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Flexibles Laden von Elektroautos Whitepaper zum Konzept "FlexHafen"
Am 27. Juli 2023 veröffentlichte das Start-Up und EEHH-Mitglied EnergieDock GmbH, ein Whitepaper mit Ergebnissen des Projekts „FlexHafen“.

Zum gemeinsamen Konsortium gehörten außerdem die Green Planet Energy eG, die Stromnetz Hamburg und becharged. Im Interview erläutert uns Gründer und Geschäftsführer Dr. Tim Dethlefs interessante Details und Hintergründe.
EEHH: Im Rahmen von „FlexHafen“ haben 14 Kund*innen der Green Planet Energy, mit einer oder mehrerer ihrer Wallboxen, an einem Feldtest zum flexiblen Laden der Elektroautos teilgenommen. Wie kam der Kontakt zustande und welche Aufgabe hattet ihr in dem Projekt?
Dethlefs: „Wir haben Green Planet Energy beim Smart Green Accelerator in Freiburg kennengelernt und ein gemeinsames Vorhaben projektiert. Uns war von Anfang an wichtig, einen Netzbetreiber an Bord zu haben, da wir der Ansicht sind, dass die energiewendedienliche Nutzung von Flexibilität nur mit allen Akteuren gemeinsam gelingen kann. Durch die gute Vernetzung der Hamburger Energiebranche gelang es, Green Planet Energy und Stromnetz Hamburg als Netzbetreiber für das Projekt zu gewinnen. Zuletzt stieß noch die becharged GmbH zum Konsortium, die Abrechnungslösungen für Ladesäulen und Wallboxen anbietet. Unsere Rolle war die Vermittlung zwischen den Endkunden, dem Energieversorger (EVU) und dem Netzbetreiber, um flexible Ladevorgänge optimal zu nutzen. Flexibles Laden hieß für uns im Projekt, dass das E-Auto länger steht, als es laden muss. Die 14 Kund*innen haben ihre geplanten, flexiblen Ladevorgänge auf unserer Plattform NEMO.spot automatisiert gemeldet. Green Planet Energy als EVU hat über NEMO.spot die flexiblen Ladevorgänge so verschoben, dass die Ladevorgänge stattfanden, als der Strom besonders günstig war und viel Windstrom eingespeist wurde. Das Besondere an der Plattform ist, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Wallboxen und anderer Assets angebunden werden können. Unser System NEMO.spot war somit der Dreh- und Angelpunkt zwischen den Marktakteuren und dem Endkunden mit seiner Wallbox. Als Startup sind wir sehr stolz darauf, dass wir diese wichtige Projektrolle erfolgreich ausfüllen konnten.“
EEHH: Und wie funktioniert die Anbindung aller Beteiligten an NEMO.spot?
Dethlefs: „Die becharged GmbH hat sich um die Umsetzung bei den Kund*innen der Green Planet Energy gekümmert und diese mit einer Steuerungsapp ihrer Wallbox über das OCPP-Protokoll und einer Abrechnungslösung ausgestattet. Mit der Steuerungsapp konnten Kund*innen ihre Ladevorgänge an unsere Plattform einfach und automatisch melden oder ihr E-Auto nach Bedarf sofort laden lassen. Wir haben die Meldungen der Ladevorgänge auf NEMO.spot entgegengenommen und die Ladezeiten auf Basis der Anforderungen von Green Planet Energy so optimiert, dass sie in günstige und windreiche Stunden verschoben wurden. Im zweiten Schritt konnte Stromnetz Hamburg auf die Flexibilität zugreifen, um diese so zu verschieben, dass keine Engpässe im Niederspannungsnetz auftreten. Die Steuersignale wurden durch unsere Plattform an die Wallboxen verteilt.“
EEHH: An welchen Use-Cases für die Flexibilität waren eure Projektpartner interessiert? Was habt ihr im Projekt untersucht?
Dethlefs: „Der Hauptfokus lag auf dem Bilanzkreisausgleich mit der Day-Ahead-Beschaffung und auf dem Netzengpassmanagement der Niederspannung. Zusätzlich haben wir das Potential für CO2-Einsparungen untersucht.“
EEHH: Ergaben sich für beide Seiten, also Energieversorgungsunternehmen und Endkund*innen, relevante Mehrwerte?
Dethlefs: „NEMO.spot ermöglicht die Integration der Flexibilität in den Beschaffungsprozess des EVUs und so die Realisierung von Mehrwerten, die an die Kund*innen weitergeben werden können. Im Projekt konnten durch die Verschiebung der Ladevorgänge durchschnittlich 25% der Beschaffungskosten im Day-Ahead-Handel eingespart werden. Im Intraday-Handel könnten 35 % der Beschaffungskosten durch die kurzfristige Nachjustierung der Ladevorgänge reduziert werden. Zusätzlich reduziert die Optimierung der Ladevorgänge 10% bis 25% der CO2 Emissionen.“
EEHH: Das sind beachtliche Einsparungen. Welche Mengen habt ihr dabei verschoben?
Dethlefs: „Im gesamten Versuchszeitraum wurden 5,3 MWh Flexibilität durch die Kund*innen angeboten und 2,5 MWh verschoben; der Rest wurde für Tests und netzdienlich Versuche eingesetzt.“
EEHH: Gegenwärtig arbeitet die Bundesnetzagentur an der Ausgestaltung des §14a EnWG, damit Netzbetreiber den Strombezug ladender Fahrzeuge im Falle eines Netzengpasses begrenzen können. Kann eure Plattform auch bei der Vorbeugung solcher Engpässe unterstützen? Marktorientierte und netzdienliche Flexibilität gehen nicht immer Hand in Hand.
Dethlefs: „Das ist ein sehr spannendes Thema - der aktuelle Entwurf spricht von einer Abregelung der Ladevorgänge auf eine geringere Leistung durch den Netzbetreiber. Wir halten das für problematisch, da dies die Ladevorgänge verlängert, die Gleichzeitigkeit erhöht und kein finanzieller Ausgleich zwischen den Netzbetreibern und den Energieversorgern mit ihren Kund*innen vorgesehen ist. NEMO.spot kann einen gestuften Prozess unterstützen, um Engpässe zu lösen: Erst optimiert das EVU auf unserer Plattform die Ladevorgänge wirtschaftlich. Danach kann der Netzbetreiber auf die flexiblen Ladevorgänge zugreifen, um Engpässe zu lösen. Die Abrechnung zwischen allen Beteiligten erfolgt vollautomatisch auf NEMO.spot. Wir konnten zeigen, dass ein Anreiz in Höhe der Netzentgelte ausreichend ist, um die meisten Engpässe zu lösen und gleichzeitig den wirtschaftlichen Schaden zu minimieren. Wir können somit einen marktlichen Prozess bereitstellen, der Abregelungen nach § 14a EnWG vorbeugen kann. Damit liefern wir einen Vorschlag für den § 14c EnWG, der noch nicht ausgestaltet ist.“
EEHH: Wie macht ihr jetzt weiter? Habt ihr schon Folgeprojekte avisiert?
Dethlefs: „Wir planen mit dem Konsortium die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit fortzusetzen. Im Fokus soll dabei die Anbindung über das Smart Meter und die weitere Einbindung von Marktprozessen stehen. Das Konzept ist auf viele weitere Anwendungen übertragbar; neben E-Autos und E-Nutzfahrzeugen können auch Wärmepumpen und viele andere Verbraucher angebunden werden. Besonders interessant sind dabei für uns auch gewerbliche und industrielle Anwendungen und der Intraday-Markt. Wir gehen davon aus, dass hier ein großes finanzielles Potential liegt.“
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!