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„Auch ohne IT müssen die Kommunikationswege funktionieren“

Interview zum Thema Krisenkommunikation mit Bernd Eilitz und Ute Varrelmann, Hamburger Energienetze

„Auch ohne IT müssen die Kommunikationswege funktionieren“
Bernd Eilitz, Hamburger Energienetze

EEHH: Wie funktioniert die Bildung eines Krisenstabes?

Bernd Eilitz: „Einen Krisenstab wird grundsätzlich nach militärischen Gesichtspunkten aufgebaut. D.h. er besteht aus einer Leitung und verschiedenen Stäben. Die Leitung ernennt die Geschäftsführung. In unserem Fall der Hamburger Energienetze war Ute (Varrelmann) aufgrund ihrer Position als Bereichsleiterin Netzbetrieb Gas dafür prädestiniert. Zu den Stäben gehören: Betrieb, Informations- und Kommunikationstechnologie, (aktuelle) Lage sowie Presse. Externe Berater*innen wie beispielsweise Jurist*innen und andere Fachleute ergänzen das Team des Krisenstabes. Alle versammeln sich auf engstem Raum, da im schlimmsten Fall auch die IT oder die Energieversorgung betroffen sein kann. Dann greifen alle auf die ‚guten, alten‘ Zettel zurück.“

EEHH: Nennt bitte ein Beispiel für eine Krisensituation, von der ihr betroffen wart?

Ute Varrelmann: „Die Gasmangellage, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 war für uns der absolute Game Changer. Plötzlich wurde die extreme Abhängigkeit Deutschlands von Russland deutlich. Unser Bild nach außen änderte sich. Wir waren plötzlich nicht mehr nur die Guten, da die Gasversorgung plötzlich auf der Kippe stand.“

Eilitz: „Aber auch die Corona-Pandemie hätte sich für uns als Unternehmen zu einer Krise mit Tragweite entwickeln können. Wir waren zwar recht gut vorbereitet und haben sehr schnell einen Krisenstab eigesetzt, die Kolonnen getrennt und entsprechende Hygienemaßnahmen ergriffen, aber zu Anfang herrschte schon Unsicherheit. Unvergessen, dass die Kostümbildner vom ‚König der Löwen‘, die beschäftigungslos waren, uns die ersten Masken genäht haben.“

EEHH: Welche Rolle spielt die Kommunikationsabteilung?

Eilitz: „Ein Unternehmen wird nicht nur daran gemessen, wie es eine Krise bewältigt, sondern auch daran, wie es die Krisenbewältigung nach außen darstellt. Bei uns gehören drei Personen aus der Kommunikationsabteilung fest zum Team des Krisenstabes, zwei für die Vorbereitung der internen und externen Kommunikation innerhalb des Stabes, eine muss als Sprecher auch außerhalb des Arbeitsraums agieren können. Das A und O sind die Abstimmungsprozesse – jede Formulierung sollte abgestimmt sein, um einheitlich nach innen und außen zu kommunizieren. Auch wenn die IT zusammenbricht, müssen die Kommunikationswege funktionieren, mit Papier oder Satellitentelefonen. Im Notfall müssen die Pressesprecher persönlich zu den Medien fahren und berichten. Wir haben Extra-Schulungen für Kriseninterviews durchlaufen.“

EEHH: Tauschen sich Unternehmen der kritischen Infrastruktur in dieser krisenhaften Zeit verstärkt aus?

Varrelmann: „Ja, unbedingt, beispielsweise im VKU regelmäßig zur noch immer bestehenden Alarmstufe des Notfallplans Gas, oder aber innerhalb Hamburgs mit den anderen städtischen Versorgungsunternehmen. Alle sind bedeutend wachsamer geworden, denn Sabotagen, IT-Angriffe und andere Bedrohungen sind heute aktueller denn je.“

Vielen Dank für das spannende und aufschlussreiche Interview!

Ute Varrelmann, Bertold Fabricius

Über Astrid Dose

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Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

von Astrid Dose