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Globalem Wassermangel begegnen Neuartiges Verfahren der WLT Deutschland GmbH

Trinkwasser ist heute in vielen Regionen bereits knapp, der Mangel verschärft sich global. Neben Menschen und Tieren hat auch die Wirtschaft enorme Bedarfe. Die Elektrolyse zur Herstellung großer Mengen Wasserstoffs für Industrie und Verkehr erhöht diese zusätzlich. Wo es keine Möglichkeit zur Meerwasserentsalzung gibt oder Grundwasser keine Option ist, kann der neue Ansatz eines jungen Hamburger Unternehmens Abhilfe schaffen.

„Fast die Hälfte der Welt lebt bereits in von Wasserknappheit gefährdeten Regionen, und diese Zahl könnte sich bis 2050 auf zwischen 4,8 und 5,7 Milliarden Menschen erhöhen. Die UNO befürchtet, dass dies bis 2030 bis zu 700 Millionen Menschen veranlassen wird, ihre Heimat zu verlassen.“ Siehe Spektrum „Mit Hochdruck gegen den Wassermangel“, 16.11.2022

Es gibt bereits etablierte Verfahren zur Meerwasserentsalzung, die aber neben dem offensichtlichen Nachteil, dass sie nur an Küsten funktionieren, eine Reihe weiterer Nachteile mit sich bringen. Die Umweltbilanz der thermischen Entsalzung krankt an hohen Energiekosten und schadet Wasserlebewesen u. a. durch Pumpen und die Rückführung der Sole und chemischer Additive ins Meer. Etwas besser bilanziert ist die verbreitete Umkehrosmose, deren physikalische Beschränkungen der Optimierbarkeit allerdings Grenzen setzen.

Einen anderen Ansatz zur Wassergenerierung verfolgt die WLT Deutschland GmbH aus Hamburg. Basierend auf einer von Fraunhofer IGB entwickelten Plattformtechnologie hat WLT ein serienreifes Produkt zur Gewinnung von ultrareinem Wasser in skalierbaren Mengen auch in ariden Gegenden fernab von Gewässern entwickelt. Die Gründer*innen Michael und Helen Saur erklären das Konzept im Interview.

 

Wie funktioniert Ihr Produkt, und was kann es leisten?

Das Grundprinzip der WLT-Technologie ist die liquide Absorption. Dabei werden mithilfe einer hygroskopischen Salzlösung die Wassermoleküle aus der Umgebungsluft gebunden. Da dies nicht einfach so machbar ist, verwendet WLT dazu einen Zylinder mit zweieinhalb Meter Durchmesser und sieben Meter Höhe. In diesem befinden sich Füllkörper, die eine größere Kontaktmöglichkeit der hygroskopischen Salzlösung und der Wassermoleküle aus der Luft gegenüber anderen Technologien bieten. Über einen Ventilator, der oben auf dem Zylinder angebracht ist, wird die Umgebungsluft von unten in den Zylinder eingesaugt. Zeitgleich wird die Salzlösung über einen Sprinkler von oben eingesprüht. Am Ende läuft aus dem Zylinder eine deutlich verdünnte Salzlösung ab und wird in die Desorptionseinheit geführt, wo die Lösung erhitzt wird, sodass die Salzlösung vom reinen Wasser getrennt und wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden kann. Schlussendlich bleibt hochreines Wasser übrig, das eine Leitfähigkeit unter 15 µS/cm (Mikrosiemens pro Zentimeter) aufweist. Je nach Standort des Produkts variiert die Menge Wasser, die aufgrund der vorherrschenden meteorologischen Bedingungen produziert werden kann.

Das Besondere am WLT-Produkt ist, dass es nahezu beliebig skalierbar ist. Somit ist grundsätzlich jede Menge an benötigtem Wasser produzierbar, egal, ob man nun einen halben oder zweitausend Liter pro Sekunde benötigt. Zudem ist man bei WLT weitestgehend standortunabhängig. Ab einer Luftfeuchtigkeit von 10 Prozent kann so hochreines Wasser produziert werden. Das Produkt eignet sich somit exzellent für den Einsatz in ariden Regionen, also den Gebieten, in denen aktuell der Fokus der weltweiten Wasserstoffproduktion liegt.

Wo steht Ihr Produkt technisch?

Das Produkt ist serienreif. Aktuell arbeitet WLT an der Produkt-Zertifizierung, um das Produkt weltweit in den Markt zu bringen. Diese soll noch im Frühjahr 2023 über ein international anerkanntes Zertifizierungsunternehmen erfolgen. Den Proof-of-Concept hat WLT bereits 2017 in der Atacama-Wüste in Chile erbracht, wo eine Pilotanlage über acht Monate Wasser produziert hat.

Welchen Markt sprechen Sie mit Ihrem Produkt an, wer können die Abnehmer sein?

Für WLT ist es wichtig, nicht in Konkurrenz zu herkömmlichen Entsalzungsanlagen gesehen werden, sondern als komplementärer ergänzender Anbieter. Dadurch erhalten auch Regionen mit Wassermangel die Chance, neue Technologien und Industrien für sich zu gewinnen und können bestehenden Unternehmen mit hohem Wasserbedarf eine grüne Lösung bieten. Da Wasser von WLT hochrein und in großen Mengen generiert wird, stehen bei WLT vor allem industrielle Abnehmer im Fokus.

Die Zielkunden sind daher Nachfrager nach hochreinem Wasser für die Elektrolyse, Hersteller von e-Fuels oder die Halbleiterindustrie. Zudem ist WLT in der Lage, Wasser für Weinbauern, Minen und deren Camps oder die Lebensmittel- und Getränkeindustrie herzustellen, indem kundenindividuell das generierte Wasser mineralisiert wird.

Wie kann ihr Produkt helfen, die soziopolitischen Spannungen im Rahmen globaler Wasserknappheit zu reduzieren?

Mit WLT besteht zum ersten Mal die Möglichkeit, dort Wasser zu produzieren, wo es bisher nicht möglich war, beispielsweise fernab von Meeren, Flüssen oder Seen. Größere Unternehmen, wie unter anderem im Bergbau, die derzeit schon in Konflikten zu Verbrauchern der natürlichen Wasserressourcen stehen, können von dem erweiterten Wasserangebot profitieren. So kann auch verhindert werden, dass der lokalen Bevölkerung das Grund- und Trinkwasser verloren geht. WLT sieht sich mit all seinen Produkten  in Einklang mit den Sustainable Development Goals der UN, insbesondere mit den Artikeln sechs (Verfügbarkeit von Wasser), neun (nachhaltige Industrie) und vierzehn (Schutz des maritimen Lebens).

Über Oliver Schenk

Profilbild zu: Oliver Schenk

Ich bin verantwortlich für den Bereich Marketing Wasserstoff und sorge dafür, dass die hiesigen Projekte und Formate in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wahrgenommen werden. Um dem vielversprechenden Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen unterstütze ich die Wasserstoffwirtschaft mit redaktionellen Beiträgen, Netzwerkveranstaltungen, Videoproduktionen und vielem mehr.

von Oliver Schenk