Details
Die energiepolitischen Themen aus dem Hamburger Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen
Der neue/alte Senat aus SPD und Grünen in Hamburg: Was kann für die nächsten fünf Jahren erwartet werden? Eine Zusammenstellung der wichtigsten energiepolitischen Themen aus dem Koalitionsvertrag von Hendrik Teichgräber.

Der Koalitionsvertrag zwischen der SPD und Grünen – „Hamburg vereint – mit Herz und Verstand“
Nachdem Peter Tschentscher am 07. Mai 2025 erneut von der Hamburger Bürgerschaft zum Ersten Bürgermeister gewählt wurde, konnte die neue/alte Koalition aus SPD und Grünen offiziell in fünf weitere Regierungsjahre in der Hansestadt starten. Bereits zuvor haben sich die beiden Parteien in ihrem gemeinsamen Koalitionsvertrag auf die inhaltliche Ausrichtung für die nächste Legislaturperiode geeinigt. Der Blogartikel liefert eine Übersicht zu den relevanten energiepolitischen Themen aus dem Koalitionsvertrag.
Grundlegende Schwerpunktsetzung
In der Präambel zum Koalitionsvertrag wird deutlich, dass die rot-grüne Koalition an die letzten Jahre ihrer Zusammenarbeit anschließen will. Sie verfolgt den Anspruch Hamburg „modern, l(i)ebenswert, klimafreundlich und wirtschaftsstark“ zu gestalten. Zentrales Ziel ist es, ein bezahlbares Leben für alle Menschen Hamburgs zu ermöglichen. Zwar werden die Energiewende und der Klimaschutz zu Beginn nicht direkt adressiert, diese klingen aber dennoch an einzelnen Stellen im einleitenden Teil durch. Grundlegend einigen sich die SPD und die Grünen im weiteren Koalitionsvertrag darauf, die Energiewende und den Ausbau der Erneuerbaren durch verschiedene Maßnahmen voranzutreiben. Es wird zudem die Klimaneutralität Hamburgs noch vor dem gesetzlich-verankertem Ziel im Jahr 2045 angestrebt. Welche Maßnahmen konkret geplant sind, wird folgend gebündelt dargestellt.
Erneuerbare Energien
Wie bereits beschrieben, wollen die Koalitionäre durch verschiedenste Maßnahmen die Energiewende und damit auch den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben. Insbesondere zur Photovoltaik und Windenergie werden konkrete Ideen genannt.
Photovoltaik. Laut SPD und Grünen liegt „das größte Potenzial für eine alternative Stromerzeugung … auf den Dächern Hamburgs“. Daher sollen im Jahr 2030 500 bis 800 MWp an Photovoltaikleistung installiert sein und diese bis 2035 noch einmal auf 1 bis 1,5 GWp gesteigert werden. Zum Erreichen der Ziele ist die Umsetzung einer Photovoltaik-Strategie geplant. Zudem sollen die für PV geeigneten Dachflächen auf öffentlichen Gebäuden bis 2030 zu 80 Prozent genutzt und auch Agrar- und Freiflächenanlagen zunehmend umgesetzt werden.
Windenergie. Ziel ist es, im Rahmen des Bundeswindenergieflächenbedarfsgesetzes bis Ende 2027 0,5 Prozent der Fläche Hamburgs als Windvorranggebiete auszuweisen. Zusätzlich ist geplant alle potenziellen Flächen im Hafengebiet zu prüfen und dort den Bau von Windkraftanlagen, bspw. durch die Erneuerbare Hafenenergie Hamburg GmbH, zu unterstützen. Konkrete Ausbauziele in Hinblick auf Anzahl oder Leistung der Anlagen werden nicht genannt.
Wasserstoff und Sektorenkopplung
Die Themen Wasserstoff und Sektorenkopplung werden im Koalitionsvertrag ausführlich adressiert und folgende Maßnahmen beschrieben.
Wasserstoff. Nach den Plänen von Rot-Grün soll der Hamburger Hafen als „Sustainable Energy Hub“ zentrale Anlaufstelle für die Produktion von und den Handel mit Erneuerbaren Energien werden. Hierzu wird geplant, die Importinfrastrukturen für Wasserstoff und dessen Derivate (wie bspw. Ammoniak) auszubauen und zu stärken. Zusätzlich will der neue Senat den im Bau befindlichen Elektrolyseur in Moorburg auf insgesamt 800 MW Leistung vergrößern. Das bereits ausgearbeitete Wasserstoff-Industrienetz (HH-WIN) wird zur Dekarbonisierung der ansässigen Industrie in den kommenden Jahren planmäßig umgesetzt werden. Im Bereich Wasserstoff wird außerdem die Stabstelle Wasserstoffwirtschaft bei der Behörde für Wirtschaft, Arbeit und Innovation als erster Ansprechpartner dauerhaft etabliert. Auch die Finanzierung der Arbeit von EEHH zur Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft wird strukturell gesichert. Zudem soll die „Hydrogen Technology Expo Europe“ als internationale Leitmesse dauerhaft in Hamburg verankert werden und sich Hamburg als bedeutender Luftfahrtstandort im Bereich von Wasserstoffanwendungen und synthetischem Kerosin positionieren.
Wärme. Zur Erreichung der Klimaneutralität betonen SPD und Grüne die Wichtigkeit der Transformation des Wärmesektors. Zu diesen Zweck soll die kommunale Wärmeplanung bis Juni 2026 abgeschlossen sein. Ziel ist es, dass bis 2030 ein Drittel aller Hamburger Haushalte an Wärmenetze angeschlossen ist. Daneben soll die flächendeckende Nutzung von Wärmepumpen, durch beispielsweise Informationskampagnen, erhöht werden. Zudem wird eine Förderung für Fernwärme, Wärmepumpen und Energieeffizienzmaßnahmen angekündigt. Ergänzend sollen Geothermiepotenziale genutzt werden, um fossile Energieträger in den Wärmenetzen zu ersetzen. Am Standort des Kohlekraftwerks Wedel soll außerdem langfristig eine Großflusswärmepumpe entstehen.
Energiespeicher. Im Koalitionsvertrag wird die zentrale Bedeutung von Energiespeichern für die Energie- und Verkehrswende herausgestellt. Im Bereich der Batteriespeicher soll Hamburg eine aktive Rolle einnehmen. Zur Förderung des Technologiestandorts soll hierzu beim EEHH ein eigenes Batterieforum geschaffen werden. Konkret nennen die Koalitionäre das großmaßstäbliche Recycling und den Bereich der Mikro- und Leistungselektronik als zwei relevante Schwerpunkte.
E-Mobilität. Der neue Senat will die Mobilitätswende bei PKW, Bussen und LKW weiter forcieren. Bis 2030 sollen 2000 zusätzliche öffentliche E-Ladepunkte eingerichtet werden. Weiterhin ist geplant nur emissionsfreie Busse im ÖPNV anzuschaffen. Zudem soll die Umstellung auf E-Mobilität bei Taxen, Car-Sharing Autos und auch Schiffen der HADAG und Alsterschifffahrtsflotten unterstützt werden.
Energiepolitik und weitere Energiethemen
Im Koalitionsvertrag wird zusätzlich zu den Themen Erneuerbare Energien und Sektorenkopplung die Gestaltung weiterer energiepolitischer Rahmenbedingungen festgelegt.
Stromnetze. Die Koalitionäre wollen sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Übertragungsnetzbetreiber für den Ausbau der Stromnetze Förderungen erhalten, um die Energiekosten zu senken. Zusätzlich soll auf ein neues Strommarktdesign hingearbeitet werden, nach welchem Norddeutschland auch bei den Strompreisen von seiner hohen erneuerbaren Stromerzeugung profitiert. Zudem wird eine Smart-Meter-Offensive angekündigt, bei der unter anderem der Einbau gezielt gefördert und besonders geeignete öffentliche Gebäude priorisiert werden sollen.
Bürger:innenbeteiligung. Zur Stärkung der finanziellen Gewinnbeteiligung der Bürger:innen wollen SPD und Grüne ein Hamburgisches Bürgerenergiegesetz umsetzen. Hierdurch sollen außerdem Bürgerenergieprojekte gezielt gefördert werden. Zudem will der neue Senat auf Bundesebene darauf hinwirken, dass der Mieterstrom durch förderliche regulatorische Rahmenbedingungen weiter angeregt wird.
Transformation der Industrie. Grundlegend möchte die rot-grüne Koalition die Grundstoffindustrie in der Stadt erhalten und diese durch investitionsfreundliche Rahmenbedingungen und einen niedrigen Industriestrompreis auf Bundesebene unterstützen. Ressourcenschonende und energiesparende Maßnahmen sollen außerdem gefördert werden. Bis zum Jahr 2040 wird ein „nahezu“ emissionsfreier Hamburger Hafen angestrebt.
Weiteres. Am Kohleausstieg bis 2030 wird festgehalten und hierzu Dekarbonisierungsprojekte, wie beispielsweise die Transformation des Kohlekraftwerks Tiefstack zum erneuerbaren Energiepark Tiefstack, vorangetrieben. Außerdem wollen SPD und Grüne eine Strategie zum Umgang mit prozessbedingt unvermeidbaren Emissionen und der Anwendung von CCU/CCS-Technologien erarbeiten. Konkrete Planungen zur Abscheidung der CO2-Emissionen bei der thermischen Verwertung von Abfällen und Klärschlamm sollen erarbeitet werden.
Ressortverteilung und Personalien
Neben der inhaltlichen Ausrichtung für die nächsten fünf Jahre regelt der Koalitionsvertrag außerdem die Verteilung und den Zuschnitt der Behörden. Die personelle Besetzung erfolgte jeweils durch SPD und Grüne für die ihnen zustehenden Ressorts. Hier folgt eine Auflistung der für den Energiesektor wichtigsten Personalien und Behörden:
SPD: Behörde für Wirtschaft, Arbeit und Innovation (BWAI), Dr. Melanie Leonhardt
SPD: Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW), Karen Pein
Grüne: Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG), Maryam Blumenthal
Grüne: Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), Katharina Fegebank, 2. Bürgermeisterin
Grüne: Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM), Anjes Tjarks
Weitere Informationen zu den Senator:innen
Der Koalitionsvertrag zum Downloaden