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Erneuerbare Energien in Spielen Eine Empfehlungsliste der EEHH-Redaktion
(Computer-)Spiele sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Gamification ist ein großes Schlagwort, insbesondere in Hinblick auf Weiterbildung und Fachkräftegewinnung. Und so kurz vor Weihnachten sind Sie vielleicht auf der Suche nach einem pädagogisch wertvollen Geschenk. Wir stellen Ihnen einige unserer Lieblingsspiele vor.

Für Optimierer und Schönbauer:
Darum geht es: Die deutsche und international erfolgreiche Spielereihe Anno hat sich seit dem Erstling Anno 1602 von 1998 im Kern wenig verändert: Sie erbauen als Stadtherr in einem Inselreich aus bescheidenen Anfängen eine prosperierende Gesellschaft mit einem komplexen Wirtschaftskreislauf. Um die Stadt der Träume zu bauen, obliegt es dem Spieler, aufwendige Logistikketten zu etablieren und zu verwalten, um die immer komplexeren Bedürfnisse seiner Untertanen zu erfüllen.
Die verschiedenen Iterationen des Spiels setzen das Genre in verschiedenen namensgebenden Zeitaltern fort: So gibt es mittlerweile auch Anno 1404, 1503, 1707, 1800 und das futuristische Anno 2070, das wir uns heute einmal genauer ansehen wollen.
Zu dem klassischen Element des Siedlungsbaus kommt eine Neuerung in der Spielmechanik, die Ökobilanz. Jedes Gebäude hat einen entsprechenden positiven oder negativen Fußabdruck. Sinkt die Ökobilanz zu sehr ab, wird der Boden sauer und als Folge dessen tritt eine verminderte Produktionsrate bei den Farmen der Insel auf. Auch Stürme sind als Folge von besonders schlechten Umweltbedingungen möglich. Die Verwendung risikoreicher Brennstoffe können eine Ölpest oder auch den GAU im AKW zur Folge haben. Der Vorteil von positiven Ökobilanzwerten ist neben der gesteigerten Produktivität von Farmen auch eine glücklichere Bevölkerung.
Gleich zu Beginn des Spieles entscheidet man sich für eine der Fraktionen: Die Ecos oder die Tycoons. Während erstere bemüht sind, im Einklang mit der Natur zu leben, haben Letztere kein Problem, ihre Umwelt auszubeuten.
Die Ecos fokussieren sich demnach auf umweltfreundliche Technologien und nachhaltige Ressourcen. Ihre Gebäude sind darauf ausgelegt, die Umwelt zu schonen und die Effizienz zu maximieren. Zu ihren Spezialgebäuden gehören unter anderem zur Erzeugung von Strom Windkraftanlagen (onshore und offshore), das Solarturmkraftwerk, das Blockheizkraftwerk und das Thermalkraftwerk. Später im Spiel kann die Umweltbilanz dadurch weitere Spezialgebäude verbessert werden, wie die Ozonmacher-Station oder das Flussklärwerk.
Die Tycoons hingegen sind eine Fraktion, die sich auf schnelle industrielle Expansion und maximale Produktion konzentriert. Zu ihren Spezialgebäuden gehören unter anderem das Kohlekraftwerk, die Ölraffinerie, und das Atromkraftwerk. Diese Gebäude sind darauf ausgelegt, kostengünstig die Energieproduktion zu maximieren und die Flächeneffizienz zu steigern. Zur Verbesserung der Ökobilanz können sie unterirdische CO2-Speicher bauen.
Obwohl die Wahl für manche klar scheiten, bieten die Fraktionen individuelle Stärken und Schwächen. Dabei kann man – und das wird die Freunde der Technologieoffenheit erfreuen – die Gebäudeketten beider Fraktionen mischen. Das qualmende Kraftwerk kann also akuten Energiehunger der Industrie sättigen, wenn gerade nicht genug Erneuerbare Energien zur Verfügung stehen.
Energiegebäude in Anno 2070
Für Strategen und Taktierer:
Darum geht es: Die Spielereihe Civilization gibt es bereits seit 1991. Man startet in der Steinzeit mit einem Volk seiner Wahl und das Ziel ist, eine mächtige Zivilisation aus Städten zu errichten, während man Epoche für Epoche der Menschheitsgeschichte durchlebt und dadurch Zugang zu neuen Technologien und Gebäuden erhält. Im Gegensatz zu Anno läuft das Spiel nicht in Echtzeit, sondern in Runden ab. Man plant in einer Runde alle seine Züge und Aktionen, danach ziehen die Mitspieler.
Zu Beginn startet man mit einem Siedlertrupp, gründet seine erste Niederlassung und expandiert von dort, in erster Linie um sich strategische Ressourcen zu sichern. Militär ist ein wichtiger Faktor, dennoch kann Civ auch pazifistisch gespielt werden. So gibt es auch die Möglichkeit eines Wirtschaft-, Kultur-, Diplomatie- oder Forschungssieges. Denn auch ohne Waffen kann man sich erheblichen Einfluss unter den Nationen verschaffen und friedlich seine Interessen durchsetzen.
Die letzte Erweiterung (DLC) „Gathering Storm“ des aktuellen sechsten Serienteils (Civ VI) bringt im Endgame, also der Neuzeit, den Klimawandel als neuen spielmechanisch bedeutsamen Aspekt unter. Baute man in der Industrialisierungsphase im Hauptspiel munter fossile Kraftwerke und Fabriken, bedroht den Spieler nun ein steigender Meeresspiegel. Gegen den helfen punktuell Flutmauern, um die wichtigsten Siedlungen zu schützen, doch stellt das „Land unter“-Szenario den Spieler vor massive Herausforderungen. Aber auch Dürren und Stürme wirken sich auf das Spiel aus. Man muss also Gegenmaßnahmen treffen: So kann der Spieler auf Windkraftanlagen und Solarfelder zurückgreifen, die entweder auf Hügeln bzw. an Küsten oder in Ebenen errichtet werden müssen. Auf geothermische Risse können Geothermie-Kraftwerke errichtet werden. Da das alleine wie in der echten Welt nicht ausreicht, kann er diplomatisch Druck auf andere Zivilisationen aufbauen, es ebenfalls zu tun. Ein Beispiel: Zu bestimmten Rundenzeiten startet die Weltkonferenz zwischen allen verbliebenen Nationen. Dabei kann auch ein Wettbewerb zur Eindämmung des Klimawandels ausgerufen werden. Konkrete Möglichkeiten sind CO2-Entnahmeprojekte und die verpflichtende Stilllegung der Kohlekraftwerke.
Der Clou des Spiels: Während man mühsam seit der Bronzezeit seine Zivilisation hochgepäppelt und in die Produktivität investiert hat, wird dem Spieler durch diesen Dreh klar, dass das Wachstum nur auf Pump funktioniert. Nun hat man die Mühe, seine Energieversorgung auf Erneuerbare Energie umzustellen, wobei man die Nutzung des spärlich verfügbaren Platzes gut abwägen muss.
Energiegebäude in Civilization VI
Für Analogfreunde und Gesellschaftsspiele-Fans:
Darum geht es: e-Mission ist ein kooperatives Brettspiel, in dem alle Spielenden zusammenarbeiten müssen, um die globalen CO2-Emissionen auf null zu senken. Jeder übernimmt die Rolle einer Gruppe (Europa, USA, China, globaler Süden) und startet daher mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Die Stromversorgung muss auf erneuerbare Energien umgestellt werden, aber auch Themen wie Landwirtschaft oder die Abfallwirtschaft werden einbezogen. Es ist ausgezeichnet worden als „Kennerspiel des Jahres 2024“.
Der Ablauf gliedert sich in 6 Runden, bis zu denen das Ziel der Nullemissionen erreicht sein muss. In den Runden können Projektkarten genutzt werden, um den Effekt der bis zu 5 eigenen Projekte zu nutzen (z.B. gibt es Projekte, bei denen man pro abgeworfener Handkarte ein „saubere Energie Plättchen“ bekommt), um andere Projekte zu unterstützen (z.B. wenn ein Projekt pro 2 unterstützende Karten eine Einheit „saubere Energie“ produziert) oder um Projekte zu ändern (denn du kannst nur 5 Projekte ausliegen haben, diese aber ändern). Über die Zeit können demnach immer produktivere Projekte entstehen – aber die Zeit ist knapp!
Nach jeder Runde wird geschaut: Wieviel CO2 wird produziert? Welchen Einfluss hat das auf die Temperatur? Durch die Änderungen werden Krisen häufiger und verändern das Spielgeschehen, insbesondere wenn Kipppunkte erreicht werden. Zum Beispiel gibt es globale Folgen, wie Wüstenbildung, wodurch 1 Baum pro Person entfernt wird - der bis dahin CO2 gebunden hat.
Das Spiel endet spätestens, wenn die Temperatur um 2 Grad gestiegen ist (und es gibt zwei weitere Wege zu verlieren). Als gewonnen gilt das Spiel, wenn der Wendepunkt erreicht wird, also in einer Runde alle Emissionen gebunden werden und die Temperatur nicht weiter steigt. Da die Herausforderungen global sind, erhöht Interaktion und konstruktive Kommunikation die Gewinnchancen.
Das Spiel schafft das Kunststück, das komplexe Thema Klimawandel vereinfacht in ein Brettspiel zu gießen und trotzdem die global greifenden Mechanismen passgenau darzustellen. Denn egal wie erfolgreich die Spielenden sind, die Temperatur auf der Erde wird sich erhöhen und es ist nur die Frage, wie schnell das passiert, welche Auswirkungen der Klimawandel haben wird und ob die Wende schnell genug geschafft werden wird.
Die Anleitung ist etwas länger, aber einmal verstanden, ist das Spiel schnell weiteren Personen erklärt. Es kann mit bis zu vier Personen, aber auch allein gespielt werden und dauert 60-120 Minuten. Der Wiederspielwert ist hoch, da die Schwierigkeit angepasst werden kann. Es ist nichts für Personen, die schon bei dem Regelwerk von UNO an Ihre Grenzen kommen. Leute die sich von den Regeln von „Die Siedler von Catan“ nicht abschrecken lassen, sollten hier gut zurechtkommen (übrigens gibt es seit wenigen Monaten auch „Catan – Energien“ – ein eigenständiges Spiel aus der Catan-Welt!).
Der Preis ist mit ca. 60-80 Euro hoch. Der Hersteller Schmidt Spiele schreibt, dass das Spiel ohne Kunststoff und CO2-neutral in Deutschland produziert wird.

Gamification in der Bürgerbeteiligung (Lesetipp)
Spielerisch die Energiewende planen - Wie in einem Computerspiel könnten Bürgerinnen und Bürger künftig selbst Vorschläge zum Ausbau erneuerbarer Energien machen.