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Die Verzahnung der Puzzlestücke – Interview mit Mitsubishi Heavy Industries Systemintegration beim Hamburg Green Hydrogen Hub
Mitsubishi Heavy Industries (MHI) arbeitet in einem Konsortium mit Shell, Vattenfall und Wärme Hamburg an dem Projekt Hamburg Green Hydrogen Hub (HGHH) in Moorburg. Als technischer Berater bringt sich das Unternehmen in dem Bereich Systemintegration ein. Welche Faktoren bei der Planung des Baus einer Anlage mit dieser Größe beachtet werden müssen, erklärt der Leiter der Projektentwicklung Bastian Gerstner-Riewer.
Herr Gerstner-Riewer, wie ist MHI Konsortialpartner beim HGHH geworden und was macht das Projekt für Sie attraktiv?
Im Rahmen unser Projektentwicklungsarbeit haben wir uns umgeschaut, wo es interessante Standorte für ein technisches Set-Up für eine großformatige Elektrolyseanlage gibt. Durch die Kombination aus der besonderen Abnehmerstruktur im Hamburger Hafen und unseren Kenntnissen über das alte Kohlekraftwerk Moorburg mit dem erschien es uns definitiv sinnvoll, dort ein Wasserstoff-Projekt zu starten, welches mit einer realistischen Größe starten und mit steigendem Wasserstoffbedarf wachsen kann. Hinzu kam, dass der Stahlproduzent Arcelor Mittal in Hamburg uns für ein Projekt zur Wasserstoffversorgung angefragt hatte und wir nach Partnern suchten, mit dem wir ein Elektrolyseur-Projekt umsetzen können.
Ausschlaggebende Vorteile des Standortes Moorburg sind zum einen, dass wir den benötigten Stromanschluss zur Verfügung haben und keine neuen Leitungen gelegt werden müssen, da diese durch das Kraftwerk schon vorhanden sind, und zum anderen die ausreichende Fläche in Moorburg. Gleichzeitig erlaubt uns ein breites Kundenspektrum mit unterschiedlichen Abnahmeprofilen, die Wasserstoffproduktion mit fluktuierendem grünem Strom zu optimieren. Und das interessiert uns sehr.
Auf der Ebene des Projektmanagements ist das Set-Up in Hamburg ideal, weil alle Beteiligten des Konsortiums ihre Expertise und Stärken einbringen können. Bei diesem Projekt kommen Partner zusammen, die alle das gleiche Ziel verfolgen: eine Elektrolyseanlage zu bauen und Wasserstoff für die Dekarbonisierung der Industrie und des Logistik- und Mobilitätbereichs zu produzieren.
Was genau ist die Rolle von MHI im Verbundprojekt?
Wir setzen uns mit dem Thema der Integration der Elektrolyseanlage in das alte Kraftwerk auseinander. Die Technik für den Bau der Anlage ist zwar nicht komplett neu, aber bei der Größe stellt sich die Frage, wie effizient und sicher gebaut werden kann und welche Elektrolyse-Technologien sich am besten eignen.
Weiterhin befassen wir uns damit, inwiefern der Platz am Standort am besten genutzt werden kann und wo es noch Optimierungsmöglichkeiten z.B. bei der Abwärmenutzung gibt. Eine technische Herausforderung bei dem Bau stellt dabei der zeitgleiche Abriss des Kraftwerks dar.
Wenn man so eine Anlage baut, geht es anfangs um Genehmigungen, welche mit den Behörden abgestimmt werden müssen. Dafür braucht es Daten darüber, wie viel Raum die Anlage einnehmen wird, als auch z. B. wie viel Abwasser entsteht. Genau diese Arbeit übernehmen wir, indem wir diese Daten definieren und externe Gutachten erstellen lassen. Auch Fragestellungen des späteren Betriebs des Elektrolyseurs und die Integration in des Wasserstoffnetz der Gasnetz Hamburg sind Themen, an denen wir arbeiten.
Hat MHI bereits andere (Wasserstoff)-Projekte, von denen Erfahrung direkt in den Hamburg Green Hydrogen Hub einfließen kann?
Ein anderes großes Projekt namens Advanced Clean Energy Storage (ACES) setzen unsere amerikanischen Kollegen in Utah um, wo viel grüner Strom aus Wind und Photovoltaik produziert wird. Dort wird eine 200 Megawatt-Elektrolyse-Anlage gebaut, um dann den Wasserstoff in einer Salzkaverne zwischenzuspeichern. Nebenan wird ein Kraftwerk mit Mitsubishi Power Gasturbinen ausgestattet, welche den gespeicherten Wasserstoff rückverstromen werden. Also quasi, das was Hamburg in klein plant, wird dort amerikanisch groß gebaut. Der Unterschied ist jedoch, dass dort im ersten Schritt Strom-zu-Gas-zu-Strom gemacht wird, während in Hamburg der Wasserstoff primär zur Dekarbonisierung der Industrie eingesetzt werden soll.
Es handelt sich wie bei den Planungen in Hamburg um ein Pilotprojekt, was Herausforderungen insbesondere bei der Sicherstellung der Kosteneffizienz mit sich bringt. Wir profitieren bei dem Projekt von unserer jahrelangen Erfahrung in dem Bereich Wasserstoff, die wir auch dank der japanischen Wasserstoff-Strategie aufbauen konnten, und bringen unsere Expertise insbesondere im Bereich der Systemintegration ein.
Sie sprachen von Herausforderungen bei Pilotprojekten - haben sie bestimmte technische Erkenntnisziele, welche Sie aus dem Hamburg Green Hydrogen Hub ziehen wollen?
Trial-and-Error können wir bei Projekten mit dieser Größe nicht machen, es wird alles auf Erfahrung und den entsprechenden Vorschriften basieren. Es kann nur wirklich getestete Technik verwendet werden.
Eine Anlage in dieser Größe, an einem Stück und effizient zu bauen, damit es später nicht zu teuer wird und auf die Wasserstoffkosten umgelegt werden muss, das ist die Herausforderung. Dabei ist es das Ziel, Erkenntnisse bei der Standardisierung zugunsten der Kostenreduzierung zu gewinnen, um die Elektrolyseanlage schrittweise weiter ausbauen zu können.
Wie würden Sie persönlich die Bedeutung von Wasserstoff für die Industrie einschätzen?
Wenn wir das Thema Dekarbonisierung ernsthaft weitertreiben wollen, dann ist Wasserstoff ein sehr wichtiger Baustein. Es kann viel elektrifiziert werden, aber eben nicht alles, dort kommt dann Wasserstoff ins Spiel – gerade in der Schwerindustrie.
Deshalb sind Wasserstoff und grüner Strom die zwei Komponenten für eine erfolgreiche Dekarbonisierung der Industrie. Es ist extrem wichtig, dass jetzt die Basis dafür gelegt wird und dann auch nachhaltig weitergetrieben wird, damit wir die 2050 Ziele erreichen.