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Energiewende in Hamburg: ein Erfolgsbeispiel für die USA
Auf Einladung von Auswärtigem Amt und National Conference of State Legislators reiste am 09. und 10. September 2024 eine hochrangige politische Delegation aus den USA nach Hamburg. Teilnehmende der Gruppe waren 12 Abgeordnete aus dem Westen, mittleren Westen und den Rocky Mountain-Bundesstaaten (Arizona, Colorado, Kansas, Nevada, New Mexico, North Dakota, South Dakota, Utah und Wyoming).
Ziel der Informationsreise ist, den Austausch über Energiepolitik auf subnationaler Ebene zu fördern. Das EEHH-Cluster unterstützte die deutsche Botschaft in Washington, DC. und das Goethe-Institut bei der inhaltlichen Gestaltung des Besuchsprogramms und brachte die US-Politiker*innen mit lokalen öffentlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren zusammen. Im Fokus der Gespräche standen der Klimaschutzplan Hamburgs, der Netzausbau, die Wasserstoffwirtschaft und die Energieeffizienz von Rechenzentren.
Hamburgs Klimaschutzpläne
In Hamburg startete das Programm mit einem Treffen von Lutz Strack, Abteilungsleiter Energierecht und städtische Energiepolitik in der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA). In einem Vortrag erläuterte er ausführlich die politische Ambition Hamburgs für die Erreichung der Klimaziele. Jan Rispens, Geschäftsführer des EEHH-Clusters, stellte die Strategie und Aufgaben des Clusters vor. Im anschließenden Gespräch tauschten sich die Teilnehmer*innen über die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende in beiden Ländern und den PV-Ausbau in Hamburg aus.
Hamburg hat sich zum Pariser Klimaschutzübereinkommen verpflichtet und möchte 2045 klimaneutral werden. Im Rahmen des Hamburger Klimaplans wurden mehr als 400 Maßnahmen definiert, die eine tiefgehende Transformation unterschiedlichen Sektoren herbeiführen werden. Von Fernwärme, Gasleitung hin zum Wasserstoff – Ausbau erneuerbarer Energien und notwendiger Energieinfrastrukturen spielen dabei eine zentrale Rolle.
Schlüsselfaktor Netzausbau
Der Netzausbau bildet einen wichtigen Bestandteil der deutschen Energiewende. Im Norden bzw. auf See wird viel Windstrom produziert; dieser muss teils über weite Strecken in den Süden transportiert werden, damit die Industriekunden und private Verbraucher gleichermaß von einer sicheren und bezahlbaren Stromversorgung profitieren.
Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT ist u.a. für den Ausbau und Betrieb von Hochspannungsleitungen, die Offshore-Windparks in der Nordsee und Schleswig-Holstein verbinden, zuständig. Rene Hendricks, Senior Advisor Political Affairs, und Steffen Hinneburg, Advisor Offshore Development, veranschaulichten die mit erneuerbarem Ausbau einhergehenden Herausforderungen anhand von Zahlen und des Netzentwicklungsplans. TenneT plant, allein für Deutschland die Netzkapazität bis 2031 auf 21,8GW zu erhöhen – das entspricht ca. einer Verdreifachung von aktueller Netzfähigkeit. Im Fachvortrag wurde außerdem technische Besonderheit der Offshore-Netzanbindung dargestellt. Bis Ende des Jahrzehntes sollen alle Offshore-Windparks in der Nordsee mit DC-Netzanbindungssystem (Gleichstrom) gebaut werden.
Bastian Pfarrherr, Head of Innovations bei den Hamburger Energienetzen, beschrieb, welche Herausforderung der erneuerbare Ausbau für Hamburg bedeutet. Aufgrund des Zuwachses an zahlreichen Netzanschlussanfragen und -projekten wie E-Mobilität, Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen wird die Netzhöchstlast bis 2045 auf über 3.600MW steigen. Damit die Netzinfrastruktur der rapid steigenden Stromnachfrageentwicklung gerecht wird, sind große Erneuerung und Erweiterung von Anlagen seitens Hamburger Energienetze bis 2030 in Planung. Die Bauarbeiten machen sich anhand der Zahlen bemerkbar: Es werden mehr als 4.000 Systemkilometer lange unterirdische Kabel für unterschiedliche Spannungsebenen verlegt.
Hamburg Green Hydrogen Hub
Das Highlight des ersten Besuchstages war die Besichtigung des Projektes „Hamburg Green Hydrogen Hub“ (HGHH). Die Hamburger Energiewerke und Luxcara arbeiten in einem Konsortium zusammen, um eine große Produktionsanlage für Grünen Wasserstoff auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks Moorburg zu errichten. Konkret wird ein 100MW-Elektrolyseur installiert, der ab 2027 den Betrieb starten und jährlich 10.000 t grünen Wasserstoff produzieren soll. Der HGHH ist das Herzstück der Hamburger Wasserstoffwirtschaft.
Bei einem gemeinsamen Austausch mit mehreren Kolleg*innen beider Unternehmen erfuhr die Delegation Details zum Plan. Das ehemalige Kohlekraftwerk befindet sich aktuell Im Bau. In der ersten Phase schafft die Bauarbeit Platz für den 100MWG-Elektrolyseur, die Gasnetzübergabestation und den Trailerverladepunkt. Die zweite Phase des Rückbaus soll einer möglichen Skalierung der Kapazität auf 800MW dienen. Der Umbauprozess ist deswegen komplex, weil eine Nachnutzung von Teilen der Infrastruktur auf dem Gelände vorgesehen ist. HGHH wird nach Inbetriebnahme an das Wasserstoffindustrienetz „HH-WIN“ der Hamburger Energienetzte angeschlossen, welches langfristig noch ins European-Hydrogen-Backbone integriert wird. Die Besichtigung bei Moorburg endete mit einem geführten Rundgang statt.
Empfang beim US-amerikanischen Konsul
Anlässlich des hochrangigen Besuchs lud außerdem Jason Chue, US-Generalkonsul in Hamburg, am gleichen Abend alle unterstützenden Partner und weitere Vertreter*innen der Hamburger Energiewirtschaft zu einem Networking-Empfang in seiner Residenz ein. Hamburgs Energiesenator Jens Kerstan, Jason Chue und Wayne Harper, Utah State Senate, betonten in ihren Reden den Stellenwert erneuerbarer Energien in der transatlantischen Kooperation.
Energieeffizienz im Rechenzentrum
Am nächsten Morgen besuchte die US-Delegation das Deutsche Klimarechenzentraum (DKRZ). Das Team von Michael Böttinger, Visualisierung und Öffentlichkeitsarbeit, boten einen Einblick in die Energieeffizienz in Hochleistungsrechnern.
Als zentrale nationale Serviceeinrichtung betreibt DKRZ seit 2022 das Hochleistungsrechenzentrum mit „Levante“, dem neuen und vierten Hochleistungsrechnersystem für die Klima- und Erdsystemforschung. Die über die Jahre steigende Rechenleistung ermöglicht den Wissenschaftler*innen komplexe Modellrechnungen kontinuierlich zu verbessern und deren Anwendung für eine Vielzahl an Themen von Grundlagenforschung bis zur Projektion des Klimawandels durchzuführen.
Ab diesem Jahr müssen Rechenzentren ab einer gewissen Größe über ihren Strombedarf und Energie zu Kühlung berichten. Die sogenannte Energieeffizienzkennzahl PUE (Power Usage Effectiveness) gilt als zentraler Faktor. Das DKRZ-Supercomputersystem „Levante“ erreicht schon heute mit einem PuE-Faktor von 1,095 eine deutlich höhere Energieeffizienz (gesetzlicher Grenzwert beträgt 1,3 ab 2030). Die Nutzung der Abwärme ist eine grundlegende Aktivität des Energiemanagements beim DKRZ. Derzeit wird etwa 20% der Abwärme aus dem Betrieb des Supercomputersystems „Levante“ genutzt. DKRZ möchte in Zukunft den Nutzungsanteil der Abwärme erhöhen, sieht dafür aber regulatorische Hürden.
Im Abschlussvortrag wurden aktuelle Ergebnisse aus Forschungsprojekten zum Thema Energieeffizienz Hochleistungsrechnen präsentiert. Zum Ende des Besuchs führte das Team von DKRA die Delegation durch Rechnerraum, Datenarchive und Klimaglobus.
Die US-Delegation zeigte sich begeistert von den Visionen Hamburgs, um die Energiewende und industrielle Transformation voranzubringen. Das EEHH-Cluster bedankt sich bei allen Hamburgern Partner für die Mitunterstützung und Umsetzung des Besuchsprogramms.
Kurzes Energieprofil der US-Mountain- und West-Bundestaaten
Die westlichen Teile der USA verfügen über sehr gute Bedingungen für den Ausbau und die Nutzung von erneuerbaren Energien: viel Wind, reichliche Sonnenstunden und riesige Flächen. Die Ausgangslage der einzelnen Bundesstaaten ist jedoch sehr unterschiedlich. South Dakota ist Spitzenreiter in erneuerbaren Stromproduktion. Etwa 77% des Stroms wird aus Wind und Wasserkraft generiert. Dabei besitzt die Windenergie einen Großteil (55%). Bis Mitte 2024 sind 24 Onshore-Windparks mit einer installierten Kapazität von 3,2GW in Betrieb. Die Wasserkraft war zuletzt bis 2019 eine primäre Energiequelle, spielt seither aufgrund der schweren Dürre in einigen Gebieten des Bundesstaates aber nur eine untergeordnete Rolle.
Weitere Bundesstaaten wie Colorado, Nevada und Kansas gehören ebenfalls zu erneuerbaren Vorreitern. Während in Kansas etwa die Hälfte der Stromproduktion auf die Windenergie fällt, ist Solar die wichtigste erneuerbare Quelle in Nevada. Der Stromverbrauch in Nevada übersteigt oft die eigene Stromerzeugung und zusätzliche Stromlieferung, die über Hochspannungsleitungen aus anderen Bundesstaaten kommen. Seit 2014 wurden in Nevada zwei neue Übertragungsleitungen gebaut und eine weitere Leitung befindet sich derzeit in Planung. Bei Fertigstellung soll sie erneuerbaren Strom aus Wyoming nach Kalifornien, Arizona und Nevada transportieren.
Informationsquelle: U.S. Energy Information Administration