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German Renewables Award 2019 – Produktinnovation des Jahres Interview mit Preisträgern Jost Broichmann und Tobias Struck, WEMAG

Ende November 2019 ist die WEMAG in Hamburg mit dem German Renewables Award 2019 in der Kategorie „Produktinnovation des Jahres“ ausgezeichnet worden. Herzlichen Glückwunsch!

German Renewables Award 2019 – Produktinnovation des Jahres
PreisträgerJost Broichmann im Interview mit Moderatorin Andrea Thilo (EEHH GmbH/Ingo Bölter)

EEHH: "Wer ist die WEMAG, und wofür steht Ihr Unternehmen? Mit welchem Produkt sind Sie ins Rennen gegangen? Warum glauben Sie konnte sich Ihr Produkt im Wettstreit durchsetzen?"

Tobias Struck: „Die WEMAG ist ein regionaler Energieversorger in West-Mecklenburg und Vorreiter der Energiewende. Da schon 2012 absehbar war, dass hier künftig drei- bis viermal mehr Strom aus Wind und Sonne erzeugt würde, als verbraucht würde, hat man 2013 mit dem Bau eines Großbatteriespeichers begonnen. 2017 haben wir als Weiterentwicklung die WEMAG- Batteriestation in Angriff genommen, einen Batteriespeicher in Größe einer Trafostation. Er sollte gleichermaßen für Industriekunden, Netzbetreiber und PV-Einspeiser tauglich sein.“

Jost Broichmann: „Nachdem wir den Prototypen Herbst 2018 in Betrieb nehmen konnten, haben wir uns mit dieser ‚WBS 500‘ 2019 für den German Renewables Award beworben. Die Idee ist es, die Energiespeicherung ähnlich wie die Erzeugung im Netz zu verteilen und so das Netz gleichmäßig auszulasten. Der Schlüssel liegt hierbei allerdings in der Software – also in der mehrstufigen Steuerung auf Ebene der Station und zusammengefasst als virtuelles Kraftwerk. So können wir Spitzenkappung, Lastflussregelung und Frequenzstabilisierung aus einem Netzwerk derartiger Stationen erbringen. Wir glauben, diese Kombination aus kompaktem Speicher und innovativer Software hat die Jury überzeugt.“

EEHH: "Wo, wie und wofür wird Ihre Mehrzweck-Batteriestation bereits eingesetzt? Welchen Beitrag leistet ihr Unternehmen damit für die Erneuerbare-Energien-Branche in Deutschland?"

Jost Broichmann: „Erste Projekte mit der WBS sind noch im Forschungsumfeld bei Kunden angesiedelt. Im Januar 2020 wurde eine Station in Berlin für LKW-Elektromobilität angeschlossen. Eine weitere Station stellt ab April 2020 Netzanschluss und Puffer für ein Wasserstoffspeicher-Projekt dar. Wir planen gerade die Errichtung von Stationen für zwei Netzbetreiber und einem PV-Park in diesem Jahr.“

Tobias Stuck: „Künftig bilden Speicher und Erneuerbare Energien das Rückgrat unserer Energieversorgung. Mit einem Batteriespeicher in der Größe und mit Funktionen einer Trafostation, haben wir eine Blaupause für kompakte und netzdienliche Strom-Speicherung der Zukunft geschaffen, die wir bei vielen Netzbetreibern sehen werden.“

EEHH:  "Bei der WBS 500 handelt es sich um eine Inhouse-Entwicklung. Das klingt nach einem ressourcenschweren Unterfangen. Wie hoch war das Investitionsvolumen, wie viele MitarbeiterInnen haben am Projekt mitgewirkt und wie viel Zeit ist zwischen erstem Prototypen und marktreifer Anlage vergangen?"

Jost Broichman: „Da die WEMAG schon Erfahrung mit der Errichtung von Speichern und Trafostationen hatte, konnte ich das Projekt Anfang 2017 schlank und mit einem Budget von weniger als einer Million Euro aufsetzen. Wir waren mit drei bis fünf Kolleginnen und Kollegen im Kernteam aufgestellt. Ein Teil der Fachkräfte haben wir extern gewinnen können, die Softwareentwicklung erfolgte durch ein Partnerunternehmen. Bei Messkonzepten, Netzanschluss und Beschaffung konnten wir hausintern auf die jeweiligen Mitarbeiter zugreifen, sodass wir unser Team auch während der Projektzeit schlank hielten. Da wir den Speicher im Anlagenbau errichten, ist der Prototyp bis zur Marktreife weitergebaut worden. Dafür haben wir gut anderthalb Jahre benötigt.“

EEHH: "Haben Sie noch weitere zukunftsweisende Projekte in der Pipeline? Was erhoffen Sie sich für Ihr Unternehmen in der Zukunft?"

Tobias Struck: „Wir planen aktuell, zehn bis 12 unserer WBS pro Jahr in Deutschland zu installieren. Dabei sind Projekte wie Ladebooster für Elektromobilität und Pufferspeicher für Regenerative Stromerzeuger die zukunftsweisendsten.“

Jost Broichmann: „Passend dazu arbeiten wir aktuell an der Vernetzung der Stationen untereinander, um die Funktionen eines virtuellen Kraftwerks abbilden zu können.“

EEHH: "Wie schätzen Sie die Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland ein? Welche Chancen und Herausforderungen erwarten Sie für die Branche und den Wirtschaftsstandort Norddeutschland?"

Tobias Struck: „Die erneuerbaren Energien sind ökonomisch und ökologisch die beste Option für eine nachhaltige Stromversorgung. Allerdings müssen wir die Akzeptanz verbessern, damit wir wie in Dänemark einen breiten Zuspruch aus den Regionen erhalten. Die Herausforderung liegt allerdings in der Gesetzgebung. So benötigen wir dringend eine vernünftige Regulierung, die es uns erlaubt, Windstrom in Wasserstoff zu einem erschwinglichen Preis umzuwandeln. Und zwar so, dass es ein rentables Geschäftsmodell wird und Arbeitsplätze schafft.“

Jost Broichmann: „Wir beide fahren seit Jahren Elektroautos und erkennen, dass ein steigender Stromabsatz zu erwarten ist. Wenn der aus regionalen Quellen stammt, wird natürlich die regionale Wirtschaft gestärkt. So entstehen nachhaltige lokale Wirtschaftskreisläufe. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss daher ebenso wie der Ausbau der Regenerativen Erzeugung vorangetrieben werden.“

https://www.wemag.com/

Über Janina Grimm

Profilbild zu: Janina Grimm

Seit März 2020 leite ich das B2B-Marketing von NEW 4.0 im Cluster EEHH. Ob auf dieser Webseite, bei Twitter, via LinkedIn, auf Fachveranstaltungen und Messen - jeden Tag kann ich über das reden und schreiben, was mich am meisten interessiert: Die Entwicklung innovativer Lösungen für eine ganzheitliche und nachhaltige Transformation unseres Energiesystems. Parallel studiere ich meinen Master in Energy Policy. Diese Kombination aus Praxis und Theorie birgt viele tolle Chancen, meine Kenntnisse im Bereich der Erneuerbaren-Energien-Branche und nachhaltiger Energiepolitik zu vertiefen.

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