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Praxisbericht NEW 4.0: Anforderungen an die Digitalisierung des Strommarktes (Kopie) Perspektiven aus vier Branchen der Energiewirtschaft

Mehr als 100 Fachleute trafen sich am Donnerstag den 25.01.2018 zum ersten großen NEW 4.0-Praxisbericht und tauschten Erfahrungen zu ihren Projekte aus. Im Fokus stand das Thema „Digitalisierung des Strommarktes“. Vertreter aus vier verschiedenen Branchen gaben einen Überblick über die Anforderungen und Herausforderungen an die digitale Struktur für die Energieversorgung und Ihre eigenen Projekte. In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden die vier Perspektiven zusammengefügt und ein Blick auf die übergreifenden Rahmenbedingungen geworfen.

Praxisbericht NEW 4.0: Anforderungen an die Digitalisierung des Strommarktes (Kopie)

Den Anfang des vierstündigen Praxisberichts machte Uwe Jacob als Vertreter der internationalen Zertifizierungsgesellschaft DNV-GL – Energy. In seiner Keynote zum Thema „Anforderungen an die digitalen Strukturen in der Energiewirtschaft“ erläuterte er die Standards der kritischen Infrastruktur für die Praxisakteure von z.B. Netzbetreibern, Anlagenerzeugern oder Smart Meter Gateway Administratoren. Ein Fazit von ihm war, dass die Anforderungen durchaus beherrschbar seien, aber häufig erheblich mehr Ressourcen und Personal bedürfen als erwartet.

IT-Entwickler in der digitalen Energiewende

Im Anschluss kamen Vertreter von vier verschiedenen Branchen zu Wort: Michael Merz von der PONTON GmbH, beschrieb die Sicht der IT-Entwickler in der digitalen Energiewende. Für das NEW 4.0-Projekt entwickelt das Unternehmen eine Software, die im Flexibilitätshandel und im regionalen P2P-Handel in der gelben und ggf. sogar roten Ampelphase eingesetzt werden soll, um Engpässe zu managen.

Netzbetreiber in der digitalen Energiewende

Anschließend gab Stefan Micheely von der Stromnetz Hamburg GmbH (SNH) Einblicke in die Strategien eines Netzbetreibers in der digitalen Energiewende. Aktuell hat der Stromnetzbetreiber SNH ein starkes Netz ohne nennenswerte Engpässe. Dennoch wird das Netz aktuell für die digitale Energiewende modernisiert, in dem Leistungsmessungen und Zustandsüberwachungen flächendeckend implementiert werden und der smart-meter roll out im Netzgebiet vorangetrieben wird.

Podiumsdiskussion: Michael Merz, Uwe Jacobs, Stefan Micheely, Tim Brandt und Claus Hartmann (von links).

Energieverbraucher in der digitalen Energiewende

Dr. Claus Hartmann von der Stadtwerken Flensburg GmbH erläuterte das NEW 4.0-Projekt innerhalb der Erzeugungsanlage in Tarp in Schleswig-Holstein. Sein Ziel ist es, die Erzeugung von Strom und Fernwärme flexibler zu gestalten. Derzeit stehen für die Fernwärmeversorgung drei Blockheizkraftwerke bereit, die in das Stromnetz einspeisen. Sie werden teilweise mit grünem Biogas betrieben und nach dem EEG gefördert. Für den Fall eines Einspeisemanagementsabruf (z.B. bei Überlastung des Stromnetzes) haben die Stadtwerke Flensburg im Anlagenpark im Heizkraftwerk Tarp einen Elektroheizer integriert. Dieser kann sehr kurzfristig den Strom, der nicht mehr ins Netz gespeist werden kann, in Fernwärme umwandeln. Der Anlagenbetrieb im Falle von Einspeisemanagement wurde getestet und funktioniert einwandfrei. Der Elektroheizkessel hat eine so hohe Leistung, dass er auch ein komplettes BHKW ersetzten könnte, dies ist aber trotz SINTEG-VO aktuell nicht sinnvoll, da der Betrieb der Anlage durch die Anpassung der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch von 40% auf 100% zum 01.01.2018 unwirtschaftlich geworden ist.

Erzeugungsmanagement in der ditigalen Energiewende

Tim Brandt, Geschäftsführer von Wind to Gas Energy GmbH & Co. KG brachte als letzter Referent noch die Perspektive des Erzeugungsmanagement in der digitalen Energiewende ein. Im Rahmen von NEW 4.0 setzt er das „Multi-MW Hybrid-Speicherprojekt“ um, anhand dessen die Sektorkopplung am Projektstandort und die Flexibilisierung von Windstrom demonstriert wird. Durch den angeschlossenen Windpark, der direkt mit einer Power to Gas-Anlage gekoppelt wird, kann eine Direkt-Einspeisung des Wasserstoffs in das lokale Erdgasnetz erfolgen oder durch die Kopplung an andere Sektoren direkt genutzt werden. Zukünftig will sich das Unternehmen als Erneuerbares Kraftwerk positionieren und z.B. durch die Fahrplanstrukturierung von Windstrom in Kombination mit der PtG-Technologie Stromgroßverbraucher direkt beliefern.

Rahmenbedingungen der digitalen Energiewende

In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Jan Rispens, Geschäftsführer der Erneuerbaren Energien Clusteragentur, moderiert wurde, wurden die unterschiedlichen Branchenperspektiven zusammengefügt. Eine Frage zielte auf die zeitlich beschränkte oder dauerhaft zukünftige Rolle der lokalen Engpassbewirtschaftung ab. Die Bundesnetzagentur hat 2017 in einem Thesenpapier regionalen Märkte eher als „Übergangslösungen“ umschrieben, die zum Einsatz kommen sollen, bis die Netzkapazitäten im ausreichenden Maße ausgebaut sind (z.B. SüdLink und andere Nord-Süd-Trassen). Auf die Frage, ob die lokale Engpassbewirtschaftung und dezentrale Energiemärkte nur eine vorübergehende Lösung bieten, antworteten die Referenten im gleichen Tenor. Sie waren sich einig, dass regionale Lösungen auch nach dem zukünftigen Netzausbau bleiben müssen, da es sich bei der Engpassbewirtschaftung nicht um ein vorübergehendes Phänomen handelt und ein lokaler Handel auch nötig sein wird, wenn die Netzkapazitäten ausgebaut wurden. Nach Einschätzung aller Teilnehmer wird sich der Netzausbau dabei zeitlich deutlich über 2025 hinaus verzögern.

Über die Autorin

Seit Anfang 2017 arbeite ich als B2B-Marketing Managerin von NEW 4.0 im Cluster EEHH. Ob auf dieser Webseite, bei Twitter, via Xing, auf Fachveranstaltungen und Messen - jeden Tag kann ich über das reden und schreiben, was mich am meisten interessiert: Die Entwicklung von innovativen Lösungen zum Voranbringen der Energiewende, des Klimaschutzes und damit einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft.

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