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„Für eine nachhaltige Luftfahrt brauchen wir mehr branchenübergreifende Forschungsprojekte“ Interview mit Nicole Dreyer-Langlet, sie ist Vice President und Repräsentantin des Bereichs Forschung und Entwicklung bei Airbus Commercial in Deutschland

Im folgenden Gespräch erklärt Nicole Dreyer-Langlet, wie das Flugzeug der Zukunft aussehen könnte.

„Für eine nachhaltige Luftfahrt brauchen wir mehr branchenübergreifende Forschungsprojekte“
Airbus

EEHH: Welche Nachhaltigkeitsziele verfolgt Airbus aktuell?

Nicole Dreyer-Langlet: „Unser CEO Guillaume Faury setzt sich mit Leib und Seele intern und extern für die Nachhaltigkeitsstrategie von Airbus ein. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen weiter deutlich gesenkt werden. Auf diesem Weg haben wir bereits gute Fortschritte gemacht. Ein Beispiel dafür ist die A320neo-Familie. Durch neue Triebwerke und aerodynamische Optimierung konnte der Kraftstoffverbrauch dieser weltweit erfolgreichen Baureihe um bis zu 20 Prozent im Vergleich zu Flugzeugen vorheriger Generationen gesenkt werden. Ebenso spielen nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung. Das langfristige Ziel ist es jedoch bis 2035 ‚Zero-Emissions-Flugzeuge‘ auf den Markt zu bringen.

EEHH: Bitte erläutern Sie, wie ein Wasserstoff-Flugzeug der Zukunft aussehen könnte? Wann rechnen Sie realistischerweise mit dem ersten Wasserstoff-Flugzeug?

Nicole Dreyer-Langlet:. “  “Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis 2035 das erste Wasserstoff-Flugzeug in den Liniendienst zu bringen. Das ist durchaus ambitioniert. In der Luftfahrt sind vergleichsweise lange Entwicklungszyklen die Regel. Dabei geht es nicht nur um die Konzeption des Fluggeräts an sich, sondern auch sehr komplexe Tests und Zulassungsverfahren. Derzeit analysieren wir die einzelnen Technologie-Bausteine. Dann folgen Demonstratoren, um größere Baugruppen und schließlich ein komplettes Flugzeug zu erproben.

Ganz wichtig ist mir dabei: Es geht nicht darum, einfach ein Flugzeug mit Wasserstoff anzutreiben. Das hat man schon vor mehr als 20 Jahren erfolgreich bei Forschungsprojekten gemacht. Die Airlines erwarten beim ZEROe-Flugzeug ein Produkt, das genauso wie heutige Flugzeuge eine Abflug-Zuverlässigkeit von mehr als 99 Prozent bietet. Alltagstauglichkeit unter den Bedingungen des kommerziellen Passagier- und Frachtverkehrs ist die Herausforderung.

Beim Aussehen untersuchen wir derzeit mehrere Möglichkeiten. Mit Sicherheit sagen können wir nur, dass sich die Form der Flugzeuge ändern wird - Wasserstoff stellt bei der Lagerung komplett andere Anforderungen als Kerosin. Dieses transportiert ein Flugzeug heute in seinen Tragflächen, in recht verwinkelten Tanks. Wasserstoff benötigt hingegen recht voluminöse Behälter, angesichts der tiefen Temperaturen in Form von Kugeln oder Zylindern. Im Moment ‚spielen‘ wir mit verschiedenen Varianten – disruptive und klassische. Die finale Entscheidung werden wir erst in den kommenden Jahren fällen.”

EEHH: Kritiker befürchten, dass Wasserstoff-Flugzeuge deutlich gefährlicher sein könnten als herkömmliche Flugzeuge? Stimmt das?

Nicole Dreyer-Langlet: “Beim Thema SIcherheit gibt es keine Kompromisse. Wasserstoff ist eine Substanz, die seit langem im Einsatz ist, ob in der chemischen Industrie, in Autos mit Brennstoffzellen-Antrieb oder in der Raumfahrt. Auf diese Erfahrungen werden wir aufbauen, wenn es darum geht, das Wasserstoff-Flugzeug und seine Infrastruktur zu entwickeln.”

EEHH: Um erfolgreich Wasserstoff-Flugzeuge zu bauen, muss viel erforscht und entwickelt werden. Mit welchen Partnern arbeiten Sie an diesem Jahrhundertvorhaben?

Nicole Dreyer-Langlet: „Wir arbeiten unter anderem sehr eng mit dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) und mit Helmholtz-Instituten zusammen. Außerdem tauschen wir uns mit Akteuren aus der Maritimen Wirtschaft und von anderen Verkehrsträgern aus. Schifffahrt und Transport an Land sehen sich mit ähnlichen Herausforderungen wie wir konfrontiert. Für eine nachhaltige Luftfahrt brauchen wir definitiv noch mehr branchenübergreifende Forschungsprojekte. Hier müssen wir alle an einem Strang ziehen - nur mit kooperativen Vorgehen lässt sich dieses ambitionierte Ziel erreichen.“

Vielen Dank für dieses interessante und aufschlussreiche Interview, Frau Dreyer-Langlet!

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Über Astrid Dose

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Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

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