Dipl.-Ing.oec. Sebastian Averdung ist Diplomwirtschaftsingenieur mit Expertise in Wirtschaft und Technik, mit langjähriger Erfahrung in der Erneuerbare Energien Branche. Er ist Energieeffizienzberater, tätig im Projektmanagement und in der Projektfinanzierung, spezialisiert auf Finanzierung und Beschaffung von Fördermitteln.
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Der Energiewende wieder Auftrieb geben Auch wenn die Klimakrise in der öffentlichen Diskussion präsenter ist denn je – in konkreten Zahlen kommt diese Entwicklung in unserer Branche nicht an. Was hemmt die Energiewende?
„Euch muss es ja richtig gut gehen bei all dem Hype rund um Greta!“ Ein Satz, den man als Akteur auf dem Gebiet nachhaltiger Energieversorgung derzeit öfter zu hören bekommt.
Diese Außenwahrnehmung und die Realität klaffen allerdings weit auseinander. Dass unsere Umsätze mit Wind, Solar und Biogas durch die Decke gehen, lässt sich wirklich nicht behaupten. Ganz im Gegenteil: Den mit Abstand größten Teil des Geschäfts machen weiterhin klassische Bauvorhaben mit einer Energieversorgung auf Basis von Kohle, Fernwärme und Erdgas aus – ohne Photovoltaik, Wärmepumpe oder ähnliches. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Auftraggeber die Privatwirtschaft oder die öffentliche Hand ist.
Wo ist eigentlich diese Energiewende, von der alle sprechen?
Zugegeben, eine provokante Frage. Aber wirklich sichtbar ist sie bisher nur auf dem Stromsektor. Und auch da läuft derzeit gewaltig etwas schief: Nach der Solar- droht nun die Windbranche in die Knie zu gehen – ein Industriezweig, der eigentlich das Potenzial hat, ein Leuchtturm der Energiewirtschaft in Deutschland zu sein. Und der für das Erreichen der EE-Ausbauziele unverzichtbar ist.
In den Bereichen Verkehr und Wärme hat die Energiewende noch gar nicht richtig begonnen. Das große, übergreifende Umdenken steht also nach wie vor aus. Was wir in unserer Branche brauchen, sind tragfähige Geschäftsmodelle im Bereich der Sektorenkopplung. Doch wie müssen die aussehen?
Viele Sichtweisen – ein gemeinsames Ziel
Den einen Lösungsweg wird es, wie so oft, nicht geben. Umso spannender ist es, gemeinsam unterschiedliche Ansätze, Projekte und auch Sichtweisen zu diskutieren, zum Beispiel in den Fachforen des Clusters. So geht es in dem sehr gut besetzten und regelmäßig stark besuchten Forum Wärme, das ich von der ersten Minute an begleite, darum, Ideen für die Wärmewende in der Metropolregion Hamburg zu entwickeln.
Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen sich die Energiewirtschaft bewegt, besteht erheblicher Anpassungsbedarf – darin sind sich alle einig. Der Ausbaudeckel muss dringend weg, damit wieder ein signifikanter Zubau Erneuerbarer Energien möglich ist. Auch eine CO2-Bepreisung stellt ein wichtiges klimapolitisches Instrument dar, um die deutschen Klimaziele künftig zu erreichen.
Sektorenkopplung ganz oben auf der Agenda
Aktuell diskutieren wir viel über die Sektorenkopplung. Wärmepumpen sollen in Quartierslösungen nachhaltige Versorgung mit Energie sicherstellen. Doch woher kommt der ganze dafür erforderliche Strom, wenn wir Atom- und Kohlekraftwerke abschalten und gleichzeitig Wind- und Solarenergie ausbremsen? Wasserstoff soll eine zunehmend wichtige Rolle spielen – auch in energieintensiven Industrien wie der Stahlproduktion. Technisch ist das möglich und eine enorme CO2-Reduzierung noch dazu, aber: Woher kommt der Strom für die Elektrolyse?
Viele offene Fragen, viele Baustellen. Dennoch bin ich hoffnungsvoll, dass eine nachhaltige Energiewende in Deutschland gelingen kann. Dass wir endlich die Bremse lösen und den Motor anwerfen. Das erfordert weiterhin Ideen, Mut und einen intensiven Austausch – auch über unsere Branche hinaus, innerhalb der gesamten Gesellschaft. Wir im Cluster verstehen uns als Mitgestalter und leisten dazu gern unseren Beitrag.