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EEG-Novelle: Neue Wege für mehr Akzeptanz notwendig Gastbeitrag von Prof. Neumann, energiepolit. Sprecher der FDP im Bundestag

Im Jahr 2000 wurde das EEG geschaffen, um den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch zu steigern – und das ist gelungen. Nun läuft für die ersten Anlagen die gesetzlich garantierte Vergütung für die Erzeugung erneuerbaren Stroms aus.

EEG-Novelle: Neue Wege für mehr Akzeptanz notwendig
Prof. Dr. Martin Neumann, energiepolitischer Sprecher der FDP im Deutschen Bundestag

Wie geht es mit diesen nun 20 Jahre alten und „ausgeförderten“ Anlagen weiter, die ja weiter Energie bereitstellen könnten? Der planwirtschaftliche Ausbaupfad stockt: Um bei einem stagnierenden Stromverbrauch von 580 Terawattstunden das Ziel der Bundesregierung von 65 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 zu erreichen, muss die installierte Leistung bei Windenergie an Land von heute 53 Gigawatt (GW) auf 71 GW und bei Photovoltaik von 49 GW auf 100 GW erhöht werden. Außerdem muss die Stromerzeugung aus Biomasse auf dem heutigen Niveau gehalten werden. Eigentlich utopisch, wenn man bedenkt, dass die benötigte Leistung im Jahr 2030 um ein Vielfaches höher liegen könnte.

Überdies sind nationale Ausbauziele einzig für den Stromsektor weder nachhaltig noch technologieoffen oder ökonomisch. Es bedarf vielmehr nationaler Lösungen, die in ein europäisches Gesamtkonzept integriert sind. Zudem wird eine dauerhaft stabile Versorgung nicht durch reinen Zubau von installierter Leistung mit volatilen Energieträgern möglich sein. Wir brauchen also einen ganzheitlichen Ansatz, der neben der Versorgungssicherheit auch die Bezahlbarkeit wieder in den Vordergrund rückt. Denn schon heute hat Deutschland europaweit fast die höchsten Strompreise, und etwa ein Fünftel davon stammt vom EEG. Deshalb müssen wir das EEG tiefgreifend reformieren: Zwar ist die Senkung der EEG-Umlage auf 6,5 Cent begrüßenswert, doch ohne milliardenschweren Zuschuss aus Steuermitteln stiege sie im kommenden Jahr auf über neun Cent. Im Haushaltsentwurf 2021 sind dafür fast 11 Mrd. Euro vorgesehen. Das ist keine nachhaltige Entlastung für Bürger und Unternehmen. Mittelfristig sollte also die EEG-Umlage abgeschafft werden. Wir brauchen mehr Markt. Dazu gehört auch die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß, denn diese ist schon lange kein Steuerinstrument mehr, weil sie auf alle Energieträger umgelegt wird.

Allerdings verschiebt der jetzige Gesetzentwurf der Bundesregierung den Ausstieg aus der EEG-Förderung und den Einstieg in marktwirtschaftliche Mechanismen auf 2027 und schafft neue Fördertatbestände aus zusätzlichen Einzelregelungen, wobei Eigenversorger und Speicherbetreiber kaum entlastet werden. Dieser Flickenteppich erschwert das Engagement für die Energiewende und drängt die für ihren Erfolg notwendige aktive Beteiligung der Bürger zurück. Es muss also deutlich nachgebessert werden.

Was wir brauchen, sind nicht Ausbauziele, die Abhängigkeiten schaffen, sondern mehr Flexibilität durch Digitalisierung und ein besseres Zusammenspiel von Strom, Wärme und Verkehr sowie deren Infrastrukturen – Stichwort Sektorkopplung. Nur damit gelingt es, die erneuerbaren Energien besser zu nutzen, die Energieversorgung effizienter zu machen und den Ausstoß von Treibhausgasen zu begrenzen. Die erneuerbaren Energieträger sollten sich, wie alle anderen Energiequellen auch, mittlerweile von selbst am Markt behaupten. Wir müssen also die Förderung beenden, erneuerbare Energien vollständig in den Wettbewerb überführen und den weiteren Zubau marktwirtschaftlich organisieren. Das schafft zugleich Potential für mehr Kreativität und Innovationen.

Für eine Energiewende, die den Namen auch verdient, sind jetzt demzufolge effizientere Rahmenbedingungen gefordert. Das Ziel sollte ein breiter Mix emissionsarmer Energieträger sein, der Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit garantiert. Nur so entsteht gesellschaftliche Akzeptanz – und die ist essenziell für eine nachhaltige Energiepolitik.

Zum Gastautor:

Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann wurde 1956 in Vetschau geboren, hat Maschinenbau an der Technischen Universität Dresden studiert und wurde 1988 an der Ingenieurhochschule in Cottbus promoviert. 1999 folgte er dem Ruf der Hochschule Magdeburg-Stendal als Professor für Technische Gebäudeausrüstung. 2007–2009 gehörte er der Arbeitsgruppe Klimawandel des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt an. Professor Neumann war von 2009 bis 2013 Mitglied des 17. Deutschen Bundestages und ist seit 2017 als Sprecher für Energiepolitik erneut liberales Parlamentsmitglied.

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