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Die energiepolitischen Themen aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD Der Koalitionsvertrag zwischen der CDU/CSU und SPD – „Verantwortung für Deutschland“
Mit der Wahl von Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler am vergangenen Dienstag kann die neue Koalition aus CDU/CSU und SPD offiziell die Regierungsarbeit aufnehmen. Bereits zuvor haben sich die beiden Parteien in ihrem gemeinsamen Koalitionsvertrag auf die inhaltliche Ausrichtung für die nächste Legislaturperiode geeinigt. Der Blogartikel liefert eine Übersicht zu den in den Koalitionsverträgen relevanten energiepolitischen Themen.

Grundlegende Schwerpunktsetzung
Bereits die Präambel verdeutlicht, dass die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag durch die Themen Wirtschaft, Sicherheit und Migration neue Schwerpunkte setzt. Während der Klimaschutz oder die Energiewende nicht wörtlich in der Einleitung vorkommen, sichert der Koalitionsvertrag eine Kontinuität bei den Klimaschutzzielen sowie beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zu. Durch das Infrastruktursondervermögen erhält der Klima- und Transformationsfonds außerdem jährlich einen Zuschuss von zehn Milliarden Euro, was die Handlungsmöglichkeiten erhöht. Insgesamt behandelt der Koalitionsvertrag ausgiebig relevante Themen des Energiesektors, die in diesem Beitrag erläutert werden.
Energiepolitik
Im Koalitionsvertrag wird betont, dass „Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit“ im Zentrum der Energiepolitik stehen sollten. Zudem wird betont, dass das Ziel niedrige, planbare und wettbewerbsfähige Energiekosten seien. Hierzu sollen die Erneuerbaren Energien und Speicher (s. unten) sowie die Netze weiter ausgebaut werden. Die Kraftwerksstrategie und die Steigerung der Flexibilisierung im Stromnetz sollen zu einem effizienten Stromsystem beitragen. Auch die Mitgestaltung durch die Wirtschaft und Bürger*innen, bspw. mittels Mieterstrom oder Energy Sharing, wird adressiert. Damit der Umbau des Energiesystems an Geschwindigkeit gewinnt, sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren durch Entbürokratisierungen und Privilegierung beschleunigt werden.
Energiepreise: Ziel von CDU/CSU und SPD ist es, die Stromkosten für Verbraucher*innen und Unternehmen durch verschiedene Maßnahmen dauerhaft um mindestens 5 ct/kWh zu senken. Maßnahmen dafür: Senkung der Stromsteuer, Deckelung der Netzentgelte und Abschaffung der Gasspeicherumlage genannt. Zudem wird ein gesonderter Industriestrompreises festgelegt.
Netzausbau: Der Netzausbau soll vorangetrieben und kosteneffizient gestaltet werden. Dazu soll mehr digitalisiert werden sowie die Überbauung an Netzverknüpfungspunkten ermöglicht werden. Außerdem ist eine Beschleunigung des Smart-Meter-Rollouts vorgesehen. Genehmigungsverfahren für den Netzanschluss sollen vereinheitlicht und Kosten gesenkt werden. Eine einheitliche Stromgebotszone wird beibehalten.
Kraftwerksstrategie: Ziel ist es, bis 2030 20 GW an Gaskraftwerken zuzubauen, um Versorgungsengpässe und Strompreisspitzen zu Zeiten hoher Verbräuche oder geringer Erzeugung von Wind und Solar abzufedern. Ein Kapazitätsmechanismus soll außerdem marktwirtschaftliche Anreize für Erzeugungsanlagen verschiedener Technologien nutzbar machen (weiteres zur Kraftwerksstrategie und dem Kapazitätsmechanismus in unserem Blog).
Flexibilisierung: Die flexible Nutzung von Erneuerbaren Energien soll sektorübergreifend vorangetrieben werden. Vor allem Speicherlösungen wird hier eine entscheidende Rolle zugewiesen (s. unten).
Planungs- und Genehmigungsverfahren: Das LNG-Beschleunigungsgesetz dient den Koalitionären als Vorbild, um auch den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Zudem soll der Pakt für Planungs-, Umsetzungs-, und Genehmigungsbeschleunigung weitergeführt und die Erneuerbare-Energien-Richtlinie III der EU schnell umgesetzt werden.
Erneuerbare Energien
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll durch einen netzdienlichen Zubau von Wind- und Sonnenenergie, sowie von Wasserkraft, Bioenergie und der Nutzung von Geothermie weiter vorangetrieben und durch marktwirtschaftliche Instrumente unterstützt werden. Neben einem stetigen Ausbau ist es das Ziel, dass sich die Erneuerbaren Energien selbständig auf dem Markt finanzieren können. Konkrete Ausbauziele, auch mit Verweis auf bestehende Ziele aus dem EEG, werden nicht adressiert.
Solarenergie: Die Solarenergie soll zukünftig in Verbindung mit Speichern systemdienlich gefördert werden. Zudem soll die Doppelnutzung bestehender Flächen in Form von bspw. Parkplatz- oder Agri-PV vereinfacht werden, um eine Flächenschonung zu erreichen. Durch Harmonisierung und Digitalisierung soll außerdem der Netzanschluss erleichtert werden.
Windenergie: An den Zielen des Windflächenausbaugesetzes bis 2027 wird festgehalten. Für die folgenden Jahre bis 2032 sollen die Ziele noch einmal evaluiert werden. Zur Wahrung der Akzeptanz für den Ausbau vor Ort soll der Bürgerstrom und die Direktversorgung für Unternehmen vereinfacht werden. Ebenso wird die Steuerungswirkung der Windenergiegebiete sichergestellt. Bei der Offshore-Windenergie ist geplant, zeitnah einen hybriden Offshore-Netzanschluss/Interkonnektor zur Verbindung mit den Stromnetzen anderer Anrainerstaaten herzustellen. Die Offshore-Herstellung von Wasserstoff soll durch die Ermöglichung hybrider Anbindungen (Stromnetz und H2-Pipeline) erleichtert werden.
Weitere Erneuerbare Energien: Die Nutzung der Potenziale weiterer Erneuerbarer Energien, wie Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie, werden im Koalitionsvertrag außerdem kurz adressiert.
Wasserstoff und Sektorenkopplung
Neben den Erneuerbaren Energien forciert die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag außerdem den weiteren Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft sowie förderliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Speichern und für die vermehrte Nutzung von E-Mobilität und erneuerbaren Wärmelösungen.
Wasserstoff: Zur Dekarbonisierung der Industrie soll der Wasserstoffhochlauf beschleunigt und dabei auf alle Herstellungsarten (Farben) zurückgegriffen werden. Durch weniger Regulierungen sollen sowohl große, zentrale als auch kleine, dezentrale Elektrolyseanlagen ermöglicht werden. Zudem sollen die Grundlagen für den Import von Wasserstoff und seinen Derivaten geschaffen und Energiepartnerschaften geschlossen werden. Beim Wasserstoffkernnetz ist die Errichtung zusätzlicher Trassen geplant und die Relevanz von Wasserstoffspeichern wird betont. Eine Förderung für Wasserstoff-Ladeinfrastrukturen bei Nutzfahrzeugen ist ebenso vorgesehen. Daneben zielt die künftige Regierung auf die Nutzung nationaler und europäischer Förderinstrumente (bspw. IPCEI-Projekte) ab. Deutschland soll führend in der europäischen Wasserstoffwirtschaft werden.
Energiespeicher: Die Energiespeicher sollen netzdienlich weiter ausgebaut werden und hierzu als im überragenden öffentlichen Interesse gelten. In Kombination mit privilegierten EE-Anlagen werden Speicher zukünftig ebenfalls privilegiert werden. Darüber hinaus sollen Steuern, Abgaben und Entgelte für Speicherlösungen so weit wie möglich reduziert werden. Eine Unterstützung von Bidirektionalem Laden und Laden am Arbeitsplatz ist ebenfalls vorgesehen.
E-Mobilität: Die Koalitionäre zielen auf eine Ausweitung der E-Mobilität ab, wobei eine „Technologieoffenheit“ bei den Antrieben beibehalten werden soll. Zur Förderung der E-Mobilität sind Kaufanreize sowie weitere Regelungen, wie beispielsweise eine Kfz-Steuerbefreiung oder Sonderabschreibungsregeln, vorgesehen. Zusätzlich soll die Batterieforschung gestärkt und Kompetenzen im Bereich der Batteriefertigung, des -recyclings, der Rohstoffgewinnung und der Maschinen- und Anlagenerrichtung ausgebaut werden.
Wärme: Im Wärmebereich will die neue Bundesregierung das Gebäude-Energie-Gesetz „technologieoffener, flexibler und einfacher“ gestalten. Zudem sollen die Gasnetze für die Nutzung fossilfreier Energieträger erhalten werden. Die Sanierungs- und Heizungsförderung wird beibehalten sowie die Förderung von Nah- und Fernwärmenetzen durch die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) ausgebaut. Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) soll noch 2025 an die Anforderungen einer klimaneutralen Wärmeversorgung und Flexibilisierung angepasst werden, sodass die vorhandenen Kapazitäten möglichst lange nutzbar sind.
Industrie und Transformation
Grundlegend wollen die CDU/CSU und die SPD das Carbon Leakage, die Abwanderung energieintensiver Unternehmen aus Deutschland, durch planbare und wettbewerbsfähige Energiekosten verhindern (s. bspw. Senkung der Strompreise). Daneben soll die Dekarbonisierung der Industrie durch gezielte Förderungen und Klimaschutzverträge fortgesetzt werden. Zusätzlich wird hier die Ermöglichung und Förderung von CCS/CCU-Technologien zur Abscheidung von nur schwer vermeidbaren CO2-Emissionen angestrebt. An der Bepreisung von CO2 als zentrales Lenkungsinstrument wird festgehalten. Die Entstehung von Leitmärkten für klimafreundliche/-neutrale Güter, beispielsweise in der Stahl- und Automobilindustrie, im Luftverkehr oder der maritimen Wirtschaft, soll befördert und angereizt werden. An dem geplanten Braunkohleausstieg bis zum Jahr 2038 wird außerdem festgehalten.
Die Förderung von Forschung und Innovation in den Bereichen der Erneuerbaren Energien, der Sektorenkopplung und des Wasserstoffs soll vorangetrieben werden. Außerdem wird die Kernfusionsenergie hervorgehoben und das Ziel ausgewiesen, den ersten Fusionsreaktor der Welt in Deutschland in Betrieb zu nehmen.
Ressortverteilung und Personalien
Neben der inhaltlichen Ausrichtung für die nächsten vier Jahre regelt der Koalitionsvertrag außerdem die Verteilung und den Zuschnitt der Ministerien. Die personelle Besetzung erfolgte jeweils durch die CDU/CSU und SPD für die ihnen zugeteilten Ressorts. Hier folgen die für den Energiesektor wichtigsten Ministerien, samt Personalien und Parteien:
CDU: Ministerium für Wirtschaft und Energie, Katharina Reiche
CDU: Ministerium für Verkehr, Patrick Schnieder
CSU: Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt, Dorothee Bär
SPD: Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Carsten Schneider
SPD: Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Verena Hubertz
Weitere Informationen zu den Ministerien und Personalien:
https://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/kabinett-union-spd-100.html
Der Koalitionsvertrag zum Downloaden:
https://www.koalitionsvertrag2025.de/sites/www.koalitionsvertrag2025.de/files/koav_2025.pdf