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Das neue Klimaschutzgesetz – im Eiltempo zum Wohle von Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft?

Ende April hat Karlsruhe das Klimaschutzgesetz als teilweise verfassungswidrig eingestuft. Grund dafür waren die erheblichen Freiheitseinschränkungen für künftige Generationen.

Das neue Klimaschutzgesetz –
Prof. Dr. Martin Neumann (privat)

Besonders der Zeitraum von 2031 an ist laut  Bundesverfassungsgericht nicht genügend bestimmt.

Überhastet und ohne große Absprachen kündigte daraufhin das Kabinett wenige Monate vor der Bundestagswahl eine Novelle des Klimaschutzgesetzes an. Das Ergebnis dieses Aktionismus ist eine Verschärfung der Klimaziele: Bis 2045, fünf Jahre früher als ursprünglich geplant, soll Deutschland klimaneutral sein.

Ehrgeizige Ziele zur Verringerung des CO2-Ausstoßes sind freilich richtig; gleichwohl wirken ständig verschärfte Zielvorgaben praxisfern und schaffen kein Vertrauen. Denn zuvor gemachte Zusagen werden auf diese Weise konterkariert und verunsichern letztlich Wirtschaft und Gesellschaft.

Der jetzige nationale Alleingang der Bundesregierung lässt leider auch substanzielle Maßnahmen vermissen. Zudem ist schon jetzt absehbar, dass die von der Bundesregierung beschlossenen Sektorobergrenzen nicht genügen werden, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, und womöglich angesichts der sich weiterentwickelnden Klimapolitik der EU bald wieder hinfällig sind. Auch ist völlig unklar, was geschieht, wenn die Sektorziele nicht erreicht werden.

Statt starre Minderungsziele für einzelne Sektoren festzulegen, wäre es besser gewesen, darüber zu reden, wie und mit welchen konkreten Maßnahmen wir CO2-Emissionen sektorübergreifend und gesamtgesellschaftlich senken können. Die bisherigen Instrumente, wie der vorzeitige Ausstieg aus der Kohlekraft und der Ausbau erneuerbarer Energien, werden die CO2-Emissionen allein nicht senken.

Wir Freie Demokraten streiten von Beginn an dafür, Klimapolitik im Kontext der europäischen Verpflichtungen seriös, planbar und sozial ausgewogen zu gestalten. Deswegen fordern wir einen festen CO2-Deckel und den erfolgreichen EU-Emissionshandel auf alle Verursacher von Treibhausgasen auszudehnen. Dabei wird das festgelegte CO2-Limit über einen marktwirtschaftlichen Prozess so verteilt, dass an der günstigsten Stelle CO2 eingespart wird.

Wie viel eine Tonne CO2 künftig kostet, sollte sich nicht nach planwirtschaftlichen Kriterien richten, sondern davon abhängen, wie viel investiert wird und welche klimaschonenden Verfahren entwickelt werden, um Emissionen zu vermeiden. Auf diese Weise fördert der marktwirtschaftliche Ideenwettbewerb günstigere klimafreundliche Energieversorgungssysteme, was letztlich die Investitionen erhöht und den CO2-Preis senkt.

Wir brauchen also mehr Technologieoffenheit und mehr Innovationsanreize, um den CO2-Ausstoß zu begrenzen und die Klimaschutzziele zu erreichen. Denn Klimaschutz lässt sich nicht im Eiltempo, ohne konkrete Maßnahmen und über die Köpfe der Verbraucher und die Wirtschaft hinweg bestimmen.

Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann wurde 1956 in Vetschau geboren, hat Maschinenbau an der Technischen Universität Dresden studiert und wurde 1988 an der Ingenieurhochschule in Cottbus promoviert. 1999 folgte er dem Ruf der Hochschule Magdeburg-Stendal als Professor für Technische Gebäudeausrüstung. 2007–2009 gehörte er der Arbeitsgruppe Klimawandel des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt an. Professor Neumann war von 2009 bis 2013 Mitglied des 17. Deutschen Bundestages und ist seit 2017 als Sprecher für Energiepolitik erneut liberales Parlamentsmitglied.

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