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Das vernachlässigte Element – kein Wasserstoff ohne Wasser Simon Zacherl von NALCO DEUTSCHLAND GMBH im Interview

Viel wird bei grünem Wasserstoff um die Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom und die rechtlichen Anforderungen an diesen gerungen. Dass Wasserstoff aus der Elektrolyse aus zwei Hauptzutaten besteht, wird bei der Diskussion oft außer Acht gelassen.

Das vernachlässigte Element – kein Wasserstoff ohne Wasser
Neumitglied und Wasserexperte Simon Zacherl erklärt, worauf es bei der Wasserbehandlung ankommt.

Herr Zacherl, können Sie Ihr Unternehmen und ihre Dienstleistung in ein paar Sätzen vorstellen?

NALCO WATER ist ein Unternehmen der ECOLAB und spezialisiert auf Wasser- und Prozessmanagement. Wir konzentrieren und uns auf die Bereiche Wasseraufbereitung, Abwasserbehandlung und die Optimierung von industriellen Prozessen und unterstützen unsere Kunden dabei, die Ressource Wasser nachhaltig zu nutzen. Dies unter Verringerung der Umweltbelastung und der Einhaltung entsprechender Vorschriften.

Der ganzheitliche Ansatz spielt für uns bei NALCO eine entscheidende Rolle. Dieser umfasst die kundenspezifische und maßgeschneiderte Entwicklung von prozessrelevanten Anlagen in Bezug auf Wasser mit besonderem Augenmerk auf die Aspekte Equipment, Chemikalien, Analytik und Digitale Lösungen. Als Beispiel für letztere ist unser Wassermanagement-System 3D TRASAR™ zu nennen.

Können Sie Beispielprojekte nennen, die Sie begleitet haben?

Wir haben bereits für einige der bekannten Erstausrüster (OEMs) die Equipmentkonzepte für die Wasseraufbereitung, sowie die enthaltene Konditionierung der Membrananlagen und verbundener Kühlsysteme erarbeitet. Diese beinhalten offene, sowie geschlossene Kühlsysteme unter Einsatz neuer Behandlungskonzepte im Einklang mit grünen Behandlungstechnologien.

Welche Nutzungszwecke gibt es (bezogen auf die Elektrolyseur-Projekte) und welche Ansprüche stellen diese an das Wasser?

Verschiedene Nutzungszwecke stellen unterschiedliche Anforderungen an die Wasserqualität und die entsprechende Wasserbehandlung. In unserem Bereich konzentrieren wir uns auf die Nutzungszwecke Industriewasser, Prozesswasser, Abwasser und Kühlwasser.

Bei diesen Nutzungszwecken müssen oft spezifische chemische Eigenschaften vorhanden sein, wie zum Beispiel ein bestimmter pH-Wert, bestimmte Reinheitsgrade, um effiziente Produktionsprozesse zu gewährleisten und Korrosion und Ablagerung in Maschinen / Anlagen und Pipelines zu verhindern.

Je nach Prozessschritt und Wasserverfügbarkeit wird eine unterschiedliche Qualität an die Ressource Wasser gestellt. So kann die Rückkühlung des Elektrolyseurs über ein offenes Kühlsystem ohne besondere Aufbereitung erfolgen, die Modulkühlung durch geschlossene Systeme und dem Einsatz von z.B. Umkehrosmosewasser aus der Wasseraufbereitung, welche im finalen Schritt mittels EDI bis zur hochreinen salzfreien Qualität für den Elektrolyseur (≤ 0,05 μS/cm) selbst.

Das Abschlämmwasser aus den offenen Kühlsystemen kann mittels Umkehrosmose weiter eingedickt, dass Permeat wieder eingesetzt werden und das Konzentrat als finales Abwasser einer ZLD Anlage zugeführt werden, falls der Standort abwasserfrei betrieben werden muss.

Beim Abwasser muss vor der Ableitung in Gewässer oder vor der Wiederverwendung das Abwasser aufbereitet werden, um Schadstoffe/ Störstoffe zu entfernen. Hierzu gibt es Vorschriften, die festlegen, welche Stoffe in welcher Konzentration vorhanden sein dürfen.

Kühlwasser müssen so behandelt werden, dass es zu keinen Ablagerungen oder zu biologischem Wachstum kommt. Hier ist vor allem die Überwachung der Legionellen entscheidend.

 

Welche unterschiedlichen Verfahren und Reinheitsgrade gibt es?

Wir unterscheiden verschiedene Verfahren zur Wasseraufbereitung:

•                    Desinfektion → durch chemische Zusätze wie Chlor/Ozon oder physikalische Methoden UV Bestrahlung zur Abtötung von Mikroorganismen

•                    Koagulation → chemische Zusätze, um kleine Partikel zu agglomerieren, diese setzen sich ab und Sedimentation und können entfernt werden

•                    Filtration → physikalische Entfernung von festsoffen durch ein Filtermedium → Kiesfiltration, Ultrafiltration,

•                    Enthärtung ➔ Entfernung der Härtebildner mittels stark saurem Kationenaustauscher in der Natrium Form

•                    Umkehrosmose → durch eine halbdurchlässige Membran wird Wasser unter Druck gepresst, um gelöste Stoffe und Salze zu trennen

•                    EDI ➔ Elektrodeionisation zur weiteren Aufbereitung des mittels Umkehrosmose hergestellten Permeats, zur Erzeugung hochreinen Wassers für den Elektrolyseur.

•                    Ionenaustauscher ➔ VE-Straßen mit Kationen- Anionentauscher und nachgeschaltetem Mischbett sind mittels Einsatzes von Säuren und Laugen zur Regeneration ebenfalls in der Lage hochreines Wasser zur erzeugen.

Welche Rolle spielt die Quelle, aus der das Wasser kommt (Fluss/Meer/Grundwasser)?

Vor allem der Salzgehalt beeinflusst den Aufwand der Wasseraufbereitung erheblich, so kann z.B. eine Umkehrosmose mit Drücken < 10 bar betrieben werden, während Meerwasser einen Membrandruck von bis zu 80 bar erfordert, was sich erheblich auf den Energieeinsatz auswirkt.

Die Quelle des Wassers spielt daher eine entscheidende Rolle in der Wasseraufbereitung.

Oberflächenwasser aus Flüssen und Seen bergen ein hohes Potential an organischer Belastung, die bei der Aufbereitung stören können und daher entfernt werden müssen. Im Detail unterscheiden wir folgende Kategorien:

Grundwasser/ Brunnenwasser

Inhaltsstoffe des Grundwassers haben einen geologischen Ursprung, einige Inhaltsstoffe entstehen aus der Düngung (Nitrat oder Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Oberflächennahes Wasser zeigt eine Tendenz zur höheren Verschmutzung durch chemische Stoffe / Keime. Grund hierfür ist die natürliche Filtrationsschicht, die erst in tieferen Regionen greift. Je tiefer der Brunnen, umso mehr ist das Wasser von Oberflächenverschmutzung geschützt.

Regenwasser

Als Luftwäscher werden durch die Wassertropfen viele in der Luft befindlichen Schadstoffe entfernt.

Nachteil hohe mikrobiologische Belastung möglich

Vorteil Regenwasser an sich ist kostenlos

Stadtwasser

Bereits aufbereitetes Wasser → Trinkwasser streng kontrolliertes Lebensmittel

Wasserinhaltstoffe wie Härte (Kalk) sind weiterhin im Stadtwasser enthalten und können später in den Anlagen für erhebliche Probleme und Effizienzproblemen führen.

Auch die der Schutz vor Korrosion in den Anlagenteilen und Rohrleitungen muss durch eine optimale Wasserbehandlung gewährleistet sein.

Regional gesehen gibt es auch entsprechende Unterschiede in der Qualität des Stadtwassers.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Quelle hinsichtlich der weiteren Wasseraufbereitung einen erheblichen Impact hat. Allerdings ist eine Wasseraufbereitung und vor allem eine Wasserbehandlung unbedingt erforderlich.

Meerwasser

Fast unbegrenzt verfügbar bedeutet die Entsalzung jedoch einen hohen energetischen Aufwand und durch das große Makrofouling Potential auch eine besondere Beachtung desselben.

 

Das Thema Wasserverbrauch beim Thema Wasserstoff wird durchaus kritisch betrachtet – nicht nur bei uns, sondern auch in kargen Gebieten auf der Südhalbkugel, die bereits mit Wassermangel zu kämpfen haben. Wie schätzen Sie das ein?

Je nach Lage der zu errichtende Anlage ist die Wasserverfügbarkeit von größter Wichtigkeit, daher ist eine Küstenlage deutlich vorteilhafter als die Lage von Anlagen im Landesinneren. Mittels des uns zur Verfügung stehenden Water Risk Monetizers ® lässt sich das Risikopotential basierend auf historischen Daten und der zu erwartende Entwicklung im Vorfeld abschätzen, um die Investition abzusichern.

Verschiedene Experten prognostizieren einen gigantischen Wasserstoffbedarf für Deutschland in Zukunft. Haben Sie Bedenken hinsichtlich der Verfügbarkeit?

Die allgemeine Wasserverfügbarkeit in Deutschland ist durchschnittlich sehr hoch im Vergleich zu den eher wärmeren südeuropäischen Ländern.

Allerdings gib es regionale Unterschiede, die potenziell zu Wasserknappheit führen können. In den Gebieten im Osten und Südosten Deutschlands sind die die Grundwasservorkommen tendenziell häufig geringer. Klimatische Verhältnisse wie extrem lange Dürre oder starker Niederschlag haben Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit. Grundsätzlich sehen wir kein Wasserverfügbarkeitsproblem in Deutschland.

Das Potenzial für eine erhöhte Nachfrage nach Wasser für die Wasserstoffproduktion ist vorhanden und könnte sich auf die Wasserverfügbarkeit auswirken. Eine Möglichkeit liegt in einem integrativen Ansatz zur Wasserbewirtschaftung in dem die Wasserstofftechnologie sowie die Wasserbehandlung und die regionalen Gegebenheiten betrachtet werden.

Im Interview

Simon Zacherl

Seit 11/2023       Sales Development Renewable Technology Germany- NALCO WATER

Seit 10/2022       Sales Representative Chemicals Germany -NALCO WATER

2021-2022           Account Manager-Application Sales Metal Working Processes Germany- CONDAT GmbH

2015-2022           Account Manager-Industrieschmierstoffe West Deutschland –

PM Pfennings Schmierstoffe GmbH & Co. KG, Baesweiler  

2009-2014           Außendienst-Projektmanagement KANBAN-C-Teile

       SIPS Dieter Döcker GmbH, Viersen

Bachelor Professional of Business – Europäischer Hochschulverbund

Kaufmann im Groß- und Außenhandel

Über Oliver Schenk

Profilbild zu: Oliver Schenk

Ich bin verantwortlich für den Bereich Marketing Wasserstoff und sorge dafür, dass die hiesigen Projekte und Formate in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wahrgenommen werden. Um dem vielversprechenden Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen unterstütze ich die Wasserstoffwirtschaft mit redaktionellen Beiträgen, Netzwerkveranstaltungen, Videoproduktionen und vielem mehr.

von Oliver Schenk