsminderungsziele bis 2030 vorgegeben. So müssen Kraftstofflieferanten sicherstellen, dass die Verwendung erneuerbarer Kraftstoffe zu einer Emissionsminderung von 25 % im Jahr 2030 führt. Auch hier ist der Schifffahrtssektor bisher aber vollständig ausgenommen (zum Luftfahrtsektor s. u.). Kraftstofflieferanten in Deutschland können diese THG-Minderungsvorgaben bspw. durch das Inverkehrbringen von Biokraftstoffen oder RFNBO erreichen. Außerdem hat der Gesetzgeber ein Quotenhandelssystem etabliert. Dadurch können Unternehmen, die überobligatorisch viel erneuerbare Kraftstoffe oder auch grünen Ladestrom für E-Fahrzeuge in Verkehr bringen, mit den dadurch erzielten THG-Einsparungen handeln. Lieferanten konventioneller Kraftstoffe sind aktuell bereit, ca. 300-400 € pro eingesparter Tonne CO2-Äquivalent zu zahlen. Denn andernfalls drohen ihnen Sanktionen von 600 € je nicht eingesparter Tonne CO2-Äquivalent.

Für die Zukunft verlangt RED III ausdrücklich ein vergleichbares „credit exchange system“ für jeden Mitgliedstaat. Neben den Lieferanten von Kraftstoffen werden dabei auch die Betreiber von öffentlichen und unter Umständen privaten Ladepunkten daran teilnehmen können.

Hersteller von RFNBO für den Verkehrsbereich dürfen aufgrund dieser Systeme in allen Mitgliedstaaten mit zusätzlichen Einnahmen rechnen. Die Höhe der Einnahmen wird dabei vom jeweiligen Marktpreis für die THG-Einsparungen und der Höhe der verifizierten THG-Einsparungen für die jeweiligen RFNBO abhängen. Bereits unter den geltenden Rahmenbedingungen sehen Experten in Deutschland Umsatzpotentiale von 6 € und mehr pro kg grünem Wasserstoff.

RED: III Ziele für die Industrie

RED III sieht außerdem eine Ausweitung der Sektorenziele auf die Industrie, namentlich Bergbau, verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe und Informationsdienstleistungssektor vor. Insbesondere soll bis 2030 42 %, bis 2035 sogar 60 % des in der Industrie verbrauchten Wasserstoffs – ob zu energetischen Zwecken oder nicht – „RFNBO-Qualität“ haben, also die Vorgaben für grünen Wasserstoff bzw. Ammoniak erfüllen. Noch steht nicht fest, wie Deutschland diese Vorgabe umsetzen wird. Eine Orientierung am THG-Quotenhandel im Verkehrsbereich liegt jedoch nahe, wobei hier dann voraussichtlich nicht die Energielieferanten, sondern die Industrieunternehmen selbst in der Pflicht wären. Sie könnten dann möglicherweise mit der Übererfüllung von Zielvorgaben handeln.

Weitere Zielvorgaben für den Schifffahrtssektor

Durch die FuelEU-Maritime-Gesetzesinitiative sollen der Schifffahrt zusätzlich zu RED III THG-Einsparungsverpflichtungen auferlegt werden. Nach dem derzeitigen Entwurf soll die THG-Emissionsintensität der an Bord eines jeden Schiffs genutzten Energie im Jahr 2030 um 6 % und bis 2050 um 80 % gegenüber dem fossilen Referenzwert reduziert werden. Schifffahrtsunternehmen werden dabei mehrere Schiffe mit unterschiedlichen Reduktionsleistungen „poolen“ können, um ihre Reduktionsziele zu erreichen. Dies wird Schifffahrtsunternehmen, die überobligatorisch auf emissionsarme Energien wie RFNBO setzen, zusätzliche Einnahmequellen eröffnen.

Der Markthochlauf von RFNBO im Seeverkehr soll dabei gezielt unterstützt werden. So zählen Emissionseinsparungen durch RFNBO bis zum Jahr 2033 doppelt. Beträgt der Anteil von RFNBO im Seeverkehr bis 2031 nicht mindestens 1 %, soll zudem ab 2034 ein verpflichtender RFNBO-Anteil von 2 % (gemessen am jährlichen Energieverbrauch) greifen.

Weitere Zielvorgaben für Luftfahrtsektor

Emissionseinsparungen im Luftfahrtsektor soll die „ReFuelEU Aviation“-Initiative bewirken. Flugtreibstofflieferanten werden künftig sicherstellen müssen, dass die Kraftstoffe, die sie Flughäfen in der EU liefern, in den kommenden Jahren einen immer größeren Anteil nachhaltiger Flugtreibstoffe („SAF“) enthalten. Dabei soll ein bestimmter, in den nächsten Jahren stetig wachsender Anteil auf sog. synthetische Treibstoffe (d. h. erneuerbaren Wasserstoff, erneuerbare Elektrizität sowie RFNBO) entfallen. Im Jahr 2050 soll synthetischer Kraftstoff 35 % des an Unionsflughäfen vertankten Treibstoffs ausmachen. In Deutschland gilt bereits jetzt für das Jahr 2030 eine RFNBO-Quote von 2 %.

Insgesamt sind die neuen Zielvorgaben ambitioniert. Sie eröffnen insbesondere den Marktakteuren, die überobligatorisch die Anforderungen erfüllen, bereits jetzt neue Handels- und Vermarktungsoptionen, die erheblich zur Wettbewerbsfähigkeit von Grünem Wasserstoff beitragen.

Ausblick

Im letzten Beitrag unserer Blogserie werden wir uns mit der Farbenlehre des Wasserstoffs befassen.

von EEHH Gastautor