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Das künstliche Blatt Klimaneutrale Wasserstoffproduktion durch Sonnenlicht

Wasserstoff gilt als eine große Chance für die Energiewende. Allerdings nur, wenn er klimaneutral produziert wird. Forschende vom Helmholtz-Zentrum Hereon nehmen sich dabei die Natur zum Vorbild: Die direkte Spaltung von Wasser unter der Verwendung von Sonnenlicht – ähnlich wie bei der Photosynthese. Das Konzept „künstliches Blatt“ ist das Kernforschungsthema des Hereon-Instituts für Photoelektrochemie. Das Ziel: Eine nachhaltige und klimafreundliche Energieversorgung.

Das künstliche Blatt
Mit photoaktiven Materialien kann Wasserstoff klimaneutral erzeugt werden. Foto Hereon_Christian Schmid

Pflanzen nehmen Kohlenstoffdioxid und Wasser aus der Umgebung auf und nutzen die Energie des Sonnenlichts, um daraus Sauerstoff und Glucose zu produzieren. Kurz gesagt: Sie betreiben Photosynthese. Nach diesem Vorbild funktioniert auch die photoelektrochemische Wasserspaltung: Hier wird in synthetischen Zellen, den „künstlichen Blättern“, ebenfalls die Lichtenergie der Sonne in chemische Energie umgewandelt, wodurch in einem Teil des Prozesses Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird. Auf diese Weise könnte künftig klimaneutraler Wasserstoff im großen Stil produziert werden. Und im Anschluss als grüne Energiequelle in den Bereichen Verkehr, Strom und Wärme zum Einsatz kommen. Die große Herausforderung dabei: Eine Zelle zu entwickeln, die nach dem Prinzip eines Pflanzenblatts funktioniert, kostengünstig hergestellt werden kann und die Energie des Sonnenlichts optimal ausnutzt.

Das künstliche Blatt

Die photoelektrochemische Zelle kombiniert im Prinzip die Photovoltaik und die Elektrolyse in einer einzigen Zelle. Sie besteht aus zwei Elektroden: Einer Anode und einer Kathode. Zwischen den Elektroden befindet sich ein Elektrolyt. Das kann eine Salz-, Lauge- oder Säurelösung sein oder eine Ionenleitende Membran. Das Besondere: Mindestens eine der beiden Elektroden ist eine Photoelektrode. Sie besteht aus Halbleitermaterialien, wie beispielsweise Metalloxiden. Dafür kommen unter anderem Titanoxid, Eisenoxid oder Kupferoxid zum Einsatz.

Grafik: Hereon/ Jörg Stiehler

Wasserstoff als Speicher von Sonnenenergie

Diese Halbleiter absorbieren Licht, indem sie Elektronen in einen höheren Energiezustand versetzen, genau wie bei einem Photovoltaikmodul. Durch den höheren Energiezustand werden die Elektronen mobil und von der Kathode „abgesaugt“. Jetzt fehlen Elektronen an der Oberfläche, die das vorhandene Wassermolekül wieder auffüllt. Dadurch verliert das Wasserstoffmolekül aber seine notwendigen Bindungselektronen und spaltet sich in seine Bestandteile: Sauerstoff und Wasserstoffionen, also geladene Wasserstoffteilchen. Der Sauerstoff perlt als Gas an der Oberfläche der Anode ab und die Wasserstoffionen bewegen sich aufgrund ihrer Ladung durch den Elektrolyten zur Kathode. Die vorher „abgesaugten“ Elektronen gleichen hier die Ladung der Wasserstoffionen wieder aus. So entsteht Wasserstoff, der ebenfalls als Gas an der Kathode abperlt und dann gesammelt werden kann.

Auf diese Weise lässt sich also Sonnenenergie in Form von Wasserstoff speichern, und das möglicherweise mit höherer Effizienz und gleichzeitig geringeren Kosten als mit den zwei separaten Komponenten Photovoltaik und Elektrolysezelle.

Die perfekte Oberfläche

Im Fokus der Forschung am Hereon-Institut für Photoelektrochemie steht die besondere Oberfläche der Photoelektrode. Dabei stehen die Forschenden vor diversen Herausforderungen:
Neben dem richtigen Material ist der Aufbau und die Struktur der Oberfläche entscheidend. Denn strukturierte Oberflächen nehmen mehr Licht auf als spiegelglatte. Gleichzeitig muss die Wasserspaltung stattfinden, und der entstehende Sauerstoff „abperlen“ können, sonst ist die Oberfläche für weitere Wassermoleküle blockiert. Trotzdem müssen auch die Wege für Wasserstoffionen durch den Elektrolyten zur Kathode möglichst kurz bleiben. Um eine hohe Effizienz zu erzielen, müssen darüber hinaus die inneren Widerstände für den Elektronentransport möglichst gering sein.

Am Hereon werden die Oberflächenstrukturen und Zellarchitekturen deshalb systematisch mit Hilfe von Computermodellierungen weiterentwickelt, um eine möglichst hohe Energieeffizienz für den jeweiligen Halbleiter zu erreichen, sodass das Sonnenlicht optimal ausgenutzt werden kann.

Forschung am Hereon

Neben dem Kernthema „Künstliches Blatt“ des Instituts für Photoelektrochemie, werden auch weitere Aspekte der Wasserstoffforschung am Helmholtz-Zentrum Hereon untersucht. Das Institut für Wasserstofftechnologie arbeitet in erster Linie an Speichermöglichkeiten des Energieträgers. Dazu gehören unter anderem die grundlegende Materialentwicklung sowie die Integration in verschiedene Energiesysteme. Das Institut für Membranforschung arbeitet an energetisch effektiven Verfahren, um Wasserstoff aus gemischten Gasströmen wie zum Beispiel Erdgas abzutrennen und zu  reinigen. Durch die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Institute ermöglicht das Helmholtz-Zentrum Hereon eine umfassende und innovative Forschung im Bereich der Wasserstofftechnologie.

Weitere Informationen

Wasserstoffforschung am Helmholtz-Zentrum Hereon

Infografik „Künstliches Blatt“

Metallhydride als Wasserstoffspeicher

Über die Autorin

Martina Grünwald ist Wissenschaftsredakteurin am Helmholtz-Zentrum Hereon. In der Abteilung Kommunikation und Medien bildet sie die Schnittstelle zwischen Forschenden, Medienschaffenden und der Öffentlichkeit. Sie verfasst Presseartikel, arbeitet redaktionell und verantwortet die Social Media Kanäle des Zentrums.

Über Oliver Schenk

Profilbild zu: Oliver Schenk

Ich bin verantwortlich für den Bereich Marketing Wasserstoff und sorge dafür, dass die hiesigen Projekte und Formate in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wahrgenommen werden. Um dem vielversprechenden Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen unterstütze ich die Wasserstoffwirtschaft mit redaktionellen Beiträgen, Netzwerkveranstaltungen, Videoproduktionen und vielem mehr.

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