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Contracts for Difference im künftigen Strommarktdesign Reihe: Inside Energiewende - der (un)-aufgeregte Realtalk
Im folgenden Kommentar bewerten Dr. Steffen Bechtel und Constantin Lange, EEHH GmbH, die geplanten Contracts for Difference.

Mit welchem Markt- und Förderdesign schaffen wir die Ausbauziele für Erneuerbare Energien? Eine hinreichende Antwort muss vor allem Finanzierungsrisiken der Erneuerbaren in den Blick nehmen und die Komplexität der Energiemärkte berücksichtigen. Risiken, die Betreiber nur unzureichend absichern können, sind zum einen Kannibalisierungseffekte am Markt, die aufgrund der Gleichzeitigkeit der Erzeugung entstehen. Eine Lösung wäre der erfolgreiche Hochlauf von Energiespeichern und anderen Flexibilitäten, auf die Anlagenbetreiber keinen signifikanten Einfluss haben. Zum anderen bestehen längerfristige Risiken aufgrund politischer Eingriffe in den Markt. Eine staatliche Form der Absicherung wird für einen Teil der Erneuerbaren Energien weiterhin notwendig sein.
Entscheidung des EU-Rats
Nach langen Verhandlungen hat der EU-Rat am 17. Oktober 2023 eine Einigung zur Änderung eines Entwurfes des europäischen Strommarktdesigns erzielt. Zentraler Aspekt des Entwurfs ist der Einsatz von CfDs (Contracts for Difference – Differenzverträgen) neben PPAs (PowerPurchase Agreements) als Förderinstrument für Stromerzeugungsanlagen in den Bereichen Windenergie, Solarenergie, geothermische Energie, Wasserkraft ohne Speicher und Kernenergie. Damit soll zukünftig sichergestellt werden, dass der Ausbau Erneuerbarer bzw. klimaneutraler Energien so finanziert wird, dass die Abhängigkeit von Preisschwankungen bei fossilen Brennstoffen reduziert wird und Verbraucher vor Preisspitzen besser geschützt werden. Während das gegenwärtige Modell der gleitenden Marktprämie Betreiber von EE-Anlagen gegen niedrige Preise absichert, aber bei hohen Preisen keine Begrenzung vorsieht, beinhalten CfDs Erlösobergrenzen, oberhalb derer zurückgezahlt wird. Die Reform steht eindeutig unter dem Eindruck der Energiekrise.
Neben CfDs sollen laut Ratsbeschluss auch PPAs als zentrales Instrument zur Förderung Erneuerbarer Energie weiter gestärkt bzw. ausgebaut werden. Existierende Hindernisse und unverhältnismäßige oder diskriminierende Verfahren sowie Entgelte bei PPAs sollen beseitigt werden. PPAs, oder auch Stromabnahmeverträge, haben in den letzten Jahren im Markt deutlich an Bedeutung gewonnen und sind auch im delegierten Rechtsakt Voraussetzung für die Erzeugung „grünen“ Wasserstoffs. Allerdings ist es notwendig, die regulatorischen Rahmenbedingungen im weiteren Verlauf so auszugestalten, dass die beiden Instrumente komplementär zueinander funktionieren, da potenzielle Wechselwirkungen oder konkurrierende Effekte zwischen PPAs und CfDs zu berücksichtigen sind.
Einfluss auf die Märkte - was sagen die Verbände?
Aus systemischer Perspektive haben PPAs gegenwärtig den Vorteil, dass ihre Nutzer Interesse daran haben, Strom einzuspeisen, wenn eine große Nachfrage besteht, Erlöse auch oberhalb der Marktwerte erzielt werden können. Dies führt in der Regel zu einem marktdienlichen Verhalten der Akteure und begünstigt die Systemintegration Erneuerbarer Energien ohne Förderung. Dieser Anreiz besteht bei CfDs mit einem festgelegten Preiskorridor („Produce and forget“) nicht; zudem muss der derzeit monatlich mögliche Wechsel in die sonstige Direktvermarktung unterbunden werden, da die Erlösobergrenze sonst faktisch keine Bedeutung hat. Auch die Finanzierung ohne Erlösobergrenze ist ein eindeutiger Anreiz, schneller Erneuerbare-Kapazitäten aufzubauen – was in der heutigen Marktlage durchaus gewollt ist.
Laut dena ist es zu vermeiden, dass insbesondere auf den zunehmend wichtigen Day-Ahead- und Intraday-Märkten CfDs das Preissignal verzerren und einen effizienten und emissionsmindernden Einsatz der Anlagen behindern. Eine weitere Unsicherheit für den PPA-Markt ist die Frage, wie Referenzmarktpreise im CfD-Modell gebildet werden. Fiktive Spot-Markt Erlöse können dazu führen können, dass Anlagen mit PPAs Rückzahlungen leisten müssen, die sie real nicht erwirtschaftet haben, da ihre CfDs zu niedrigeren Konditionen abgeschlossen wurde. Der Bundesverband Erneuerbare Energien spricht sich unter anderem aus diesem Grund gegen CfDs aus. Entsprechende Risiken würden eingepreist und bei Ausschreibungsgeboten im jetzigen Ausschreibungsdesgin in Deutschland berücksichtigt. Die Kosten stieggen, da jeder nahe dem Höchstwert bieten werde. Dabei ist allerdings anzumerken, dass diese Situation zumindest für die Onshore-Windkraft gegenwärtig bereits so ist und auch perspektivisch bleiben wird.
Positiver äußert sich der Bundesverband Windenergie Offshore und betont die bessere Realisierungswahrscheinlichkeit von Offshore-Wind-Projekten durch CfDs – insbesondere im Vereinigten Königreich. Außerdem sei eine Kombination aus CfDs in der Ausschreibung und anschließender partieller Vermarktung über PPAs denkbar. Die gemischten Reaktionen der Verbände zeigen, dass es die genaue Ausgestaltung von CfDs entscheidend sein wird. Die Ausgangslage ist nicht für alle Erneuerbaren Energiequellen gleich, weshalb ein gewisser Spielraum und Differenzierungen notwendig sind.
Atomkraft und Kohle
Im Änderungsbeschluss zum europäischen Strommarktdesign war die Förderung auch für bestehende Kernkraftwerke zentraler Gegenstand der Diskussion, insbesondere zwischen Frankreich und Deutschland. Durch die vorgeschlagene Regelung des EU-Rats ist es möglich, dass auch die bestehenden französischen Atomkraftwerke langfristig über CfDs gefördert werden. Dies hat insbesondere auf deutscher Seite zuletzt immer wieder die Befürchtung geweckt, dass vermeintlich günstiger Atomstrom auch zukünftig zu einem signifikanten französischem Standortvorteil für Industrieunternehmen gegenüber Deutschland führen könnte (Bis Ende 2025 wird der Industriestrompreis in Frankreich durch den „ARENH-Tarif“ subventioniert). Dabei ist die Besonderheit des Französischen Strommarktes, mit EDF als 100 Prozent staatlichem Energieversorger, hervorzuheben. Durch die CfDs besteht die Möglichkeit, Erlösabschöpfungen für Strom aus Kernkraftwerken schon bei sehr niedrigen Preisen anzusetzen. EDF könnte die Mehrerlöse oberhalb dieser Preisgrenze an den Staat abführen, die wiederum direkt in die Finanzierung des Konzerns fließen könnten. Die EU muss dies im Kontext der Beihilferegelung genau prüfen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Ein weiterer Aspekt, den die deutsche Seite bzw. die Erneuerbare-Energien-Branche kritisch bewertet wird ist, dass nach dieser Regelung auch polnische Kohlekraftwerke die vor 2019 in Betrieb waren über CfDs gefördert werden könnten. Dies steht in grundlegendem Widerspruch zur notwendigen Dekarbonisierung der Stromerzeugungsparks in der EU. Sowohl die Förderung bestehender Kern- als auch Kohlekraftwerke konterkarieren eine früher Stellungnahme des EU-Parlaments zur Strommarktreform. Diese schloss die Förderung von Bestandsanlagen generell aus.
Damit die Regelungen in Kraft treten können, ist die Zustimmung des EU-Parlaments notwendig. Fazit: Die Einführung von CfDs könnte zu erheblichen Wechselwirkungen zwischen dem etablierten Instrument der Grünstrom-PPAs und der CfD-geförderten Erzeugungsanlagen führen. Werden sie eingeführt, sollten zumindest alle Bestandsanlagen von einer Förderung ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist das Instrument auf Erneuerbare Energien zu begrenzen und sollte nicht für konventionelle Energieerzeuger gelten.