Details

EEG-Novelle: Regierung muss Chance für Klimaschutz nutzen Gastbeitrag von Dr. Julia Verlinden, Bündnis 90/Die Grünen

Energiewende und Klimaschutz gehen Hand in Hand. Um klimagerecht und nachhaltig wirtschaften zu können, muss unser Energiebedarf so schnell wie möglich zu 100 Prozent aus Erneuerbarer Energie gedeckt werden.

EEG-Novelle: Regierung muss Chance für Klimaschutz nutzen
Dr. Julia Verlinden, Bündnis 90 / Die Grünen

Dabei ist ein sparsamer und effizienter Umgang mit Energie entscheidend. Klar ist aber auch: Trotz Energieeinsparung und mehr Energieeffizienz wird der Bedarf an Ökostrom steigen. Denn in den Bereichen Verkehr, Wärme und Industrie kommt mit Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen oder grünem Wasserstoff zunehmend sauberer Strom an Stelle von Öl und Erdgas zum Einsatz.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist der richtige gesetzliche Rahmen, um den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen. Es gibt Länder, Kommunen und Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit. Die anstehende Novelle des EEG bietet die Chance, mehr Klimaschutz zu erreichen. Doch die Bundesregierung scheitert mit ihrem Entwurf an dieser Aufgabe. Klimapolitisch ist mindestens doppelt so viel zusätzliche Wind- und Solarenergie pro Jahr notwendig wie von der Bundesregierung vorgesehen. Das haben zuletzt u.a. die Studien zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von Fridays for Future und der Agora Energiewende bestätigt.

Entscheidend für den klimagerechten Ausbau der Erneuerbaren Energien sind mindestens drei Stellschrauben: Erstens müssen die Ausbauziele insgesamt deutlich erhöht und in der Folge die Mengen in den Ausschreibungen für Wind- und Solarenergieanlagen nach oben angepasst werden. Das riesige Interesse an den letzten Solarausschreibungen zeigt, dass eine Ausbauoffensive der Erneuerbaren möglich wäre.

Zweitens muss nicht nur eine Anschlussregelung für Solaranlagen her, sondern auch eine für Windräder, die nach 20 Jahren Laufzeit aus der Finanzierung über das EEG ausscheiden. Wenn hier nicht schnell etwas geschieht, droht ein massenhafter Rückbau von funktionsfähigen Anlagen und unterm Strich womöglich sogar ein Rückgang der Windenergie insgesamt. Eine Mindestvergütung für Altanlagen ohne zusätzliche Bürokratie ist hier ein guter Ansatz. Zusätzlich bedarf es eines schlüssigen Konzepts für großflächiges Repowering von Windrädern, also den Ersatz alter Anlagen durch neue, leistungsstärkere.

Drittens müssen die großen Chancen der Bürgerenergie endlich ergriffen werden. Viele wollen bei der Energiewende mitmachen und investieren, aber die Regierungskoalition erschwert das an allen Fronten. So bleibt der Regierungsentwurf bei der direkten Nutzung der Solarenergie vom eigenen Dach deutlich hinter den Vorgaben der EU für bessere Bürgerbeteiligung zurück. Auch beim Mieterstrom hält die Regierung bürokratische Hürden aufrecht, statt diese Art der nachbarschaftlichen Stromversorgung endlich einfach und wirtschaftlich zu machen.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz war einmal ein kraftvoller Motor der Energiewende. Rot-Grün hat dieses Gesetz vor 20 Jahren auf den Weg gebracht und damit die Erfolgsgeschichte der Erneuerbaren gestartet. Wir brauchen jetzt eine EEG-Novelle, die an diese Erfolge anknüpft und Deutschland auf Klimakurs bringt. Energiewende im Schneckentempo können wir uns nicht länger leisten – weder klima- noch industriepolitisch.

Über die Autorin

Profilbild zu: Dr. Julia Verlinden

Dr. Julia Verlinden ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Sie sitzt im Ausschuss für Wirtschaft und Energie und ist Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Verlinden studierte Umweltwissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg und promovierte 2012 über Energieeffizienzpolitik als Beitrag zum Klimaschutz am Beispiel der Umsetzung der EU-Gebäude-Richtlinie in Deutschland. Von 2006 an arbeitete sie als Wissenschaftlerin im Umweltbundesamt, zuletzt als Leiterin des Fachgebietes Energieeffizienz.

von