Details

Energierechtliche Meilensteine 2024 Einschätzung von Constantin Lange

Das Jahr 2024 war geprägt von einer Vielzahl energierechtlicher Anpassungen.

Energierechtliche Meilensteine 2024
Michael Prinz, Geschäftsführer Hamburger Energiewerke, Unweltsenator Jens Kerstan, Wissenschaftsenatorin Katharina Fegebank, Dr. Martin Hecht, Kanzler Universität Hamburg, Jan Zunke, Geschäftsführer Sprinkenhof GmbH (v.l.n.r.) (Hamburger Energiewerke)

Einige angestrebte Rechtsnovellen konnten nach dem Aus der Ampelregierung zwar nicht mehr final beschlossen werden (lesen Sie dazu auch unseren Blogbeitrag vom 14. November 2024). Nichts destotrotz wurden mehrere wegweisende und grundlegende Gesetzesänderungen umgesetzt. Im Folgenden geben wir einen Überblick zu Gesetzen und Rechtsverordnungen im Energiebereich, die im vergangenen Jahr beschlossen wurden oder in Kraft getreten sind.

Gebäudeenergiegesetz (GEG) / Wärmeplanungsgesetz (WPG)

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und das Wärmeplanungsgesetz (WPG) wurden zwar bereits im Jahr 2023 beschlossen; die beiden Normen traten allerdings erst zum 1. Januar 2024 in Kraft. Durch die beiden Gesetze soll die Reduzierung der THG-Emissionen im Gebäudesektor erreicht werden. Das GEG ist mit dem WPG bzw. mit der kommunalen Wärmeplanung verbunden. Nach dem WPG werden Städte und Gemeinden zu einer Wärmeplanung, also einer Bedarfs - und Potentialanalyse für den Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen verpflichtet. Dazu wird ihnen eine Frist bis spätestens Juni 2026 (für Städte und Gemeinden ab 100.000 Einwohnern bzw. Juni 2028 (für Städte und Gemeinden unter 100.000 Einwohnern) eingeräumt. Nach diesem Zeitraum muss beim Austausch der Heizanlage ein Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien oder unvermeidbarer Abwärme gewährleistet sein. Alternativ kann, wenn möglich, der Anschluss an ein Wärmenetz erfolgen. Der individuelle Austausch der Heizung sowie der Ausbau der Wärmenetze werden staatlich gefördert.
  
Solarpaket 1

Eines der bedeutendsten Gesetze zum Ausbau der erneuerbaren Energien stellt das lang erwartete Solarpaket 1 dar. Das Gesetzespaket beinhaltet mehrere Regelungen, die dazu beitragen sollen, bürokratische Hürden abzubauen und den Ausbau der Solarenergie signifikant zu beschleunigen. Besonders hervorzuheben sind Neuerungen im Hinblick auf eine Ausweitung des Mieterstrommodells auf gewerblich genutzte Immobilien, die „gemeinschaftliche“ Gebäudeversorgung, die technische und vergütungsseitige Anlagenzusammenfassung sowie Vereinfachungen für die Nutzung von Balkonkraftwerken. Bei Freiflächenanlagen kamen für Agri- und Parkplatz-PV-Anlagen höhere Vergütungssätze hinzu. Obwohl das Solarpaket bereits im Mai 2024 das parlamentarische Verfahren durchlaufen hatte, ist es in Teilen noch nicht in Kraft getreten, da die Regelungen formell noch an die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission gebunden sind.

Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)

Ebenfalls im Sommer 2024 wurde das novellierte Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) verabschiedet. Hieraus ergeben sich deutliche Erleichterungen für die Genehmigungsverfahren von Onshore-Windenergieanlagen. So soll z.B. die Dauer von Genehmigungsverfahren dadurch verkürzt werden, dass die Behörden nur ein einziges Mal, innerhalb eines Monats, Unterlagen beim Antragsteller nachfordern können. Zudem entfällt die Durchführung einer vorläufigen Gesamtprognose sowie einer vorläufigen Umweltverträglichkeitsprüfung für einen positiven Vorbescheid zum Projekt. Im novellierten BImSchG finden sich darüber hinaus Vorgaben für die Digitalisierung der Antragsverfahren. Das Repowering von Altanlagen wird entbürokratisiert und vereinfacht. So wurde beispielsweise die Abstandregel zwischen Neu- und Altanlagen von 2H auf 5H erhöht, was zu einer höheren Flexibilisierung beim Repowering beiträgt.

Klimaschutzgesetz (KSG)

Im Juli 2024 trat das neue Klimaschutzgesetz (KSG) in Kraft, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2021 das Klimaschutzgesetz in seiner damaligen Form in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärt hatte. Ziel des KSG ist, in Deutschland die Treibhausgas-Neutralität bis 2045 zu erreichen. In der novellierten Fassung steht die Reduktion der gesamten THG-Emissionen im Fokus, unabhängig davon, in welchen Sektoren diese anfallen. Die Regierung soll künftig zu Beginn einer Legislaturperiode einen Vierjahresplan zur sektorübergreifenden CO2-Reduktion beschließen. Dadurch sollen die Klimaziele sozialgerecht und volkswirtschaftlich effizient erreicht werden. Emissionsdaten für jeden Sektor werden weiterhin erhoben und veröffentlicht. Flankiert wird das KSG vom bereits 2023 veröffentlichten Klimaschutzprogramm, das konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität beinhaltet.

Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)

Die große und umfassende Novellierung des EnWG steht zwar noch aus. Allerdings wurden im Jahr 2024 einige relevante Regelungen im EnWG umgesetzt:

-    Seit Januar 2024 dürfen die Stromnetzbetreiber durch die Festlegungen im §14a EnWG bestimmte flexible Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und Ladestationen für Elektrofahrzeuge steuern („dimmen“), um die Last im Stromnetz effizienter zu verteilen und Netzengpässe zu vermeiden.

-    Eine weitere Regelung im EnWG bezieht sich auf die Ausweisung bzw. Netzentwicklungsplanung sowie Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes. Im Jahr 2026 soll erstmals ein Netzentwicklungsplan für Gas und Wasserstoff von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Fernleitungsnetzbetreiber und regulierte Betreiber von Wasserstofftransportnetzen erstellen im Rahmen eines integrativen Prozesses künftig alle zwei Jahre einen Szenariorahmen und darauf aufbauend einen integrierten Netzentwicklungsplan Gas und Wasserstoff.

-    Darüber hinaus wurden mehrere Festlegungen bzgl. des LNG-Imports sowie der Gasspeicherung und der Gasspeicherumlage getroffen.

37. Verordnung zur Neufassung der Siebenunddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV)

Im Jahr 2024 trat die 37. BImSchV in Kraft. Darin werden die Vorgaben des Delegated Acts in nationales Recht umgesetzt. In der Verordnung wird geregelt, unter welchen Bedingungen der Strom zur Herstellung von E-Fuels und anderen synthetischen Kraftstoffen als vollständig erneuerbar und der mit diesem Strom erzeugte Wasserstoff als „grün“ gelten darf. Demnach muss „grüner“ Wasserstoff mittels Elektrolyse produziert werde und der dazu verwendete Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien nicht biogenen Ursprungs gewonnen werden. Die Anlagen zur Stromerzeugung dürfen dabei nicht älter als 36 Monate sein (sog. „Zusätzlichkeit“).

Kraftwärmekopplungsgesetz (KWKG)

Eine Ausnahme bildet das KWKG. Es konnte nach dem Ampel-Aus zwar nicht mehr von der Regierung verabschiedet werden. Allerdings wurde von der SPD und den Grünen noch ein Gesetzesentwurf eingebracht, der unter einer möglichen Zustimmung der CDU noch vor der Bundestagswahl am 3. Februar 2025 Inkrafttreten könnte. Hintergrund ist, dass die noch geltenden Regelungen Ende 2026 auslaufen und die Marktakteure dringend Rechtssicherheit brauchen, um noch rechtzeitig Investitionen in KWK-Anlagen zu tätigen. Im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie wurde noch vor Weihnachten eine virtuelle Anhörung zu dem Thema im Januar beschlossen. Der Gesetzesentwurf sieht eine Fortführung der Förderung für KWK-Anlagen, von Wärmenetzen und -speichern sowie von E-Heizungen vor. Eine Verabschiedung scheint aufgrund des Drucks aus der Energiebranche also sehr wahrscheinlich.

Über Constantin Lange

Profilbild zu: Constantin Lange

Beim Cluster bin ich für den Bereich Forschung und Innovation zuständig und bin damit die Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft. Meine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Wind – und Solarenergie sowie im Themenfeld Wärme. Über unsere Fachforen und verschiedene Veranstaltungsformate verantworte ich u.a. direkte Informations- und Diskussionsformate für unsere Mitgliedsunternehmen.

von Constantin Lange